Mittwoch, April 30

Der Täter fertigte einen detaillierten Plan mit Skizzen und Bildern an, beschaffte Waffen und Material. Nun stand er vor Gericht.

Ein heute 23-jähriger Franzose fasste irgendwann den Entschluss, einen in Zürich lebenden, heute 31-jährigen Afghanen zu töten. Er hatte mit seiner Schwester telefoniert und ging davon aus, dass diese von dem Afghanen vergewaltigt worden war. Gemäss Anklage wollte er seine Schwester rächen, um «die Familienehre wieder herzustellen». Im August 2024 verfasste er einen detaillierten Tatplan.

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Dieser umfasste die Beschreibung des konkreten Vorgehens, sechs Fotos mit eingezeichneten Wegen und Beschriftungen und einen separaten Instruktionsplan für einen Fahrer, den der Beschuldigte extra für die Fahrt nach Zürich anheuerte. Der Beschuldigte war Soldat, der bis dahin ein Jahr und drei Monate in der französischen Armee gedient hatte und Offiziersanwärter war. Er beschriftete die beiden Pläne nach militärischen Gepflogenheiten mit «Operational Environment – Hunter» und «Operational Environment – Driver»

Gemäss seinem Plan wollte der Franzose den Afghanen mit mindestens fünf Messerstichen in den Hals und den Nacken töten. Für die Eliminierung sollten auch Handschuhe und Schlagringe verwendet werden. Der Tod sollte durch Fotos der Leiche dokumentiert werden.

Zwei Messer, Schlagringe und Hammer mitgenommen

Gleich vorneweg: Ob tatsächlich eine Vergewaltigung stattgefunden hat, blieb am Prozess gegen den Franzosen vor Bezirksgericht Zürich unklar. Gegen den Afghanen wurde ein entsprechendes Strafverfahren eingeleitet, das inzwischen zu einer Anklageerhebung geführt hat. Im Oktober soll der Prozess gegen den Afghanen – ebenfalls vor Bezirksgericht Zürich – stattfinden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Franzose beschaffte sich bei seiner Schwester den Namen und Vornamen des Afghanen, ein Foto, die Wohnadresse und die Grundrisse der Wohnung und des Gebäudes mit der Zahl der Stockwerke. Über seinen Computer recherchierte er auch über Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangszeiten in Zürich und die Arbeitszeiten seines Opfers.

Mit verschiedenen Farben zeichnete der Soldat auf den Fotos Wege und Fluchtwege ein. Im Internet suchte er zudem nach Plänen, wie die CIA ihre Zielpersonen ermordet, oder nach Informationen zur Effektivität von Schlagringen. In einem Brief schrieb der Beschuldigte auf Französisch unter anderem: «Der Typ hat nicht einmal Eier gehabt, um auf meine Nachrichten zu antworten, obwohl er meine Schwester flachgelegt hat. Ich werde ihm also seinen Schädel hochgehen lassen.»

Er packte zwei Messer, zwei Schlagringe, einen Hammer zum Aufbrechen der Wohnungstüre, eine Sturmmaske, vier Paar Handschuhe, Klebeband, Kabelbinder, Tarnfarbe, eine Zigarre und weiteres Material ein und liess sich am 10. September 2024 durch den angeheuerten Fahrer von Paris nach Zürich chauffieren. Sturmmaske und Zigarre seien nur «symbolisch» gewesen, um ihm mehr Sicherheit zu geben, übersetzt der Dolmetscher vor Gericht Aussagen des Franzosen.

Um 16 Uhr traf er am Wohnort seines Opfers ein, kundschaftete die Umgebung aus und verschaffte sich Zutritt zur Liegenschaft: Er gaukelte einem Anwohner vor, er wohne selber dort und habe seine Schlüssel vergessen. Auf den Türspion schmierte er Tarnfarbe, damit er von innen nicht gesehen werden konnte. Dann wartete er sechs Stunden lang im Treppenhaus auf den Afghanen, der nicht zu Hause war.

3 Jahre Freiheitsstrafe und 8 Jahre Landesverweis

Während der Wartezeit zerschnitt er die Fussmatte des Afghanen – um diesem Angst einzujagen, wie er am Prozess vor Bezirksgericht Zürich begründet. Als der Afghane nach Hause gekommen sei, habe er mit ihm gesprochen. Der Afghane habe gesagt, er müsse noch kurz duschen und komme dann mit ihm mit in eine Bar, um etwas zusammen zu trinken. Dann ging der Afghane in seine Wohnung und verständigte dort die Polizei. Der Franzose wurde verhaftet und sitzt seither im Gefängnis.

Vor Bezirksgericht Zürich bekräftigt der Beschuldigte, dass er zu diesem Zeitpunkt den Afghanen gar nicht mehr habe töten wollen. Er habe zuvor mit seinem Vater darüber gesprochen. Er sei nur nach Zürich gefahren, um ihn zu konfrontieren und seine Version des Vorfalls zu erfahren. Seine Schwester habe heiraten wollen, und ihr ganzes Leben sei kaputtgegangen. Auf eine entsprechende Richterfrage erklärt der Beschuldigte, sollte der Afghane vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen werden, werde er das akzeptieren.

Der Beschuldigte ist vollumfänglich geständig und bittet den Schweizer Staat um Entschuldigung. Staatsanwalt und Verteidigung haben sich im Vorfeld auf ein abgekürztes Verfahren geeinigt: Der 23-jährige Franzose soll wegen strafbarer Vorbereitungshandlungen zur vorsätzlichen Tötung, Vergehen gegen das Waffengesetz und geringfügiger Sachbeschädigung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren, 300 Franken Busse und 8 Jahren Landesverweis verurteilt werden.

Der Beschuldigte, der keinerlei Beziehungen zur Schweiz hat, erklärt, er würde auch 20 Jahre Landesverweis akzeptieren und sei mit dem Strafmass einverstanden. 6 Monate, die er bereits abgesessen hat, sollen unbedingt ausgesprochen werden, die restlichen 30 Monate bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren.

Das Bezirksgericht Zürich erhebt den Urteilsvorschlag zum Urteil. Der Beschuldigte muss zusätzlich rund 6000 Franken Untersuchungs- und Gerichtskosten bezahlen. Zudem wird ein 5-jähriges Kontakt- und Rayonverbot in Bezug auf das Opfer ausgesprochen. Er wird sofort aus der Haft entlassen, da er bereits 233 Tage abgesessen hat. Sein Vater ist zum Prozess nach Zürich gereist und nimmt ihn in Empfang.

Der vorsitzende Richter hält in der Urteilsbegründung fest, dass der Beschuldigte mit seinem eindrücklichen Plan ein fähiger Soldat zu sein scheine. Er habe das Wissen der Armee aufgenommen, müsse nun aber auch deren Werte verinnerlichen. Diese seien nicht nur Mut und Disziplin, sondern auch Respekt, Integrität und dass Selbstjustiz keine Lösung sei. Ein Wert der Armee sei auch, dass man sich an Regeln halte, auch an Regeln der Justiz. Man nehme den Beschuldigten beim Wort, dass er es nun verstanden habe.

Urteil DH250025 vom 30. 4. 2025, abgekürztes Verfahren.

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