Mittwoch, Januar 8

Marc Hänni von Vontobel, Patrik Jäger von IFS und Hilmar Langensand von zCapital geben einen Ausblick auf 2025 und präsentieren ihre Schweizer Top Picks.

Was bringt das Börsenjahr 2025, und welches sind die vielversprechendsten Schweizer Titel?

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Dazu hat The Market drei Schweizer Aktienexperten befragt: Marc Hänni, Head of Swiss Equities bei Vontobel, Patrik Jäger, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter IFS, und Hilmar Langensand, CEO sowie Fondsmanager von zCapital.

Trump, lautet das Stichwort, das die drei Schweizer Aktienspezialisten mit Blick auf 2025 als erstes erwähnen:

«Seit dem Wahlsieg von Donald Trump preist der Markt ein positives Szenario für 2025 ein: eine Erholung der Industrie und des Bausektors, einen starken Arbeitsmarkt, einen robusten Konsum, eine sinkende Inflation und niedrigere Zinsen», sagt Langensand. Dennoch bleibt er vorsichtig: «Während Steuerreformen und Deregulierung kurzfristig Wachstumsimpulse setzen könnten, bleibt die Unsicherheit über die handelspolitische Ausrichtung der Trump-Administration ein zentrales Risiko.»

«Die Amtsübernahme von Donald Trump Ende Januar fällt mit der Reporting Season der Unternehmen zusammen. Daher erwarten wir ein aktives Marktgeschehen in den ersten beiden Monaten des Jahres», sagt Hänni von Vontobel. Die Tweet-Tiraden aus seiner ersten Amtszeit sowie die entsprechenden Kursreaktionen an den internationalen Börsen seien allen in Erinnerung.

Jäger von IFS erwartet in den USA vor allem von der bevorstehenden Deregulierung positive Impulse für die Realwirtschaft. Bezüglich des Aktienmarktes malt er jedoch ein gegenteiliges Bild: «Mit dem ‹Trump Trade› wurde sehr viel Kapital in die USA umgeschichtet, während Europa weitgehend ignoriert wurde. Dementsprechend gross sind die aktuellen Bewertungsunterschiede.»

«Die Bewertungen in den USA liegen weit über dem historischen Schnitt, und die Risikoprämien befinden sich auf dem tiefsten Stand seit der Dotcom-Blase», sagt Langensand. Der S&P 500 handle gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis 40% über dem zwanzigjährigen Schnitt. In Europa und der Schweiz seien die Bewertungen deutlich moderater.

Besonders ausgeprägt seien die Bewertungsunterschiede bei den Nebenwerten, sagt Jäger: «Das wird sich früher oder später wieder angleichen.»

«Besonders interessant ist derzeit die Bewertung im Schweizer Small-und-Mid-Cap-Bereich», betont auch Hänni. Gemäss Analyse von Vontobel handle das Segment im fünfzehnjährigen Vergleich zu einem Abschlag von mehr als 12%. Gleichzeitig erwartet der Fondsmanager in diesem Bereich ein Gewinnwachstum von rund 15%: «Aus unserer Sicht sollte das dazu führen, dass die Schweizer Nebenwerte, die seit 2018 enttäuscht haben, im neuen Jahr besser abschneiden als der Schweizer Gesamtmarkt.» Voraussetzung sei jedoch, dass Europa irgendwann in der zweiten Jahreshälfte wieder zu Wirtschaftswachstum finde.

Und: «Bezüglich wirtschaftlicher Erholung sehen wir in Europa 2025 das grösste positive Überraschungspotenzial», sagt er. Schon eine leichte Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft, beispielsweise im Automobil- oder im Bausektor, würde dem Schweizer Nebenwertesegment sehr entgegenkommen.

«Geht man davon aus, dass sich die jüngsten Zinssenkungen erst mit einer Verzögerung von zwölf Monaten auf die Wirtschaft auswirken, könnten ab Mitte 2025 klar positive Impulse sichtbar werden», meint auch Jäger. Davon dürfte besonders der europäische Bausektor eine Wiederbelebung erfahren.

Skeptischer ist Langensand: «Die Staatsverschuldung hat in vielen grossen Industrienationen besorgniserregende Ausmasse erreicht.» Früher oder später werde das zu steigenden Zinsen führen, was das Aufwärtspotenzial für Aktien begrenze. Szenarien wie in Grossbritannien im Jahr 2022, als die Bondmärkte die Haushaltspläne von Premierministerin Liz Truss entschieden zurückwiesen, könnten auch in anderen Staaten Realität werden, warnt er.

Wohin steuert die Wirtschaft?

Das prozentual zweistellige Gewinnwachstum, das die Analysten im Konsens derzeit sowohl für US- als auch für Schweizer Unternehmen prognostizieren, dürfte nur möglich sein, wenn tatsächlich ein breiter wirtschaftlicher Aufschwung einsetzt, sagt Langensand, und er stellt fest: «Derzeit zeigen die Indikatoren einen solchen nicht an: Frühindikatoren am US-Arbeitsmarkt deuten auf eine Abkühlung hin, aus der Industrie kommen kaum positive Signale, Europa schwächelt, und ein möglicher Handelskrieg birgt zusätzliche Risiken.»

Eine Schlüsselrolle für die globale Wirtschaft werde 2025 China spielen, ergänzt er. Dort bleibe die Hauptsorge der Preiszerfall am Immobilienmarkt mit dem negativen Vermögenseffekt, auf den die Chinesen mit Konsumverzicht reagieren. «Die Entwicklung Chinas als drittgrössten Exportmarktes der Schweiz bleibt für Schweizer Unternehmen von grosser Bedeutung.»

Zentral wird ebenso das Zollthema sein. «Die USA sind mit jährlichen Exporten von mehr als 50 Mrd. Fr. der wichtigste Handelspartner der Schweizer Unternehmen», sagt Hänni. Grundsätzlich steht viel auf dem Spiel: «Ökonomen sind sich einig, dass Strafzölle für die Weltwirtschaft negativ sind und auch der US-Wirtschaft selbst schaden werden», sagt Langensand. In der Vergangenheit hätten Handelskonflikte nicht nur die globale Wachstumsdynamik geschwächt, sondern auch die Aktienmärkte negativ beeinflusst.

Jäger geht allerdings davon aus, dass Trump mit seiner hartnäckigen Rhetorik um Zölle vor allem eine Drohkulisse aufbaut. Dies, um für die USA vorteilhaftere Handelsbedingungen auszuhandeln. «Am Ende wird man sich am Verhandlungstisch wiederfinden.»

Die Favoritenauswahl

Die Aussichten auf das neue Jahr sind damit höchst unsicher – dennoch präsentieren die drei Fondsmanager ihre Schweizer Aktienfavoriten für 2025. Dabei setzen alle drei auf ihre eigenen Fundamentalanalysen, beurteilen die Qualität des Managements, die Bilanzrelationen sowie die Marktpositionen der Unternehmen. Und trotz der ähnlichen Herangehensweise favorisieren sie neun ganz unterschiedliche Schweizer Titel.

«Sika ist ein Unternehmen, das unsere hohen Qualitätsanforderungen in Bezug auf Unternehmenskultur, globale Marktführerschaft, Innovationskraft und starke Bilanzkennzahlen seit vielen Jahren erfüllt», sagt Hänni von Vontobel. 2024 hat die Aktie jedoch mehr als 20% an Wert eingebüsst, während der Swiss Performance Index gut 6% zugelegt hat. Dieses Jahr werde sie aber zur alten Stärke zurückfinden, ist er überzeugt.

Die wichtigsten Themen für Sikas Wachstum seien das Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung, der Klimawandel sowie knapper werdende Rohstoffe: Innovationen und die Marktführerschaft in vielen Bereichen sollten dem Unternehmen mittelfristig zu hohem Wachstum verhelfen, glaubt er. In den nächsten vier Jahren würden weltweit mehr als 5000 km Tunnelinfrastruktur gebaut, 40% der globalen Infrastruktur für Wasserversorgung kämen an ihr Lebensende, und bis zu 40% der Autobahnbrücken in entwickelten Ländern müssten saniert oder neu gebaut werden.

Georg Fischer profitiert von globalen Trends im Wasser- und im Flow-Bereich, die bei kritischen Industrieprozessen, nachhaltigem Management der Wasserinfrastruktur und der Energieeffizienz von Gebäuden eingesetzt werden.

«Devestitionen und die klare Fokussierung auf diese Bereiche, unterstützt von der Akquisition der finnischen Uponor, machen Georg Fischer hier zu einem Marktführer», sagt Hänni. Der Verkauf des Bereichs Maschine Tooling und Casting könne zu einer Neubewertung führen und den bisherigen Konglomerats-Discount eliminieren, erwartet er, denn: «Die verbleibenden Bereiche sind weniger zyklisch, profitabler und weniger kapitalintensiv.»

Hännis dritter Tipp ist Lindt & Sprüngli: «Das Unternehmen befindet sich trotz globalem Rückgang der Nachfrage nach Schokolade in einer sehr guten Verfassung.» In den vergangenen zwei Jahren habe man eindrücklich gezeigt, dass man in Kilchberg in der Lage sei, steigende Rohmaterialpreise an die Konsumenten weiterzugeben. Nach einem positiven Preiseffekt von 10% 2023 lag er im ersten Halbjahr 2024 bei 6%. Zum Jahresende sei der Kakaopreis jedoch nochmals um fast 40% gestiegen.

Vor allem bei Geschenkartikeln, die bei Lindt rund 50% der Produkte ausmachten, sei die Preissensitivität jedoch gering, und Hännis Fazit lautet: «Preiserhöhungen zusammen mit weiteren Effizienzgewinnen sollten sowohl beim Umsatz als auch bei der Gewinnmarge eine weitere Steigerung ermöglichen.» Zudem handle die Lindt-Aktie zu einem Abschlag zur Bewertungshistorie.

IFS-Fondsmanager Jäger ist ein Fan der Innovationskraft von Inficon: «Dieses Tech-Powerhouse liefert eine Innovation nach der anderen, bleibt dabei jedoch am Kapitalmarkt bemerkenswert zurückhaltend», sagt er. Das kleine Unternehmen aus Balzers (Liechtenstein) arbeite fast mit allen namhaften Herstellern von Halbleiter-Tools zusammen und sei damit sehr gut diversifiziert. Zudem würden auch Applikationen ausserhalb des Halbleiterbereichs, wie etwa die Lecksuche für Autobatterien, Potenzial bieten.

Bezüglich der Umsatzentwicklung sei Inficon in den jüngsten Jahren im Halbleiterbereich deutlich stärker und vor allem weniger volatil gewachsen als VAT oder Comet. Gleichzeitig falle die Bewertung moderater aus; aufgrund der Wachstumsdelle im Halbleiterbereich hat die Qualitätsgesellschaft im Jahresverlauf 14% an Wert verloren. «Spätestens im zweiten Halbjahr sollten die Investitionen der Branche jedoch wieder anziehen, was den Aktienkurs von Inficon wieder beflügeln wird.»

Jägers zweiter Tipp ist Aryzta. Seit Urs Jordi beim Backwarenhersteller das Ruder übernommen habe, habe sich vieles zum Positiven gewendet: «Die Bilanz wurde saniert, die Effizienz deutlich gesteigert und die Innovationskraft erhöht.» Aryzta werde voraussichtlich im Mai 2025 einen Investorentag abhalten und dabei neue mittelfristige Ziele für Profitabilität und Wachstum präsentieren.

Da die Verschuldung von Aryzta immer noch überdurchschnittlich hoch ist, würden auch die sinkenden Zinsen Rückenwind liefern. In den Augen von Jäger wurde die Aktie in den letzten Wochen zu stark abgestraft und bietet nun deutliches Aufholpotenzial.

«Die Zukunft von Landis + Gyr liegt in den USA», sagt Jäger zu seinem dritten Aktienfavoriten. Weil der Hersteller von intelligenten Messgeräten in Europa kaum je Geld verdient habe und die beiden Märkte ganz anders funktionierten, mache der Fokus auf das hoch profitable US-Geschäft Sinn. Im letzten Halbjahresbericht habe das Management zudem erstmals offengelegt, dass 32% des US-Umsatzes aus dem attraktiven Software- und Services-Segment stammten.

Weil Landis + Gyr in Mexiko produziert, wurden die Valoren jüngst als Verlierer des Handelskriegs abgestempelt – eine Reaktion, die Jäger für übertrieben hält: Die Fertigungstiefe in Mexiko beschränke sich auf das Zusammenfügen von Bauteilen und sei relativ gering; zudem importiere die gesamte Industrie einen Grossteil der Komponenten aus asiatischer Produktion. «Alle amerikanischen Anbieter sitzen im selben Boot, wenn Zölle Realität werden.»

Ebenfalls habe allein die Diskussion darüber zu einer Abwertung des Pesos um 20% geführt. «Sollten Zölle tatsächlich eingeführt werden, dürften sie durch eine weitere Pesoabwertung neutralisiert werden. Vergleicht man die Bewertung mit der des US-Konkurrenten Itron, so ist Landis + Gyr derzeit massiv unterbewertet, lautet Jägers Fazit.

«Die gute Kursentwicklung der letzten Jahre von BKW wird sich fortsetzen», ist Langensand von zCapital überzeugt. Der Versorger sei mit flexiblen Wasserkraftwerken optimal positioniert, um von den zunehmend volatilen Strompreisen zu profitieren.

Zudem stehe er dank langfristiger Abnahmeverträge vor zwei sehr ertragsstarken Jahren. Die Konsensgewinnschätzungen für 2025 und 2026 erachtet Langensand als zu tief: «Trotz dieser positiven Aussichten ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 moderat bewertet.»

«Die neue CEO Géraldine Picaud hat den weltweit führenden Warenprüfkonzern mit fast 100’000 Mitarbeitenden kräftig durchgeschüttelt», sagt Langensand über SGS, seinen zweiten Favoriten. «Wir versprechen uns viel von der neuen Leistungskultur – konkret, dass sich die Margen deutlich schneller verbessern werden als derzeit am Markt erwartet.» Darüber hinaus erweise sich die Nachfrage nach Prüfungen, Inspektionen und Zertifizierungen trotz der derzeitigen konjunkturellen Abkühlung als sehr robust. Mit einem KGV von 23 seien die Papiere im historischen Vergleich günstig bewertet.

Langensands dritter Jahresfavorit ist Baloise: Der Versicherer verfüge über eine starke Bilanz und ein attraktives Schweizer Kerngeschäft. Mit der Aufhebung der Stimmrechtsbeschränkung und dem Einstieg des aktivistischen Investors Cevian hätten die Titel an Attraktivität gewonnen: «Der Druck auf das Unternehmen, wichtige strategische Veränderungen umzusetzen, nimmt zu.»

Zudem befänden wir uns in einem harten Markt, in dem die Preissetzungsmacht der Versicherer stark sei. Dies werde zur Steigerung der Profitabilität beitragen. Mit einer Dividendenrendite von gut 5% böten die Aktien weiteres Kurspotenzial, ist Langensand überzeugt.

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