Städtereise

In Dresden zu flanieren, fühlt sich an wie ein Besuch im Freilichtmuseum. Überall Kuppeln, Türme, verschnörkelte Formen, Säulen und Schmuck. Es ist fast schon kitschig.

Noch gänzlich verzaubert von den gepuderten Kostümen der Ballerinen im «Dornröschen»-Ballett, das wir in der Semperoper in Dresden geschaut haben, spazieren wir unter den mit Kronleuchtern behängten Kassettendecken die Treppen hinunter. Gefühlt bleiben wir auf jedem zweiten Tritt stehen: Man kann sich an diesen aufwendigen Stuckaturen, prunkvollen Ornamentmalereien und Deckengemälden mit den Helden aus Philosophie und Oper nicht sattsehen!

Mit dem Staunen geht es draussen auf dem Theaterplatz nahtlos weiter. Die Gemäldegalerie nebenan beeindruckt mit ihrer fast 1,5 Kilometer langen Fassade sowie 120 Sandsteinskulpturen. Im Innern sind um die 700 Werke ausgestellt, und noch bis im September läuft die Ausstellung über die zeitlose Schönheit des Stilllebens.

Das grösste Porzellanbild der Welt

Hier, an dieser wohl touristischsten, aber auch historischsten Ecke zu flanieren, fühlt sich an wie ein Besuch im Freilichtmuseum. Überall Kuppeln, Türme, verschnörkelte Formen, Säulen, Schmuck. Der sächsische Barock könnte den einen etwas zu viel Sisi-Groove sein, doch die angerussten Wandsteine sind Zeitzeugen aus Kriegszeiten. Sie brechen den Rokoko-Kitsch im Stadtbild.

Kurz noch um die Ecke am «Fürstenzug» vorbei, dem grössten Porzellanbild der Welt, auf dem in 23 000 Fliesen ein Reiterzug mit ehemaligen Grafen, Herzogen und Königen verewigt wurde. Es ist quasi historische Street-Art. Gleiches gilt für Dresdens Wahrzeichen, die Frauenkirche. Mit ihren anmutigen Kuppeln und Türmen ist sie aber nicht viel älter als dreissig Jahre. Für dieses Touri-Pflichtprogramm sollte man mindestens einen halben Tag einplanen, besonders Interessierte einen ganzen Tag.

Anfang 1945 wurde Dresden beinahe komplett zerstört: Zwinger, Frauenkirche, Semperoper – alles wurde zerbombt. Relativ gut erhalten blieb das Taschenbergpalais im Herzen der Altstadt. Kürzlich wurde es als Fünfsternehotel Taschenbergpalais Kempinski mit klassischem Design und stilvoll renovierten Zimmern neu eröffnet.

Das Florenz an der Elbe

Weiter geht es mit der Stadttour, am besten auf zwei Rädern. Dresden ist eine Velo-Stadt. Über 100 Kilometer Radwege gibt es. Wir beschliessen, gemütlich die weitläufige Elbe entlang, die zwischen Alt- und Neustadt fliesst, in einer halben Stunde zum Lingnerschloss zu fahren. Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt, das im 19. Jahrhundert von der preussischen Adelsfamilie von Stockhausen erbaut wurde und später den Namen des Dresdner Ehrenbürgers Karl August Lingner erhielt. Heute fungiert das Schloss als Kulturzentrum mit Kino, Freiluftkonzerten und Brunch am Wochenende.

Während man sich auf der Terrasse bei einer Kartoffelsuppe mit Entenbrust die Stadt von weitem anschaut, kommt man nicht drumherum, sich zu fragen, warum es eigentlich alle immer nach Berlin zieht, wo der Lack doch mittlerweile ziemlich ab ist. Hier jedoch wird das Blattgold erst grosszügig angebracht. Der Flughafen steht vor dem Ausbau, und Hotels werden renoviert im Florenz an der Elbe, wie Dresden auch genannt wird.

Kultur, Handwerk und Genuss

Kultur gibt es in der Stadt an der Elbe dank Festspielorchester und dem Erich-Kästner-Haus für Literatur nämlich en masse – aber auch Kulinarik-Fans kommen nicht zu kurz. Altes Handwerk wird grossgeschrieben. Die Gebrüder Pfunds machen es mit ihrem «angeblich schönsten Milchladen der Welt» vor. Dieser ist vom Boden bis zur Decke in handbemalten Villeroy-&-Boch-Fliesen getäfert. Verkauft wird Käse aus der Region und melkfrische Milch im Glas. Eine nostalgische Milchzentrale und Museum in einem.

Es lohnt sich, die Bautznerstrasse entlang weiterzuflanieren zur Bürstenmanufaktur. Egal, ob Rückenkratzbürste aus Naturborste oder Staubbesen aus Ziegenhaar, hier ist alles sorgfältig von Hand gefertigt.

Weiter die Strasse runter Richtung Albertplatz findet man den Eisenfeustel, den wahr gewordenen Traum von Hobbyköchen. Man findet vom Emailletopf bis zum Fleischwolf allerlei Küchenutensilien. Oder das Kunst-Café Oswaldz, wo Buddha-Bowls und Avocado-Toast mit pochierten Eiern serviert werden. Den ersten Riesling aus der Region trinkt man bei schönem Wetter im Garten. Denn Dresden ist ein guter Ort für Genuss und Gemütlichkeit.

Ein Wochenende in Dresden

Samstag 15 Uhr | Stollen 2.0

Die Amalie am Taschenberg 3 ist das neue Wohnzimmer von Dresden. Der Patisseur Yogesh Dutt stammt aus Indien, und mit seinem weltmännischen Denkvermögen gelingt ihm ein neuer Blick auf den traditionellen Dresdner Stollen. Statt in krümeligen Teig verpackt, werden die Zutaten neu interpretiert und als schokoladenganachierte Schnitte mit kandierten Orangen, Limetten und getränkten Rosinen angerichtet. Nichts Leichtes, aber sehr lecker!

Samstag: 17 Uhr | Check-in

Der König von Sachsen hatte das Stadtpalais seiner Mätresse geschenkt. Heute ist das Hotel «Kempinski Taschenbergpalais» ein feiner Mix aus barocken Räumen und modernem Design. Spannend ist auch der Blick in die Hauskathedrale.

SONNTAG: 10 Uhr | Spaziergang

Der Grosse Garten wird seinem Namen gerecht: Auf fast 147 Hektaren bietet die barocke Parkanlage viel Raum für Skulpturen, Biergärten, den botanischen Garten und Freilichttheater. Und genügend Platz für ausgedehnte Spaziergänge und Picknicks.

Sonntag: 12 Uhr | Barock speisen

Einmal Sächsischen Sauerbraten mit Rotkohl essen im «Coselpalais Dresden» bei der Frauenkirche. Zum Dessert gibt’s eine Eierschnecke, die Dresdner Version des Cheese-Cake mit einer Schicht saftigem Quark-Eier-Pudding.

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