Samstag, Januar 11

Mit den Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind auch die Sparzinsen deutlich gefallen. Was die Entwicklung für Immobilienkäufer, Mieter, Sparer und Anleger bedeutet.

Nach einer kurzen Auszeit macht das Gespenst der Negativzinsen wieder die Runde am Schweizer Finanzplatz. Im Dezember hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins für viele Beobachter unerwartet stark um 0,5 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent gesenkt. Im Anschluss wiesen erste Franken-Anleihen vorübergehend wieder leicht negative Renditen auf.

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Dies sei beispielsweise bei einem Bond der Swiss Life kurzzeitig der Fall gewesen, teilten Finanzexperten des Fondsanbieters Swiss Life Asset Managers bei einer Präsentation diese Woche mit. «Die Schweiz könnte schon bald wieder in ein Negativzins-Umfeld kommen», sagte Daniel Rempfler, Leiter Portfoliomanagement für Staats- und Schwellenländeranleihen bei der Fondsgesellschaft.

Laut dem Fondsmanager hat die SNB die Wahl zwischen Interventionen am Devisenmarkt und Zinssenkungen, um der Aufwertung des Frankens entgegenzuwirken. Der SNB-Präsident Martin Schlegel habe klargemacht, dass der Zins dabei das Hauptinstrument sei, sagt Rempfler. Er sehe ein signifikantes Risiko, dass die SNB auf absehbare Zeit den Leitzins unter null senke. Thomas Rühl, Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank, geht in einem Kommentar davon aus, dass die Leitzinsen in der Schweiz weiter fallen und bis zum Jahresende wieder unter null liegen könnten. Angesichts der erwarteten Zinssenkungen in der Euro-Zone blieben der SNB kaum Alternativen, schreibt er.

Laut Nils Thewes, Schweiz-Chef für den Bereich Anleihen bei der Fondsgesellschaft DWS, zögert die SNB zwar, den Leitzins in den negativen Bereich zu senken. «Wenn es aber nötig ist, dürfte diese Karte wieder gezogen werden», sagt auch er. Seit Ende letzten Jahres seien die Kaufrenditen der als sicher geltenden Schweizer Staatsanleihen wieder in Sichtweite der Nulllinie. Dies hänge auch mit dem Ruf der Schweiz als sicherer Hafen zusammen. «Internationale Investoren sind momentan bereit, für sichere Schweizerfranken-Anlagen auf Rendite zu verzichten», sagt Thewes.

Das Geld gilt in der Schweiz also als sicher – doch was bedeuten die stark gesunkenen Kapitalmarktzinsen für Geldanlagen, Hypotheken, Mieten und die Immobilienpreise?

1. Festhypotheken

Laut Dirk Renkert vom Online-Vergleichsdienst Comparis wurden zehnjährige Festhypotheken zuletzt zu Zinssätzen von rund 1,1 bis 1,7 Prozent angeboten. Bei fünfjährigen Festhypotheken betrugen die Zinssätze zwischen 1 und 1,5 Prozent. Seit Anfang 2024 war hier ein Rückgang von durchschnittlich 0,6 bis 0,7 Prozentpunkten zu beobachten.

Historisch gesehen sind die derzeitigen Konditionen für die Finanzierung von Immobilien sehr attraktiv – darin spiegelt sich das niedrige Zinsniveau in der Schweiz. Im vierten Quartal haben sich laut einem Barometer von Comparis folglich vier von fünf Hypothekarnehmern für lang laufende Festhypotheken entschieden.

Während der Zeit der Negativzinsen seien die Zinssätze für Festhypotheken allerdings noch ein Stück tiefer gewesen, sagt Renkert. Damals hatten Hypothekarnehmer bei manchen Anbietern die Möglichkeit, zehnjährige Festhypotheken zu Sätzen von unter 1 Prozent abzuschliessen. In den Minusbereich seien die Zinssätze für Festhypotheken aber selbst während der Zeit der Negativzinsen nie gefallen, sagt er.

Die Attraktivität des derzeitigen Zinsniveaus belegt auch die Entwicklung im Jahr 2022. Damals legten die Richtzinsen für zehnjährige Festhypotheken innerhalb weniger Monate um rund 2 Prozentpunkte zu, bis sie laut Renkert im Oktober 2022 bei rund 3,3 Prozent einen Höhepunkt erreichten.

Mit dem Entscheid für Festhypotheken wollen viele Hypothekarnehmer auf Nummer sicher gehen: So können sie die niedrigen Zinsen für mehrere Jahre anbinden und müssen sich über Zinsschwankungen keine Gedanken machen.

2. Saron-Hypotheken

Im Gegensatz zu Festhypotheken passen sich Saron-Hypotheken dem jeweiligen Zinsniveau an und können deutlich schwanken. Wenn die Zinsen steigen, werden sie für die Hypothekarnehmer teurer – wenn sie fallen, werden sie günstiger.

In Zeiten von ultraniedrigen bis negativen Zinsen sind Saron-Hypotheken folglich besonders attraktiv. In der Zeit der Negativzinsen seien die Sätze von Saron-Hypotheken zeitweise bis auf 0,4 Prozent gefallen, sagt Renkert.

Zuletzt lagen die Zinssätze für diese Geldmarkthypotheken bei zwischen 1,1 und 1,6 Prozent und damit etwa auf gleicher Höhe wie diejenigen der zehnjährigen Festhypotheken. Laut Renkert haben sich Saron-Hypotheken mit den Leitzinssenkungen der SNB im vergangenen Jahr um rund 1,25 Prozentpunkte vergünstigt.

3. Mieten

Die erneut gesunkenen Hypothekarzinsen dürften indirekt auch Folgen für Mieterinnen und Mieter haben. Die Mieten orientieren sich am hypothekarischen Referenzzinssatz, der sich wiederum am Durchschnittssatz der inländischen Hypotheken ausrichtet.

Im Dezember beliess das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den Referenzzinssatz bis März bei 1,75 Prozent. Es gilt nun aber als ausgemachte Sache, dass er dann sinken wird. Ein um 0,25 Prozentpunkte reduzierter Referenzzinssatz würde Mietern schweizweit einen Anspruch auf Senkungen ihrer Mietzinse um bis zu 3 Prozent geben.

4. Spar- und Säule-3a-Konten

Die niedrigen Zinsen machen Spar- und Zinsprodukte weniger ansprechend. «Nach Abzug der Inflation ist man mit solchen Geldanlage-Produkten zumeist im Minus», sagt Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank (SGKB). Beim Vermögensaufbau in der Säule 3a verschenkte man Rendite, wenn man das Geld auf Zins-Konten liegen liess. Das Wertschriftensparen in der Säule 3a sei der bessere Weg, um langfristig Vermögen aufzubauen.

5. Immobilien und Aktien

Es sei davon auszugehen, dass institutionelle Investoren aufgrund der niedrigen Zinsen in Aktien und Immobilien ausweichen dürften, sagt der SGKB-Anlagechef weiter. Schweizer Immobilienfonds seien in letzter Zeit wieder gesucht gewesen, nun seien die am Markt bezahlten Aufgelder (Agios) bei den Fonds aber wieder recht hoch. Laut Rühl dürften vor allem Immobilienanlagen von dem erwarteten Umfeld profitieren. Neben den tieferen Zinsen unterstützten die Zuwanderung und der Mangel an Alternativen deren Kurse.

Stucki hält Schweizer Aktien im derzeitigen Umfeld für attraktiv. Dies liege nicht zuletzt an ihrem defensiven Charakter und der Tatsache, dass sie dem US-Markt und Welt-Aktienindizes zuletzt hinterhergehinkt seien. Bei vielen Schweizer Titeln gebe es Aufholpotenzial.

Zurückhaltender äussert sich der DWS-Vertreter Thewes. In den vergangenen Jahren sei die Gier an den Finanzmärkten deutlich gewachsen, sagt er. Er rät Anlegern, für die kommenden Jahre bei ihren Renditeerwartungen etwas zurückhaltender zu werden: «Das Risikobewusstsein muss wieder stärker in den Vordergrund rücken.»

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