Montag, Januar 20

Der 17-jährige Henry Bernet nimmt am Australian Open am Nachwuchsturnier teil, Fachleute trauen ihm Grosses zu. Er spielt wie Roger Federer eine einhändige Rückhand und mit derselben Schlägermarke.

Wie zuletzt immer Jannik Sinner oder Carlos Alcaraz? Endlich einmal Alexander Zverev? Oder letztlich doch zum elften Mal Novak Djokovic? Das Australian Open geht mit Beginn der zweiten Turnierwoche in seine entscheidende Phase. Bei den Frauen ist mit Belinda Bencic die letzte Schweizerin in der Nacht auf Sonntag gegen die Weltranglistendritte Coco Gauff ausgeschieden.

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Während sich in den Hauptturnieren der Elite die Spreu vom Weizen zu trennen beginnt und sich die Reihen der Titelkandidaten zusehends lichten, haben auf den Aussenplätzen der riesigen Anlage im Melbourne Park die Turniere der Juniorinnen und Junioren angefangen. Für die Schweiz dabei sind da in diesem Jahr Henry Bernet, Flynn Thomas und Nikola Djosic. Bei den Mädchen ist keine Schweizerin am Start.

Bernet und Thomas gelten als grosse Nachwuchstalente des Schweizer Tennis. Die beiden treten immer wieder auch gemeinsam im Doppel an, in der kommenden Woche am Australian Open.

Der Schweizer Sportartikelhersteller On stellt Bernet als einen seiner neuen Vertragsathleten vor

Der Fokus des Interesses liegt im Moment auf Bernet. Der 17-Jährige weckt auch wegen seiner Wurzeln Hoffnungen. Er ist Basler und wie sein Vorbild Roger Federer im Old Boys Club gross geworden. Seine Tante ist Präsidentin des Vereins, der in der Stadt Basel nicht nur wegen Federer eine Institution ist. Auf der Anlage am St.-Galler-Ring 225 reifte auch Marco Chiudinelli zu einem Top-Spieler.

Unterdessen aber weckt Bernet noch andere Assoziationen zu Federer. In der vergangenen Woche stellte ihn der Schweizer Sportartikelhersteller On als einen seiner neuen Vertragsathleten vor. Seit 2019 ist Federer Mitbesitzer und Markenbotschafter der Firma, die vor allem durch ihre innovativen Laufschuhe bekannt geworden ist, mittlerweile aber auch in Ballsportarten Fuss fasst. Es befinden sich immer mehr Tennisspieler im Portfolio des Ausrüsters.

Bernet kann mit den grossen Schuhen, in die er treten soll, durchaus umgehen. «Ich setze mich nicht unter Druck. Roger ist Roger. Der Vergleich mit ihm ehrt mich. Aber ich bin mir bewusst, dass man von einer Karriere wie jener, die er gehabt hat, allenfalls träumen kann.» Bernet spielt wie Federer eine einhändige Rückhand und mit derselben Schlägermarke (Wilson). Das allein macht ihn jedoch nicht zum nächsten Federer.

Bernet hat sein Vorbild im vergangenen Spätsommer am Rande des US Open bei einem Anlass seines Schlägerproduzenten erstmals getroffen. Bernet erzählt: «Wir haben uns damals kurz ausgetauscht. Roger wusste, dass ich in Biel bei Swiss Tennis trainiere. Er wollte vor allem wissen, mit wem ich dort arbeite. Ich hoffe, dass ich bald einmal mit ihm auf dem Platz stehen kann.»

Am Australian Open wird Bernet wie die anderen Schweizer Junioren von Kai Stentenbach begleitet. Nach Bernets Rückkehr in die Schweiz werden dann Sven Swinnen und der Athletiktrainer Beni Linder die Betreuung übernehmen. Wochenweise soll er auch mit Federers ehemaligem Coach Severin Lüthi zusammenarbeiten.

Bernet steht gerade am Scheitelpunkt zwischen Nachwuchs- und Elite-Tennis. Im vergangenen Herbst warf er an den Swiss Indoors einen ersten Blick ins professionelle Tennis: In der ersten Qualifikationsrunde hatte er den ehemaligen italienischen Spitzenspieler Fabio Fognini (damals ATP 76) mit 6:3, 7:6 besiegt und sein grosses Potenzial mehr als angedeutet. Marco Chiudinelli, der das Turnier als Co-Kommentator fürs Schweizer Fernsehen nah verfolgt hatte, sagte danach, im Alter von Bernet sei er viel weniger weit gewesen.

Bernet hat die Swiss Indoors seit frühen Jahren regelmässig verfolgt. Er sagt, bis in einem Jahr hoffe er, so weit zu sein, um regelmässig an Turnieren der Challenger-Tour, die der zweithöchsten Kategorie innerhalb der ATP entspricht, teilnehmen zu können.

Spross einer tennisbegeisterten Familie

Basel war für ihn eine aussergewöhnliche Erfahrung. «Man wird an diesen Turnieren als Spieler ganz anders wahrgenommen», sagte Bernet, «der Auftritt in Basel war für mich aber auch speziell, weil das Turnier praktisch vor meiner Haustüre stattfindet.»

Balljunge wie Federer war er dort allerdings nie. Bernet bewarb sich zwar zweimal dafür, doch einmal verpasste er den Anmeldeschluss knapp, beim zweiten Anlauf war er bereits zu alt. Seine Schwester hingegen sammelte tatsächlich einst Bälle für die Stars auf dem Court ein.

Henry Bernet stammt aus einer Tennisfamilie. So begann er mit dem Sport, um seinem älteren Bruder nachzueifern. «Ich wollte alles machen, was auch er macht. Gegen ihn feierte ich in Frenkendorf meinen ersten Sieg an einem Turnier von Swiss Tennis.»

In diesen Tagen nun taucht Henry Bernet in die grosse Tennisszene ein. Seinen ersten Match im Juniorenturnier von Melbourne hat er gewonnen. Die Erwartungen an ihn sind hoch. «Ich denke, dass ich gute Chancen habe, weit zu kommen. Der älteste Jahrgang ist weg, deshalb werde ich gesetzt sein. Die Viertel- oder sogar die Halbfinals würde ich schon gerne erreichen. Möglicherweise komme ich sogar weiter.» Die ersten lehrreichen Erfahrungen, die er down under machte, waren jene mit der Hitze und der aggressiven Sonne; trotz Sonnenschutz verbrannte er sich die Nase.

Bernet sagt, er träume davon, in die Top 100 zu kommen, vom Tennis leben und an den grossen Turnieren mitspielen zu können. Mit bald 18 Jahren liegt die Zukunft vor ihm.

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