Donnerstag, April 17

Die Renditen von US-Staatsanleihen sind innerhalb kurzer Zeit in die Höhe geschnellt. Der Crash ist in seiner Intensität vergleichbar mit dem Covid-Schock vom März 2020. Was steckt dahinter?

Am Markt für US-Staatsanleihen spielen sich historische Entwicklungen ab. Die Rendite 10-jähriger Treasury Notes ist in der Nacht auf heute Mittwoch im Handel in Asien auf 4,5% gestiegen, die Rendite 30-jähriger Treasury Bonds hat zeitweise die Marke von 5% überschritten.

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Innerhalb von drei Handelstagen haben sich die Renditen der weltweit wichtigsten und liquidesten Wertpapiere um mehr als 50 Basispunkte ausgeweitet. Gemäss Daten des Chicagoer Marktbeobachters Jim Bianco haben Treasuries letztmals im ersten Covid-Schock vom März 2020 einen derart scharfen Crash erlitten.

Die Bewegung fiel zeitlich zusammen mit der Einführung umfassender Importzölle durch die Trump-Regierung. Seit kurz nach Mitternacht des heutigen 9. April gelten die von Trump am 2. April angekündigten «reziproken» Zölle. Weil die Volksrepublik China Gegenmassnahmen beschlossen hatte, hat Trump die Tarife auf Einfuhren aus China kurzerhand um weitere 50% erhöht. Alle US-Importe aus der Volksrepublik werden nun mit Zöllen von 104% belastet.

Ein ominöses Signal sendet zudem die Tatsache, dass sich der Dollar ungeachtet des heftigen Zinsanstiegs in den USA weiter abschwächt. Der handelsgewichtete Dollar-Index (DXY), der den Greenback gegenüber Euro, Yen, Pfund, Kanada-Dollar, schwedischer Krone und Franken misst, ist auf den niedrigsten Wert seit Ende September 2024 gesunken.

«Etwas am Bondmarkt ist in die Brüche gegangen. Wir erleben eine ungeordnete Liquidation», schreibt Jim Bianco auf der Plattform X.

«An den Märkten für Fed-Funds-Futures wird eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer notfallmässigen Zinssenkung durch die US-Notenbank eingepreist», schreibt Jim Reid, Chefökonom der Deutschen Bank, in einer Kurznotiz. «Dieses Bild hatten wir letztmals im Covid-Crash vom März 2020 und auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise im Herbst 2008.»

Was steht hinter dieser Entwicklung? Drei Erklärungen bieten sich an.

Liquidationen des «Basis Trade»: Der Basis Trade ist eine beliebte Strategie spezialisierter Hedge Funds. Dabei werden Arbitrage-Gewinne auf den Pricing-Unterschieden zwischen Treasury-Papieren und Futures-Kontrakten auf Treasuries mit ähnlichen Charakteristika abgeschöpft. Weil die Preisunterschiede minimal sind, werden diese Trades in der Regel mit grossem Einsatz von Fremdkapital «gehebelt».

In den Marktverwerfungen der vergangenen Tage könnten einzelne Hedge Funds in Nöte geraten sein, was nun zu forcierten Liquidationen ihrer Positionen führt. Letztmals hatten «Base Trade»-Liquidationen im Covid-Schock vor fünf Jahren zu signifikanten Verwerfungen am Treasury-Markt geführt. Diese stoppten damals erst, als die US-Notenbank gegen Ende März in grossem Stil Staatsanleihen aufkaufte.

China verkauft: Peking stemmt sich gegen die von der Trump-Regierung verhängten Zölle und droht öffentlich, den Kampf «bis zum Ende» zu führen. Gemäss offiziellen Daten hält die Volksrepublik China US-Treasuries im Wert von 759 Mrd. $. Dieser Bestand ist seit gut zehn Jahren stetig gesunken. Allerdings wird davon ausgegangen, dass China einen Teil seiner Treasury-Bestände über Custodian-Einrichtungen in Belgien und Luxemburg hält. Jim Bianco geht deshalb davon aus, dass die Volksrepublik insgesamt immer noch Treasury-Bestände im Umfang von rund 1,5 Bio. $ kontrolliert.

An den Finanzmärkten wird derzeit spekuliert, dass Peking in grossem Stil Treasuries verkauft, um einen Zinsschock in den USA zu provozieren. Allerdings gibt es dazu keine klaren Indikationen, es handelt sich um pure Spekulation. Gegen die These spricht die Tatsache, dass sich der Wechselkurs des Yuan zum Dollar in den vergangenen zwei Tagen markant abgewertet hat. Das ist prima vista nicht kompatibel mit massiven Treasury-Verkäufen seitens Pekings.

Käuferstreik und Vertrauensverlust: Das US-Schatzamt unter der Leitung von Finanzminister Scott Bessent muss in riesigem Ausmass fällige Staatsanleihen refinanzieren. Die aggressive Zollpolitik der Trump-Regierung könnte zahlreiche Investoren ausserhalb der USA abgeschreckt haben. Gestern Dienstag führte das Schatzamt eine Auktion für dreijährige Treasuries mit einem Gesamtvolumen von 58 Mrd. $ durch. Die Auktion fiel auf sehr schwaches Interesse. «Die schwache Auktion wird die Gerüchte über einen Rückzug ausländischer Investoren aus dem Markt für US-Staatsanleihen sicherlich verstärken», sagt der Bondspezialist Matthew Scott gegenüber der «Financial Times».

Mit besonders grosser Nervosität blicken die Märkte nun auf weitere anstehende Auktionen: Heute Mittwoch will das Schatzamt 10-jährige Treasury-Papiere im Umfang von 39 Mrd. $ platzieren, morgen Donnerstag folgt eine Auktion über 30-jährige Bonds mit einem Volumen von 22 Mrd. $.

Der Crash am Treasury-Markt führt weltweit zu Verwerfungen. Die Rendite 30-jähriger japanischer Staatsanleihen ist heute Mittwoch in Tokio auf 2,7% gestiegen. Das ist der höchste Wert seit mehr als zwanzig Jahren.

Das von der Trump-Regierung ausgelöste Beben an den globalen Finanzmärkten gewinnt an Intensität. Gegenwärtig sieht es nicht danach aus, als würde bald eine Entspannung einsetzen.

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