Sonntag, Oktober 6

Der Berner Galerist, Auktionator und Kunstexperte Eberhard W. Kornfeld hatte eine der bedeutendsten Schweizer Privatsammlungen der Nachkriegszeit zusammengetragen. Schwerpunkte der Versteigerung bilden Werke berühmter befreundeter Künstler.

Er war Händler. Und das bedeutet im Fall von Eberhard W. Kornfeld nichts Geringeres als die Vermittlung von Kunst. Dieser Rolle kam er als Galerist und Auktionator nach, aber auch als Gelehrter – ja, so darf man ihn bezeichnen: als ein «Scholar-Dealer». Kornfeld verfügte über eine Kennerschaft, derentwegen er für viele als wandelndes Kunstlexikon galt.

Händler als Vermittler bleibt der letztes Jahr in seinem 99. Lebensjahr Verstorbene auch jetzt noch. Kornfeld wünschte sich, dass seine Kunstwerke nach seinem Tod in neue Hände übergehen – um andere Kunstbegeisterte zu erfreuen – und nicht in einem Museumsdepot landen. Denn Kornfeld war nicht nur Händler, sondern auch leidenschaftlicher Sammler.

Einige wenige von ihm ausgewählte und besonders museale Stücke verschenkte er an Museen. Auch seine Kinder durften auslesen, was ihnen besonders gefiel oder ein geliebtes Erinnerungsstück werden sollte. Mitte September bietet die Galerie Kornfeld nun aber rund 50 Preziosen aus Kornfelds privater Schatulle zum Kauf an.

Die Liste der Künstler ist das eine: ein veritables Who’s who der modernen Kunstgeschichte mit Namen wie Picasso, Alberto Giacometti, Cézanne, Chagall, Kirchner, Munch, van Gogh. Das andere ist die Einzigartigkeit der offerierten Werke. Kornfeld sammelte mit dem untrüglichen Auge für das Besondere.

Der Experte

Ein Bild von Paul Cézanne aus seinem Besitz ist eine Landschaftsstudie mit viel Weissraum, beinahe abstrakt und doch ein charakteristischer, ausgereifter Cézanne. Dieses charismatische Werk figuriert nun als die Losnummer 6 der Auktion vom 13. September in Bern und wird auf 1,5 Millionen Franken geschätzt.

Das Bild ist programmatisch für Kornfelds Kunstgeschmack. Es atmet die Leichtigkeit einer Zeichnung. Schwerpunkte in Kornfelds Sammlung bildeten nämlich Arbeiten auf Papier – und dies aus sechs Jahrhunderten. Am Anfang waren es Handzeichnungen und Grafiken alter Meister, dann kamen Arbeiten des 19. Jahrhunderts und der Moderne hinzu.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg vergessene Künstler wie Egon Schiele oder Edward Munch neu entdeckt wurden, war Kornfeld ganz vorne mit dabei. Er erwarb für seine eigene Sammlung hervorragende Blätter, die nun zum Aufruf gelangen: darunter ein Selbstporträts Schieles als Akt oder Munchs berühmte «Madonna – Liebendes Weib». Hinzu kommt eine vorzügliche Auswahl an Aquarellen auf Papier von Paul Klee, die alle je auf eine Million Franken geschätzt sind.

In der Domäne der Kunst auf Papier galt der Patron des stattlichen Berner Auktionshauses an der Laupenstrasse als wahrer Connaisseur. Durch seine Hände gingen Abertausende von Arbeiten, die er nicht nur vermittelte, sondern auch für epochale Werkkataloge – etwa zu Marc Chagall, Max Beckmann, Käthe Kollwitz – begutachtete und studierte.

Das Rüstzeug dazu erarbeitete sich Kornfeld sozusagen autodidaktisch. Nach einer kaufmännischen Grundausbildung trat er 1945 als Volontär in die Dienste des renommierten Grafikhändlers August Klipstein in Bern. In den freien Sommermonaten besuchte er unermüdlich die Kupferstichkabinette in Basel, Paris, London oder Amsterdam.

Nur wenige Jahre nach dem überraschenden Tod seines Mentors 1951 wurde Kornfeld Geschäftsführer, erwarb in der Folge sukzessive die Mehrheit und baute das Geschäft schliesslich ab 1972 unter seinem eigenen Namen und mit seinem Gespür für Kunst und Markt zu einem Auktionshaus mit internationalem Renommee aus.

Der Künstlerfreund

Kornfeld war als Kunstvermittler vor allem auch vielen berühmten Künstlern ein Freund und Vertrauter. «Die Basis des Kunsthandels ist natürlich die Liebe zur Kunst. Und so möchte man auch die Figuren kennenlernen, für die man eintritt, für die man begeistert ist», hat Kornfeld einmal gesagt. Er pflegte Freundschaften mit Marc Chagall, Sam Francis, Alberto und Diego Giacometti oder Pablo Picasso.

Von diesen erwarb er immer wieder Werke oder erhielt solche geschenkt. Von Giacometti gelangt nun unter anderem das Gemälde mit der Ansicht des Pariser Ateliers mit einer Schätzung von 6 Millionen Franken zum Aufruf. Von Sam Francis wird eine Abstraktion in Blau mit dem Titel «Paris Summer» für 3 Millionen offeriert.

Eberhard Kornfelds Spezialgebiet und Steckenpferd war Ernst Ludwig Kirchner. Mit Kornfelds finanzieller Unterstützung konnten Kirchners Häuser und Alphütten in Davos denkmalpflegerisch erhalten werden. Massgeblich auf Kornfelds Initiative geht auch die Gründung des Kirchner-Museums in Davos zurück. Kornfelds «Opus magnum» zu Kirchner gilt heute als Standardwerk. Er selber besass eine der umfangreichsten Kirchner-Sammlungen. Auch davon werden nun in einer separaten Auktion rund 40 ausgewählte Arbeiten angeboten.

«Meisterwerke aus der Sammlung Eberhart W. Kornfeld», 13. September, 13.30 Uhr; «Ernst Ludwig Kirchner aus der Sammlung Eberhart W. Kornfeld», 13. September, 10.30 Uhr, Galerie Kornfeld, Laupenstrasse 41, Bern.

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