Montag, Oktober 7

Seit 37 Jahren setzt sich Fernando Trujillo für den Schutz des Amazonasdelfins und des Flusssystems, in dem dieser zu Hause ist, ein. Dafür wurde der kolumbianische Meeresbiologe nun zum «Rolex National Geographic Explorer of the Year 2024» ernannt.

Im Vergleich zum riesigen Amazonasregenwald wurden die rund 7000 Kilometer langen Wasserwege des namensgebenden Stroms von der Wissenschaft lange vernachlässigt. Dies hat sich in den vergangenen Jahren geändert: Ökologen, Klimatologen, Kartografen, Geologen und Naturschützer erforschen unterschiedliche Abschnitte des Stroms, um Aufschluss über dessen Besonderheiten zu erhalten. Ein Pionier unter diesen Forschern ist der kolumbianische Meeresbiologe Fernando Trujillo (56), der für seine Arbeit zum Schutz der Amazonasdelfine und deren Lebensräume Mitte Mai als «Rolex National Geographic Explorer of the Year 2024» ausgezeichnet wurde.

Um den Bestand der bedrohten rosa Flussdelfine zu sichern, arbeitet Trujillo, der als 19-Jähriger erstmal im Amazonasgebiet war, mit den lokalen Gemeinschaften zusammen. Sein Ziel ist, eine friedliche Koexistenz zwischen Menschen und den Delfinen zu ermöglichen, weil diese oft als Konkurrenz für die lokale Fischerei betrachtet werden.

Vom Aussterben bedroht

Das letzte Jahr hat Fernando Trujillo damit verbracht, die Süsswasserdelfine des Amazonas auf ihrem Weg entlang der Nebenflüsse durch Brasilien, Kolumbien, Ecuador und Peru zu untersuchen. «Wenn man mehr über die Delfinpopulationen, ihre Bewegungen und ihren Gesundheitszustand erfährt, erfährt man auch mehr über die Wasserwege und Fischarten des Amazonas und ihre Auswirkung auf die Millionen von Menschen, die von ihnen abhängig sind», erklärt der Meeresbiologe. Damit ist seine Arbeit ein wichtiger Teil der «Rolex and National Geographic Perpetual Planet Amazon Expedition», welche die komplizierten und miteinander verflochtenen Ökosystemfunktionen erforscht, die das grösste Süsswasserbecken der Welt am Leben erhalten (siehe Kasten).

Trujillo schätzt, dass in den von ihm untersuchten 1300 Flusskilometern noch weniger als 1400 der berühmten rosa Flussdelfine leben – seit 1980 ist ihm zufolge ihre Population um fast 75 Prozent zurückgegangen. Im Amazonasgebiet gibt es zwei Delfinarten: den Tucuxi oder Grauen Delfin und den Boto oder Rosa Flussdelfin – den grössten Flussdelfin der Welt. Ihr unverwechselbares Aussehen und ihre entdeckungsfreudige Persönlichkeit haben die rosa Flussdelfine zu einem der auffälligsten Wasserbewohner des Amazonas gemacht. Trujillo sieht sie als Botschafter und Wächter des Flusses.

Perpetual Planet Amazon Expedition

Die Schweizer Uhrenmanufaktur Rolex unterstützt die National Geographic Society bei einer zweijährigen Untersuchung des Amazonasbeckens: der «Rolex and National Geographic Perpetual Planet Amazon Expedition». Forschungsreisen – von den Anden bis zum Atlantik – sollen die Intaktheit der Region beleuchten und Lösungen für die Erhaltung des grössten Regenwalds der Erde für künftige Generationen finden. Die Gesundheit dieses gigantischen Ökosystems steht im Mittelpunkt des dritten Forschungsunterfangens der Perpetual Planet Initiative. Rolex hat seine langfristige Partnerschaft mit der National Geographic Society ausgeweitet, um eine Reihe von Expeditionen durchzuführen, die kritische Fragen zum Einfluss des Klimawandels auf lebenswichtige Umgebungen beantworten sollen.

Der Forscher hat sich schon immer mit Tieren und dem Wasser verbunden gefühlt. Als Kind nahm ihn sein Grossvater mit an den Orinoco-Fluss. Dieser schlängelt sich von Venezuela und Kolumbien bis in den Atlantischen Ozean und weist eine unglaubliche Vielfalt an Lebensräumen und Tieren auf. Es war ein perfekter Ort, um sich von der Natur inspirieren zu lassen. Doch erst auf einer Reise zum Amazonas begegnete Trujillo seiner grossen Liebe: den Flussdelfinen. Die Bedeutung dieser Säugetiere wird von den indigenen Gemeinschaften, für die Flussdelfine heilig sind, sehr wohl erkannt. Trotz ihres verehrten Status sind sie heute vom Aussterben bedroht: durch steigende Wassertemperaturen, Abholzung, Verschmutzung, Schiffsverkehr, Infrastrukturprojekte sowie Konflikte mit Fischern.

Während eines Universitätsseminars mit dem angesehenen französischen Ozeanografen Jacques Cousteau wurden Trujillos Weichen gestellt. Er fragte Cousteau, was es zu erforschen gelte, und erhielt eine einfache Antwort: Delfine. «Es gibt Flussdelfine in Kolumbien und niemand tut etwas, um sie zu schützen», mahnte Cousteau.

Sie nannten ihn «Omacha»

Als Fernando Trujillo im Alter von 19 Jahren seine Arbeit im Amazonasgebiet aufnahm, veranlasste ihn ein Vorfall, bei dem Fischer versehentlich einen Flussdelfin und sein Kalb gefangen hatten, dazu, sich dauerhaft in dieser Gegend niederzulassen. In den folgenden Jahrzehnten hat Trujillo neben seiner wissenschaftlichen Arbeit eng mit regionalen Regierungen und lokalen Gemeinschaften zusammengearbeitet, um Lösungen zu finden, die allen zugutekommen. Diese vertraute und langjährige Beziehung wurde vom indigenen Volk der Tikuna gewürdigt, die Trujillo «Omacha» nannten, was so viel bedeutet wie «Delfin, der zum Menschen wurde, um die anderen Delfine zu beschützen».

Der Amazonas ist die Lebensader von 44 Millionen Menschen. Vor allem die Verschmutzung durch illegalen Goldabbau stellt eine akute Bedrohung dar. Durch Abholzung und Regen gelangt das Quecksilber ins Wasser, wo es sich entlang der Nahrungskette immer stärker konzentriert und heute den grössten Schadstoff im Amazonasgebiet bildet – mit teilweise fatalen Folgen für Mensch, Tiere und Umwelt. Weil sich die Bevölkerung von denselben Fischen ernährt wie die Delfine, lassen sich durch die Erforschung der Tiere Rückschlüsse auf die Gesundheit des Flusses und der Menschen ziehen. Wie Trujillo ausführt, ist im Amazonas alles miteinander verbunden.

Gemeinsam mit einer Tierärztin untersuchte der Meeresbiologe Blut sowie Gewebe von verschiedenen Delfingruppen auf Quecksilberrückstände und stattete einige der Tiere mit Sendern aus. Delfine werden sehr alt und legen unzählige Kilometer zurück. «Es ist uns gelungen, eine riesige Datenbank zu den Amazonasdelfinen anzulegen», erklärt Trujillo. Damit könne man den Regierungen der verschiedenen Ländern aufzeigen, wie hoch die Verschmutzung durch Quecksilber sei. «Wenn wir die Verwendung von Quecksilber im Bergbau stoppen, werden wir vielleicht in acht Jahren gesündere Fischpopulationen haben und damit das Problem lösen. Ich habe die Hoffnung, dass wir die Dinge zum Positiven für den Amazonas verändern können», sagt Trujillo.

Er ist Mitbegründer und wissenschaftlicher Direktor der Omacha Foundation, einer Nichtregierungsorganisation, deren Ziel es ist, die Ökosysteme im Amazonasgebiet zu erforschen und langfristig zu verbessern. «Delfine sind klare Indikatoren für die Gesundheit des Amazonas. Inzwischen haben wir rund 52 000 Flusskilometer untersucht und über 500 Leute ausgebildet», erklärt Trujillo. Daneben koordiniert er internationale Verpflichtungen zum Schutz der Delfine. Er war massgeblich an der Unterzeichnung des globalen Abkommens zum Schutz von Flussdelfinen durch elf Länder in Asien und Südamerika im Jahr 2023 beteiligt. Trujillo ist stolz auf das, was durch die Zusammenarbeit mit den lokalen Gemeinschaften erreicht wurde, um ein Schutzprogramm für den Amazonas und seine Delfine zu entwickeln: «Es hat sogar andere Menschen dazu inspiriert, ähnliche Dinge in den Flüssen Asiens zu tun», sagt der «Rolex National Geographic Explorer of the Year 2024».

2024 Rolex National Geographic Explorer of the Year – Fernando Trujillo

Perpetual Planet Initiative

Mit ihrer Perpetual Planet Initiative hat sich Rolex langfristig verpflichtet, Persönlichkeiten sowie Organisationen in ihrem Bestreben zu fördern, die Umwelt zu schützen und die Wissenschaft zu nutzen, um die heutigen ökologischen Herausforderungen zu verstehen und Lösungen dafür zu finden. Um dieses nachhaltige Engagement in der Deutschschweizer Öffentlichkeit noch sichtbarer zu machen, bündeln das Unternehmen NZZ und die Uhrenmanufaktur Rolex nun ihre Kräfte in der Verlagsserie «Zeit fürs Klima» – sie ist nationalen und internationalen Persönlichkeiten gewidmet, die aktiv zur Erhaltung des Planeten beitragen. In der Westschweiz tut es «Le Temps» der NZZ gleich.

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation erstellt. Weitere Infos dazu gibt es hier.

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