Samstag, Oktober 19

Konteradmiral Katsuya Yamamoto hält es für gefährlich, dass es zwischen den Seestreitkräften Japans und Taiwans keine direkten Kommunikationskanäle gibt. Dies könne China in die Hände spielen.

Herr Admiral Yamamoto, warum ist Taiwan strategisch wichtig für Japan?

Als Inselnation sind wir über die Ozeane mit dem Rest der Welt verbunden. Für uns ist es überlebenswichtig, dass die Seewege offen sind für die Schifffahrt. China versucht dies mit seinen Aktivitäten im Südchinesischen Meer, in der Taiwanstrasse und im Ostchinesischen Meer einzuschränken.

Was würde es für Japan bedeuten, wenn China Taiwan erobern würde?

Die Seestrasse zwischen China und Taiwan ist ein wichtiger Seeweg für uns, insbesondere für die Tanker, welche Öl und Gas nach Japan bringen. Wenn China Taiwan erobern würde, könnte es die Gewässer rund um die Insel kontrollieren. Zusätzlich hätte die chinesische Marine mit ihren U-Booten von der Ostküste Taiwans aus einen direkten Zugang in den Pazifik. Der ist dort sehr tief, und Chinas U-Boote wären dort viel schwieriger zu orten als in der Taiwanstrasse oder im Südchinesischen Meer, die relativ seicht sind.

Welche Auswirkungen hätte ein militärischer Konflikt um Taiwan für Japan?

China behauptet immer, Taiwan sei seine interne Angelegenheit. Doch bei einem Angriff wäre Japan schnell betroffen: Japans südwestlichste Insel Yonaguni liegt nur etwa hundert Kilometer von Taiwan entfernt. Chinesische Raketen würden mit hoher Wahrscheinlichkeit in unseren Gewässern einschlagen. Dazu kommt, dass bei einem Krieg um Taiwan die Versicherungsprämien für die zivile Schifffahrt in der Region in die Höhe schnellen würden. Das träfe unsere Wirtschaft hart.

Zur Person

PD

Katsuya Yamamoto, pensionierter Konteradmiral

Katsuya Yamamoto ist Sicherheitsexperte bei der japanischen Denkfabrik Sasakawa Peace Foundation. Während seiner Karriere bei den maritimen Selbstverteidigungsstreitkräften, die er im Rang eines Konteradmirals beendete, kommandierte Yamamoto unter anderem einen Zerstörer und war als Militärattaché in China stationiert.

Wie bereitet sich Japan militärisch auf ein solches Szenario vor?

Zuerst einmal müssen wir unsere eigene Verteidigung stärken. Wir müssen Inseln wie Yonaguni oder Senkaku, welche China für sich beansprucht, verteidigen können. Ich gehe mit 99-prozentiger Sicherheit davon aus, dass die USA Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs militärisch zu Hilfe eilen würden. Damit werden die amerikanischen Militärbasen in Japan zu Frontpositionen. Japan hat sich verpflichtet, den amerikanischen Truppen in Japan beizustehen. Ein chinesischer Angriff auf Taiwan ist also automatisch ein militärischer Ernstfall für Japan.

Japan hat keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Und damit gibt es auch keine direkte Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der beiden Seiten. Ist das ein Problem?

Ja. Taiwan beansprucht ja auch die Senkaku-Inseln. Taiwanische wie japanische Fischer fischen dort. Damit ist die Gegend für Taiwan und Japan von nationalem Interesse. Unsere Küstenwachen, unsere Marinen sind dort im Einsatz. Wenn sie auf See aufeinandertreffen, kann es zu Missverständnissen und Zusammenstössen kommen . . .

. . . aber es gibt doch internationale Regeln, wie jene zur Verhinderung von Zusammenstössen auf See.

Ja, sicher. Aber selbst wenn sich die Schiffe der beiden Seiten anfunken, geht es nur um Navigation. Wir wissen nicht, welche Absichten die andere Seite hat. Dazu würde es vertrauliche, direkte Kanäle brauchen. Auf Distanz kann es auch schwierig sein, ein taiwanisches Kriegsschiff von einem chinesischen zu unterscheiden. Das ist ein grosses Problem. Jetzt, wo Taiwan U-Boote baut, wird dieses nur noch grösser.

Im Moment wird das erste U-Boot im Hafen getestet. Warum soll das problematisch sein?

Bereits die Erprobungsfahrten auf See werden vor der Ostküste Taiwans stattfinden, wo das Wasser tief ist. Dort sind auch unsere U-Boote unterwegs. Wie sollen wir wissen, ob ein U-Boot ein taiwanisches oder ein chinesisches ist? Wenn wir keine Absprache mit der taiwanischen Seite haben, kann es sogar sein, dass wir den Chinesen unabsichtlich verraten, wo sich ein taiwanisches U-Boot befindet . . .

Wie ist das möglich?

Wenn eines unserer Seeaufklärungsflugzeuge bei der Suche nach unbekannten U-Booten ein Signal entdeckt, dann kreist es über der entsprechenden Stelle, um mehr herauszufinden. Gut möglich, dass uns die chinesischen Streitkräfte dabei beobachten, etwa per Satellit. Sie wissen, ob sich dort ein chinesisches U-Boot befindet – falls nicht, können sie aus unseren Aktivitäten schliessen, dass es ein taiwanisches sein muss.

Könnte das nicht auch mit einem amerikanischen U-Boot passieren?

Im Rahmen der Sicherheitsallianz mit den USA findet eine enge Koordination zwischen den maritimen Selbstverteidigungsstreitkräften Japans und der US Navy statt.

Wäre es denn nicht möglich, auch ohne eine Allianz direkte Kommunikationskanäle zwischen japanischen und taiwanischen Streitkräften aufzubauen?

Das ist politisch heikel. Allerdings gibt es seit diesem Sommer eine Zusammenarbeit zwischen der taiwanischen und der japanischen Küstenwache, etwa bei der Seenotrettung. Die Einsatzgebiete der taiwanischen und der japanischen Küstenwachen überlappen sich teilweise.

Könnte dies ein erster Schritt zu einer Kooperation zwischen den Marinen sein?

Ich hoffe es.

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