Seit fast fünfzig Jahren wird versucht, Laser zur Bekämpfung von Flugkörpern zu entwickeln. Der rasante Fortschritt der Drohnentechnologie gibt den Bemühungen neue Dringlichkeit. Dieses Jahr wurden mehrere Erfolge erzielt.
Drohnen haben durch die gegenwärtigen Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten massiv an Bedeutung gewonnen. Insbesondere gilt dies für Kleindrohnen wie Quadrokopter, die für wenig Geld zu haben sind und weltweit auf dem freien Markt leicht erworben werden können.
Kampfdrohnen geben beim gegenwärtigen Stand der Kriegstechnik dem Angreifer einen klaren Vorteil. Die Abwehr besonders der kleinen, tief fliegenden Drohnen ist schwierig. Bald werden mit der technischen Entwicklung auch Angriffe mit ganzen Schwärmen von miteinander kommunizierenden Drohnen möglich sein, was eine Bekämpfung zusätzlich erschweren wird.
Gerade der Krieg im Nahen Osten zeigt die Schwierigkeiten der Drohnenbekämpfung. Während Israels mehrschichtige Flugabwehr bisher die meisten feindlichen Raketen unschädlich machen konnte, gelang es dem Hizbullah und den Huthi mehrmals, mit Drohnen auf israelisches Territorium vorzudringen und Schaden anzurichten.
Die Abwehr ist wesentlich teurer als der Angriff
Selbst wenn die Abwehr gelang, bedeutete dies, dass in der Regel teure Flugabwehrraketen gegen wesentlich günstigere angreifende Flugkörper eingesetzt werden mussten – was übrigens auch bei der Bekämpfung von Raketen zutrifft. Es wird beispielsweise geschätzt, dass die Kosten zur Abwehr des ersten grossen Angriffs von Iran auf Israel am 13. April rund 1 Milliarde Dollar betrugen, während die Kosten für den Angreifer Iran «nur» bei 80 bis 100 Millionen Dollar lagen.
Diese Situation hat der Entwicklung von Lasern zur Bekämpfung von Flugobjekten Aufschwung gegeben. Seit dem ersten Bau eines Lasers 1960 gab es immer wieder entsprechende Pläne, doch sie entwickelten sich nie bis zur militärischen Einsatzfähigkeit. Inzwischen haben aber grosse international tätige Rüstungsunternehmen ihre Investitionen in diese Forschung beschleunigt. Die amerikanische Regierung setzt jährlich rund eine Milliarde Dollar dafür ein.
Laserwaffen «schiessen» hochkonzentrierte Lichtstrahlen ab, die ihr Ziel intensiv erhitzen. Die Strahlen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, können Metall durchschneiden und Rotoren, Motoren, Elektronik und andere wichtige Teile eines feindlichen Objekts zerstören. Sie sind auch in der Lage, Sensoren und Kameras zu «blenden».
Laserwaffen gelten als besonders vielversprechend für die Abwehr von langsam und tief fliegenden Drohnen. Denn sie brauchen grosse Energiemengen, und der Energieaufwand steigt exponentiell zur Einsatzdistanz. Je weiter das Ziel entfernt ist, umso grösser müssen die zugehörigen Generatoren sein. Wenn der Laser aus taktischen Gründen mobil sein soll, limitiert dies die Einsatzdistanz. Langsame Flugobjekte sind zudem mit dem Laser einfacher zu bekämpfen als schnelle, da der Lichtstrahl einige Sekunden auf dem Zielpunkt verweilen muss, um seine Wirkung zu erzielen.
Kürzliche Erfolge in der Entwicklung
Dieses Jahr wurden gleich von mehreren Ländern Erfolge in der Entwicklung von Laserwaffen gemeldet. Im Januar gelang es den britischen Streitkräften erstmals in einem Testversuch in Schottland, erfolgreich ein Luftziel mit einem «Hochleistungsschuss» einer Laserwaffe anzugreifen. Das britische Verteidigungsministerium hält die genaue Reichweite der Waffe mit dem Namen Dragon-Fire geheim. Es hat aber erklärt, dass die erreichte Präzision einem Treffer einer 1-Pfund-Münze mit einem Durchmesser von 23 Millimetern aus einem Kilometer Entfernung entspreche.
Die Leistung des Lasers beträgt 50 Kilowatt. Die Waffe wurde in ein gepanzertes Fahrzeug eingebaut und gegen Mörsergranaten und Drohnen getestet. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums kostete das «Abfeuern» der Waffe für 10 Sekunden umgerechnet nur rund 12 Dollar. Zum Vergleich: Eine schultergestützte Flugabwehrrakete vom Typ Stinger kostet etwa eine halbe Million Dollar, eine Patriot-Rakete gar mehrere Millionen.
Nach den erfolgreichen Tests gab die britische Regierung im April bekannt, dass Dragon-Fire voraussichtlich deutlich früher als ursprünglich geplant in Dienst genommen werden könne. Statt erst ab 2032 soll die Waffe nun bereits ab 2027 an Bord von Schiffen der Royal Navy zum Einsatz kommen.
Anfang Mai wurde ausserdem bekannt, dass ein amerikanischer Laser im Kampfeinsatz im Nahen Osten mehrere angreifende Drohnen abgeschossen hat. Es handelt sich um das erste bekannte Mal, dass dies mit dieser Technologie unter Gefechtsbedingungen gelungen war. Der genaue Ort und die näheren Umstände werden vom amerikanischen Militär aus Sicherheitsgründen geheim gehalten.
Laut Militärspezialisten handelt es sich bei der Laserwaffe um den Palletized High Energy Laser (P-HEL). Dieser basiert auf dem Locust-Lasersystem der amerikanischen Rüstungsfirma BlueHalo mit einer vergleichsweise geringen Leistung von 20 Kilowatt. P-HEL gilt als besonders zielgenau. Das System ist mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, welche Drohnen erkennt, klassifiziert und darauf basierend Ziele vorgibt. Es ist das am weitesten fortgeschrittene von mehr als 30 Programmen der Amerikaner zur Entwicklung von Laserwaffen.
Auch Israel arbeitet an der Fertigstellung einer Laserwaffe zur Abwehr von Bedrohungen aus der Luft. Der Iron Beam, der von der Rüstungsfirma Rafael mit Unterstützung der israelischen Regierung und der USA entwickelt wird, wurde erstmals 2014 als Prototyp bei einer Flugshow in Singapur vorgestellt. Es handelt sich um einen Hochleistungslaser mit einer Leistung von 100 Kilowatt und einer Einsatzdistanz, die von einigen hundert Metern bis zu 10 Kilometern reichen kann. Er soll dereinst im mehrstufigen israelischen Flugabwehrsystem die kürzesten Distanzen abdecken. Laut Rafael soll er bis Ende nächsten Jahres operationell einsatzfähig sein.
Auch die Laser haben allerdings ihre Beschränkungen. Insbesondere hängt ihre Einsatzfähigkeit vom Wetter ab. Bei schlechter Sicht können die Ziele unter Umständen nicht erfasst werden. Zudem können Regen, Wolken, Staub und Wind den Laserstrahl stören und eine Bekämpfung verunmöglichen. Ausserdem sind die Systeme sehr störungsanfällig. Ihre Wartung hat sich im Feld als schwierig erwiesen. Bei Defekten und Störungen braucht es hochspezialisiertes Personal und heikle Ersatzteile. Gewisse Reparaturen müssen in einem Vakuum ausgeführt werden. Dazu müssen die Systeme zum Hersteller oder in eigens zu errichtende Reparaturzentren zurückgeschoben werden.