Als einziges Land in Mitteleuropa will die Schweiz die bewährte UKW-Technik verbieten. Medienminister Albert Rösti muss diesen Unsinn stoppen.

Es ist die wohl grösste Kundenvertreibung der Schweizer Mediengeschichte. Am 31. Dezember 2024 um Punkt Mitternacht hat die SRG alle ihre 2000 UKW-Sender abgeschaltet – und damit auf einen Schlag Hunderttausende Radiohörer verloren. Diese Tendenz zeichnete sich schon Mitte Januar ab, als erste konkrete Zahlen veröffentlicht wurden. Damals wies die SRG diese empört zurück. Solche Daten seien nicht belastbar und damit unseriös. Erst nach drei Monaten könne man festhalten, wie sich der Verzicht auf UKW auswirken werde.

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Doch die nun für das erste Quartal vorgelegten offiziellen Zahlen zeigen genau dasselbe Bild wie im angeblich so aussageschwachen Januar. So hat Radio SRF 1 von seinen früheren 1 090 000 Hörern pro Tag rund 240 000 verloren, also über 22 Prozent. Noch heftiger hat es SRF 3 erwischt, wo der Rückgang gar bei 25,6 Prozent liegt. Einigermassen gut hielt sich hingegen SRF 2 mit einem Verlust von 5,9 Prozent. Dies allerdings auf sehr tiefem Niveau von nur 133 000 täglichen Hörern.

Ausländische Sender profitieren

Insgesamt verzeichnen die drei grossen SRF-Sender also jeden Tag 470 000 Hörer weniger als vor der Abschaltung der UKW-Sender. Noch grösser ist der Rückgang in den anderen Sprachregionen: In der Westschweiz beträgt er 25 Prozent, im Tessin gar 29 Prozent. Der Kommentar der SRG lautet diesmal: Man gehe «weiterhin davon aus, dass sich die Nutzungszahlen mit der fortschreitenden Digitalisierung erholen werden».

Doch das ist Wunschdenken. Denn parallel zu den SRG-Verlusten sind nicht nur die Hörerzahlen der privaten Schweizer Sender massiv angestiegen. Ähnlich viele der SRG-Vertriebenen haben auf ausländische Stationen gewechselt. Auch deshalb, weil diese nach der mutwilligen Freigabe der international koordinierten Schweizer UKW-Frequenzen überall um einiges besser empfangbar sind als je zuvor.

In einer Zeit, in der alle Medien gegen Aufmerksamkeitsverluste kämpfen, ist der Verzicht der SRG auf UKW umso fragwürdiger. Man könne Kosten sparen, lässt man von dort verlauten, pro Jahr seien es 15 Millionen Franken. Diese Zahl wurde jedoch nie detailliert belegt. Zudem hat die SRG-Chefetage einen internen Plan verworfen, der vorsah, rund 90 Prozent der Bevölkerung mit einigen Höhenstandorten weiterhin mit UKW zu versorgen, zu viel tieferen Kosten.

SRG ist Opfer der eigenen «Fake News»

Entscheidend ist: Seit Jahrzehnten war die SRG gemeinsam mit dem Bundesamt für Kommunikation Hauptpromotor von DAB+. Einer Übertragungstechnologie, die die angestrebten Ziele nie auch nur annäherungsweise erreicht hat. Nun versucht man im Nachhinein, diesen teuren Fehlentscheid zu rechtfertigen, indem man UKW abschaltet – und macht damit einen zweiten, noch grösseren Fehler.

Womöglich ist man das Opfer der eigenen «Fake News» geworden. So hat die SRG im Vorfeld immer wieder behauptet, der «ausschliessliche UKW-Konsum» liege nur noch bei 10 Prozent. UKW sei damit ein unbedeutendes Auslaufmodell. Aber diese Zahl über die «ausschliessliche Nutzung» war irreführend. Entscheidend ist die gesamte UKW-Nutzung, die immer noch bei 25 Prozent liegt. Im Auto haben sogar 40 Prozent der Radiohörer keinen DAB+-Empfänger.

Dass die SRG ohne Not Hunderttausende von Gebührenzahlern ausschliesst oder dazu zwingt, neue Radiogeräte zu kaufen, um selbst ein paar Millionen Franken zu sparen, hat auch eine politische Dimension. Als Service-public-Anstalt hat die SRG gemäss Konzession nicht nur die Pflicht zu senden. Sie muss auch dafür sorgen, dass ihre Programme empfangen werden können. Wenn sie diese Aufgabe vernachlässigt, beschädigt sie ihre Raison d’être als Gebührenmonopolistin. Im politisch zunehmend aufgeheizten Klima um die Halbierungsinitiative liefert sie ihren Gegnern zusätzliche Argumente.

Die SRG hat mehrfach behauptet, die frühzeitige Abschaltung von UKW per Ende 2024 sei von der gesamten Radiobranche beschlossen worden. Das ist unwahr. Es war die SRG-Chefetage, die dies im Alleingang verfügt hat. Bisher hat kein einziger Privatsender UKW abgeschaltet – und sie sind froh darüber. Die Entwicklung der letzten Monate mit massiven Hörergewinnen von etwa 20 Prozent zeigt, dass man richtig gelegen ist.

Doch Ende 2026 soll UKW gemäss aktueller Planung in der ganzen Schweiz verboten werden – als einzigem Land in Mitteleuropa. Nach den jüngsten Erfahrungen würde dies zu massiven Hörerverlusten auch bei den privaten Sendern führen, von denen die meisten – anders als die SRG – allein von der Reichweite und der Radiowerbung leben. Dies würde die ganze Branche in Schieflage bringen. Besonders dramatisch wäre die Situation in der Westschweiz und im Tessin, wo sich die ausländischen Stationen im leergefegten Frequenzband noch weiter ausbreiten könnten als heute.

All dies wäre wohl kaum im Interesse einer sinnvollen Schweizer Medienpolitik, die ja nur wenige Möglichkeiten besitzt, um die Schwächung der wichtigsten einheimischen Medienunternehmen abzufedern. UKW ist keine Droge, die man verbieten muss, sondern eine bewährte, qualitativ hochstehende und die weltweit am meisten genutzte Radiotechnologie.

Wenn die SRG-Führung Kosten sparen will, so sei ihr dies unbenommen. Wenn aber die Privaten bereit sind, ihre UKW-Sender weiter zu betreiben und zu finanzieren, sollte ihnen dies nicht verboten werden. Dies ist im Interesse ihres Mediums und ihrer Hörer. Diese wollen nicht Millionen von tadellos funktionierenden Radioempfängern als Elektroschrott ausmustern.

Roger Schawinski hat in der Schweiz den ersten privaten Sender Radio 24 gegründet. Heute ist er Geschäftsführer von Radio 1.

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