Sonntag, März 30

Die globale Wirtschaft funktioniert arbeitsteilig. Zölle wirken auf ein solch komplexes Gebilde verheerend. Trump dagegen agiert so, als funktioniere der Welthandel noch so wie vor hundert Jahren.

Der amerikanische Präsident Donald Trump denkt beim Stichwort Handel an Stahl, Aluminium, Weizen oder Autos: also an Güter, die greifbar sind und eindrückliche Bilder evozieren, weil sie in riesigen Mengen gefertigt werden.

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Aber der internationale Handel funktioniert heute anders, als Trump meint. Genau deshalb könnte der Handelsstreit grosse Schäden anrichten. Stahl und Aluminium sind gleichsam Massengüter von gestern, sie sind unerlässlich zur Herstellung vieler Produkte. Aber ein wirklich wertschöpfender Handel findet mit ihnen nicht mehr statt.

Stattdessen sind sie eine Art Reminiszenz an das 19. Jahrhundert, als die Menschen nur wenige Konsumgüter besassen und die Unternehmen in erster Linie Waffen, Eisenbahnen und Schiffe herstellten – aus dem Massengut Stahl.

Die Unternehmen wollen den besten Lieferanten

Heute ist die Weltwirtschaft arbeitsteiliger als vor 150 Jahren. Die globalen Güterströme bestehen aus hochspezialisierten Produkten, auf die Firmen angewiesen sind. Sie benötigen nicht irgendein Vorprodukt, sondern ein spezielles, das nur wenige Lieferanten anbieten.

Die Weltwirtschaft produziert nicht nur arbeitsteilig, sondern sie ist auch fein verästelt. So benötigt eine amerikanische Firma nicht Massenstahl aus Europa, sondern Spezialstahl mit besonderen Eigenschaften. Dieses Produkt kauft sie in Europa – nicht weil die EU sie dazu zwingt, sondern weil ein europäisches Unternehmen genau das zu liefern vermag, was der Kunde in den USA wünscht.

Umgekehrt braucht ein Hersteller in Europa nicht Unmengen Aluminium aus den USA, sondern beispielsweise bloss eine spezielle Aluminiumverpackung für das von ihm hergestellte Produkt. Und er kauft diese Verpackung in den USA, weil der dortige Lieferant darauf spezialisiert ist und daher der beste Anbieter ist.

Auch die USA beherrschen die Strategie der Nadelstiche

Zölle zerstören solche feingesponnenen Beziehungen. Die Folgen sind nicht nur für die Unternehmen kostspielig, sondern auch für die Konsumenten. Müsste für hochspezialisierte Produkte je ein europäischer und ein amerikanischer Anbieter entstehen, weil Zölle den Austausch unterbinden, kostete das viel Geld.

Wie komplex die Handelsbeziehungen sind, merken alle Beteiligten bereits. Trump belastet europäischen Stahl und Aluminium mit Zöllen. Die Europäer wollen nicht blindlings zurückschlagen, sondern den USA Nadelstiche versetzen. Etwa indem sie amerikanische Whiskey-Exporte mit einer Abgabe belegen.

Dahinter steckt das Kalkül, dass ein solcher Zoll zwar nur wenige Hersteller belastet, diese aber umso mehr leiden. Zudem ballen sich Whiskey-Produzenten in wirtschaftlich schwachen Regionen, die mehrheitlich republikanisch gesinnt sind. Selbstverständlich spekuliert die EU darauf, dass die Hersteller in Washington gegen die Zölle protestieren.

Unglücklicherweise beherrschen die Amerikaner diese Strategie der Nadelstiche ebenfalls – sie gehört mittlerweile zum kleinen Einmaleins des Handelskriegs. Trump droht als Gegenmassnahme, Wein mit einem Zoll von 200 Prozent zu belasten.

Die Einheit in der EU bröckelt bereits

Prompt hat darauf die Einheit in der EU zu bröckeln begonnen. Frankreich und Italien äusserten sich kritisch zu den angedrohten Whiskey-Zöllen. In der EU waren alle dafür, es den USA heimzuzahlen – bis sie merkten, dass es auch bei ihnen einschlagen könnte.

Zölle treffen eben nicht nur ein paar Stahlbarone, wie das im 19. Jahrhundert der Fall gewesen wäre, sondern fressen sich durch eine spezialisierte Wirtschaft.

Manche Politiker dachten wohl, Zolldrohungen ähnelten insofern Atomwaffen, als sie abschreckend wirken. Dieses Kalkül ging nicht auf. Die USA einerseits und ihre Handelspartner andererseits befinden sich mitten in der frühen Phase eines Handelskriegs.

Er richtet bereits Schäden an, aber ein Ende des Konflikts tritt frühestens dann ein, wenn die Gegner die erdenklichen Massnahmen und Gegenmassnahmen ausgeschöpft haben. Vorerst werden fast alle Firmen und Konsumenten leiden. So wie beinahe alle profitierten, wenn man den Konflikt beendete.

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