Mittwoch, April 30

Moderne Bräute kaufen ihr Kleid heute nicht mehr zwingend in einer Hochzeitsboutique, sondern wählen ein Kleid aus regulären Kollektionen von Luxushäusern oder Premiummarken. Ums Sparen geht es dabei nicht.

Die Hochzeit fand im intimen Kreis und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am vergangenen Ostersonntag gaben sich die Schauspielerin Kristen Stewart und ihre Partnerin, die Drehbuchautorin Dylan Meyer, in einem mexikanischen Restaurant in Los Angeles das Jawort. Erst Tage später veröffentlichte Meyer zwei Fotos der Zeremonie auf ihrem Instagram-Account. Sie zeigen das Paar im Moment des Hochzeitskusses, lachend und glücklich.

Während Stewart ein graues Ensemble aus einer kurzen Jacke und einem passenden Minirock trug, sah man Meyer in einem crèmefarbenen, kurzen Kleid bestehend aus einer transparenten Bluse und einem Satinrock. Details zu den Labels hinter den Looks gibt es bis jetzt nicht, doch beide sahen nicht gerade nach massgeschneiderten Märchenroben aus, wie sie das (oft sehr amerikanisch geprägte) Klischee vorgibt.

Von Kristen Stewart, die sich eher burschikos gibt und auf dem roten Teppich in Cannes auch schon einmal symbolträchtig ihre Highheels ablegte, würde man ohnehin nicht erwarten, dass sie im Spitzenkleid mit Schleier und Schleppe zum Altar spaziert. Doch der Auftritt des Celebrity-Paares reflektiert einen grösseren Trend auf dem Markt für Brautmode: Frauen suchen für ihre Hochzeit nicht mehr nur nach klassischen, üppigen Roben von spezialisierten Herstellern, die ausschliesslich für den «schönsten Tag des Lebens» gedacht sind und die man daher nur einmal tragen kann.

Vielmehr sind moderne Bräute offener für Looks von der Stange, die offiziell nicht zur Brautmode gezählt werden, aber trotzdem für die Kundin gut zum Event passen. Weil es sich schlicht um ein schönes weisses Kleid handelt, aber auch weil es ihre Persönlichkeit und ihren Stil besser reflektiert als die Zuckerwattenberge aus dem Brautmodengeschäft.

Die perfekten Hochzeitstage

Social Media hat dazu geführt, dass Menschen professionelle Fotos oder Schnappschüsse von der Feier mit allen teilen können und dementsprechend darauf achten, dass wirklich jedes Detail perfekt inszeniert ist. Oft wird zudem nicht nur an einem Tag gefeiert: Neben der grossen Party laden Paare oft noch zur standesamtlichen Trauung ein, es gibt Junggesellenabschiede, Rehearsal-Dinners am Abend zuvor oder Destination-Weddings an besonderen Locations, für die sich die Gäste gleich ein langes Wochenende freihalten müssen.

Wie Menschen heiraten, wird vielfältiger und richtet sich weniger nach althergebrachten Traditionen und Regeln. Und das spiegelt sich auch in der Wahl des Brautkleides wider. Anstatt in eine klassische Brautmodenboutique zu gehen, in der das Angebot oft einem altbekannten Rezept folgt – Robe mit langem, weitem Rock, Bustier, Spitze, Puffärmel, Schleier und so weiter –, informieren sich Frauen auf Social Media und in Online-Shops mit «normaler» Ready-to-wear-Mode, ob sie nicht dort einen coolen weissen Look finden, der zu ihrem Geschmack passt.

Immer mehr Designer lancieren Brautmodelinien

Umgekehrt reagieren die Labels auch auf diesen Trend. «Alles kann ein Hochzeits-Outfit sein», sagte die New Yorker Modedesignerin Hillary Taymour, Chefin des Labels Collina Strada, der Modeplattform «Business of Fashion». Taymours rüschige Kleider aus rezyklierten Stoffen sind in erster Linie nicht als Brautkleider gedacht, wurden aber schon oft so getragen, so dass die Designerin inzwischen eine Brautmodelinie herausgebracht hat.

Das Gleiche hat der Franzose Simon Porte Jacquemus getan und auch der australische Designer Christopher Esber, bekannt für körperbetonte Looks mit vielen Cut-outs. Seit diesem Jahr gibt es in Esbers Online-Shop Brautkleider zu kaufen. Andere Ready-to-wear-Labels, die auf Instagram immer wieder im Hochzeitskontext auftauchen, sind Khaite, The Row, Cecilie Bahnsen oder Sandy Liang. Während die zwei erstgenannten Labels etwas für coole Minimalistinnen bieten, stehen Bahnsen und Liang für romantischere Entwürfe mit Puffärmeln, Schleifen und schimmernden Stoffen.

Brautkleid von der Stange

Früher dominierte oft das «Bridezilla»-Klischee den Diskurs rund um Brautmode, das Image einer verzweifelten Braut, die Jahre vor dem Hochzeitstermin auf Kleidersuche geht, um das perfekte «grosse Weisse» zu finden. Inzwischen, so scheint es, gehen junge Frauen das Thema lässiger an. Auch, weil andere Werte an Bedeutung gewonnen haben: Kann ein Kleid mehrmals getragen werden? Muss es brandneu sein, oder findet sich auch ein tolles Vintage-Modell? Nicht alle Frauen haben die Zeit, Lust oder das Budget, monatelang durch Brautmodengeschäfte zu stöbern oder lange im Voraus ein massgeschneidertes Stück in Auftrag zu geben.

«Bräute haben realisiert, dass auch ein lässiges weisses Kleid oder sogar ein zweiteiliges Ensemble als Brautmode durchgehen kann. Dadurch kaufen sie mehr von der Stange und suchen dabei gezielt nach Designern, die etwas Elegantes anbieten, das man aber auch nach der Hochzeit noch tragen kann», sagte Katie Benson, damals Global Head of Buying der Shopping-Plattform The Outnet und heute Chief Merchant bei Harvey Nichols, der australischen «Vogue».

Die Tatsache, dass Online-Shops wie Net-a-Porter oder Ssense inzwischen Brautmode als Kategorie eingeführt haben, deutet darauf hin, dass ihre Kundinnen nach hochzeitstauglichen Looks suchen, und zwar bei den jungen Labels, die ihnen gefallen. So hat Ssense inzwischen schon das dritte Jahr in Folge Designer wie Simone Rocha oder Issey Miyake beauftragt, weisse Kleider für eine «Bridal Capsule Collection» zu entwerfen.

Auch die sind nicht günstig, sondern kosten das, was ein Ready-to-wear-Kleid einer Designermarke heute eben so kostet. Also meist mehrere tausend Schweizerfranken. Doch ums Sparen geht es bei dem Trend eher weniger, vielmehr geht es um den perfekten Look.

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