Samstag, November 23

Wer Teilzeit arbeitet, hat oft Lücken in der Altersvorsorge. Die Pensionskassenreform sieht hier Verbesserungen vor. Ein Volks-Ja ist aber keineswegs sicher. Was Teilzeitbeschäftigte heute schon tun können.

Teilzeitarbeit liegt im Trend. Im Jahr 2022 waren in der Schweiz fast sechs von zehn Frauen und rund jeder fünfte Mann im Erwerbsalter in Pensen von weniger als 90 Prozent beschäftigt.

Teilzeitarbeit bietet die Möglichkeit, sich um Kinder und betagte Eltern zu kümmern. Viele Arbeitnehmer sind mit ihren privaten Verpflichtungen so unter Druck, dass es nicht möglich ist, Vollzeit zu arbeiten. Manche, die keine solchen Pflichten haben, lassen es auch gerne etwas gemütlicher angehen – schliesslich sind die Löhne in der Schweiz so hoch, dass man auch mit einem Teilzeitpensum einen recht guten Lebensstandard haben kann.

«Ich lasse es mir heute gutgehen, am Ende schaut der Staat»

Zudem fühlt sich ein Teil der Bevölkerung nur wenig für die eigene Altersvorsorge verantwortlich. In einer am Donnerstag vorgestellten Untersuchung der Bankengruppe Raiffeisen und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gaben 16 Prozent von rund 1000 Befragten an, hauptsächlich sei der Staat dafür verantwortlich, dass sie nach der Pensionierung genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hätten. Bei den 18- bis 30-Jährigen waren es sogar 24 Prozent.

«Ich lasse es mir heute gutgehen, arbeite weniger, und am Ende schaut dann der Staat», so fasste Roland Altwegg, Mitglied der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz, diese Haltung zusammen. Eine solche Einstellung sei gefährlich, denn sie verursache enorme Kosten.

Gesetzliche Hürden für Teilzeitbeschäftigte

Wer sich nicht um die eigene Altersvorsorge kümmert, setzt sich aber auch selbst erheblichen Risiken aus. Wer beim Arbeiten die Zügel schleifen lässt, läuft Gefahr, keine gute AHV-Altersrente zu erhalten. Die AHV-Maximalrente liegt in diesem Jahr für Einzelpersonen bei 2450 Franken und für Ehepaare bei 3675 Franken pro Monat. Die Minimalrente beträgt für eine Einzelperson 1225 Franken.

Aufgrund der lange Jahre sehr niedrigen Zinsen und der demografischen Entwicklung sind zudem die Pensionskassenrenten in den vergangenen Jahren gesunken. Auch hier drohen Teilzeitbeschäftigten erhebliche Lücken. Zudem gibt es für sie in der obligatorischen beruflichen Vorsorge einige gesetzliche Hürden. Dies sind die folgenden:

  • Eintrittsschwelle: So ist man derzeit nur dann obligatorisch über den Arbeitgeber in der beruflichen Vorsorge versichert, wenn der Lohn die sogenannte Eintrittsschwelle von 22 050 Franken pro Jahr überschreitet. Dies kann vor allem für Personen mit mehreren Teilzeitstellen zum Problem werden. Wer beispielsweise zwei Teilzeitjobs hat und bei jedem weniger als 22 050 Franken verdient, fällt unter die Eintrittsschwelle – auch wenn die beiden Saläre zusammen die Summe überschreiten.
  • Koordinationsabzug: Ein grosses Problem für viele Teilzeitbeschäftigte ist auch der sogenannte Koordinationsabzug (KA). Dieser beträgt derzeit 25 725 Franken und wird vom Jahreslohn abgezogen. Dies ergibt den versicherten Lohn. Verdient jemand also 60 000 Franken, so sind nach Abzug des KA nur 34 275 Franken in der Pensionskasse versichert. Dies hat negative Folgen für die Beiträge und die Leistungen. In den vergangenen Jahren sind viele Arbeitgeber dazu übergegangen, den KA an das Beschäftigungspensum anzupassen, damit der versicherte Lohn bei Teilzeitbeschäftigten höher ausfällt.

Verbesserungen durch die BVG-Reform

Eines der Ziele der Pensionskassenreform (BVG-Reform) ist es, Teilzeitbeschäftigte in der beruflichen Vorsorge besserzustellen. Die Reform wurde im März vom Parlament verabschiedet und wird voraussichtlich im Frühjahr 2024 vor das Volk kommen. Für Teilzeitbeschäftigte sieht die Reform folgende Änderungen vor:

  • Eintrittsschwelle wird herabgesetzt: Mit der Reform soll die Eintrittsschwelle von 22 050 Franken auf 19 845 Franken sinken. So sollen zukünftig mehr Erwerbstätige in der beruflichen Vorsorge versichert sein – die Rede ist von zusätzlichen 70 000 Personen.
  • Koordinationsabzug wird vom Lohn abhängig: Zudem sieht die BVG-Reform vor, dass der Koordinationsabzug nicht mehr fix bei 25 725 Franken liegen, sondern variabel ausgestaltet sein soll. Tritt die Reform in Kraft, sollen in der obligatorischen Vorsorge bis zu einem Jahreslohn von 88 200 Franken immer 80 Prozent des Lohnes versichert sein. Dies hätte positive Folgen für die Beiträge und Leistungen vieler Teilzeitbeschäftigter sowie von Personen mit mehreren Anstellungen.

Die Änderungen hiessen allerdings nicht automatisch, dass jede Erwerbstätige mit einem Lohn zwischen der Eintrittsschwelle und dem maximalen BVG-Lohn von 88 200 Franken automatisch höhere Beiträge und höhere Leistungen habe, hält der Finanzdienstleister VZ Vermögenszentrum in einer Studie fest. Schliesslich sehe die BVG-Reform auch eine Anpassung der Sparbeiträge und die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent vor. Die Folgen der Reform müssten für jeden Versicherten individuell angeschaut werden.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die Tatsache, dass die Senkung der Eintrittsschwelle bei vielen Teilzeitbeschäftigten zu höheren Lohnabzügen und damit geringeren Nettolöhnen führen würde. Dies dürfte Personen, die stark rechnen müssen, nicht gefallen. «Für Teilzeitbeschäftigte wäre es aber insgesamt gut, wenn die Reform durchkäme», sagte Altwegg von Raiffeisen an dem Anlass. Laut der Untersuchung von Raiffeisen und der ZHAW befürworten fast zwei Drittel der befragten Personen die Senkung der Eintrittsschwelle. Ein Fünftel ist dagegen.

Trotzdem gibt es Zweifel, ob die Pensionskassenreform 2024 an der Urne durchkommen wird. «Es ist einfach, gegen diese Vorlage Stimmung zu machen», sagte Altwegg. Die Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent sei zwar überfällig, lasse sich aber von Gegnern der Reform instrumentalisieren. Daher sei es wichtig, sauber aufzuklären. Laut der Untersuchung stagniert der Wissensstand in der Bevölkerung über die Vorsorge auf niedrigem Niveau, vor allem bezüglich der zweiten Säule.

Was können Teilzeitbeschäftigte heute schon tun?

Unabhängig von einem Volks-Ja zur Pensionskassenreform können Teilzeitbeschäftigte bereits heute einiges tun.

Pensionskassen sind nur in der obligatorischen Vorsorge an die obengenannten Regelungen gebunden. Moderne Kassen, die hier Spielraum haben, haben folglich schon heute den Koordinationsabzug an das Pensum von Beschäftigten angepasst. Für Personen, die ein Arbeitspensum von 50 Prozent haben, wird dementsprechend der Koordinationsabzug halbiert. Teilzeitbeschäftigte sollten sich also über die entsprechenden Regelungen bei ihrer Vorsorgeeinrichtung informieren. Wer auf Stellensuche ist, sollte sich bei der Bewerbung erkundigen, wie dies gehandhabt wird.

Vorsorgelücken lassen sich zudem mit freiwilligen Einzahlungen in die Pensionskasse schliessen. Mit solchen Einkäufen können Versicherte ihr Vorsorgekapital ausbauen und gleichzeitig Steuern sparen. Teilzeitbeschäftigten ist auch zu empfehlen, wenn möglich in die steuerbegünstigte Säule 3a einzuzahlen. In diesem Jahr können Versicherte, die einer Pensionskasse angeschlossen sind, bis zu 7056 Franken einzahlen. Für Personen, die keiner Vorsorgeeinrichtung angehören, sind es sogar bis zu 35 280 Franken beziehungsweise bis zu 20 Prozent des Nettoeinkommens.

Personen, die bei mehreren Arbeitgebern in Teilzeit beschäftigt sind, sollten sich zudem überlegen, ob es nicht möglich wäre, bei einem Arbeitgeber ein grösseres Pensum zu haben. Dies dürfte ihre Vorsorgesituation in vielen Fällen verbessern.

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