Samstag, November 23

Präsidial wäre ein zu grosses Wort. Aber Trump schlug einen für seine Verhältnisse versöhnlichen Ton an. Für hartgesottene Anhänger mag der erste Auftritt als gewählter Präsident einer ersten Enttäuschung gleichgekommen sein.

Alles grossartig. Von der «grossartigsten politischen Bewegung aller Zeiten» sprach Donald Trump, als er in der Nacht auf Mittwoch in Florida seinen Wahlsieg erklärte. So eine Bewegung wie diese habe noch nie ein Mensch gesehen. «Vier grossartige Jahre» stünden bevor, betonte er. Kurzum, Amerika würde wieder grossartig werden. «We are going to make it so great.»

In den rund 25 Minuten, in denen Trump im Palm Beach County Convention Center auftrat, fiel 41-mal das Wort «great». Wahlweise reihte er in seinem typischen Duktus auch Adjektive wie «speziell», «historisch» und «unglaublich» aneinander. Und der Überlebende zweier Attentatsversuche vergass nicht zu erwähnen, dass er von Gott gesandt sei. «Viele Leute haben mir gesagt, dass Gott mein Leben aus einem Grund verschont habe.» Der Grund: «Das Land retten.»

Geradezu gesittet

Es war die erwartbar triumphale – und triviale – Ansprache, mit der Donald Trump seine Rückkehr ins Weisse Haus ankündigte. Unerwartet war allenfalls, dass sich der 47. Präsident der Vereinigten Staaten keine nennenswerten Ausfälligkeiten leistete. Er präsentierte sich geradezu gesittet.

Trumps krawallige Seite kam kaum zum Vorschein. Vielleicht war er in dem Moment des Sieges so glücklich, dass er seine Verachtung für Andersdenkende vergass. Vielleicht zeigt sich in dem gemässigten Gewinnerauftritt aber auch, wie kalkuliert Trump seine Gehässigkeiten einsetzt: Er poltert dann, wenn er sich davon einen Vorteil verspricht. Im Wahlkampf spiegelte er mit seiner rabiaten Art die Wut der Leute.

Anders als in den letzten Wochen, als er Kamala Harris fast pausenlos beleidigte («dumme Person», «Trinkt sie? Ist sie auf Drogen?»), drosch er nun nicht weiter auf sie ein. Er erwähnte sie mit keinem Wort. Für einen hartgesottenen Anhänger mag der erste Auftritt nach der Wahl einer ersten leisen Enttäuschung gleichgekommen sein: So handzahm wünschen sich ihn wohl die wenigsten Trumpisten.

Einzig die Abneigung von Trump gegenüber den Medien, gegenüber Sendern wie CNN, NBC drückte kurz durch, als er seinen zukünftigen Vizepräsidenten J. D. Vance dafür lobte, sich in Interviews «dem Feindeslager» furchtlos gestellt zu haben. «Er ging hin und zerstörte sie.»

Die demokratischen Kontrahenten klammerte Donald Trump in der Rede demonstrativ aus. Weder zeigte sich Trump hämisch, wie man es von ihm vielleicht erwartet hätte, noch als grosszügiger Gewinner, der der besiegten Partei die Hand ausstreckt. Dass die Republikaner den Senat gewannen, kommentierte er mit einem saloppen Raunen, «Wooow, that’s good!». Gleichzeitig sprach er überraschend deutlich davon, dass er ein Präsident aller Amerikaner sein wolle.

In seiner Kampagne habe er eine «historische Neuausrichtung» bewerkstelligt, gab sich Trump überzeugt. Bürger aller Schichten stünden hinter ihm vereint: alt und jung, städtisch und ländlich, Afroamerikaner, Hispanics, asiatische Amerikaner, amerikanische Araber.

Präsidial wäre ein zu grosses Wort. Aber Trump schlug einen für seine Verhältnisse versöhnlichen Ton an. «Spaltungen», so versprach er, würden nun überwunden, es gehe darum, das Land «zu heilen». Das «goldene Zeitalter von Amerika» breche an.

Melanias Bestseller

Auf der Bühne des Palm Beach Convention Center wurde der designierte Präsident flankiert von seiner Schwiegertochter Lara Trump, Ehefrau des dritten Sohnes Eric. Zur anderen Seite stand Melania Trump, die der Gatte primär dafür lobte, dass ihre Autobiografie auf der Bestsellerliste des Landes zuoberst steht. «Can you believe that?»

Deutlich mehr als zu ihr fiel Donald Trump zu Elon Musk ein. «A star is born: Elon», begann er eine Eloge über den Tech-Milliardär, die sich in einer längeren Ausführung über den Testflug verlor, den Musks Raumfahrtfirma SpaceX neulich mit einer «wunderschönen, strahlend weissen» Rakete absolviert hatte. Trump verfolgte den Flug live und klebte nach eigener Aussage am Bildschirm. «Ich dachte, es sei ein Space-age-Film oder so etwas.»

Am Ende sei das Raumschiff ganz sanft wieder zur Erde zurückgekommen, zurück in die Arme der Mutter, «wie ein Baby, das man in der Nacht hält». Trump war so beglückt, dass er gleich bei Musk anrief: «Elon, warst du das?» Darauf Musk: «Können die Russen das? Nein. Die Chinesen? Nein. Niemand kann das. Die USA können es.» So etwas hört ein Donald Trump gerne. «Deshalb liebe ich dich, Elon.»

Vielleicht mehr noch als die meisten seiner Vorgänger ist der 78-Jährige beseelt von der Vorstellung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Vorreiterrolle in der Welt spielen. Dass Donald Trump gleichzeitig einen isolationistischen Kurs in der Aussenpolitik bevorzugt, ist bekannt.

In seiner ersten Amtszeit habe Amerika keine Kriege geführt, lobte sich Trump für seinen selbsterklärten Pazifismus. «Einzig ISIS haben wir in Rekordzeit besiegt.» Unter seiner Ägide werde es keine neuen Kriege geben, versprach er. Vielmehr werde er sich daran machen, Kriege zu beenden. Ein Donald Trump, der sich aussen- wie innenpolitisch als Friedensstifter verdient machen wird? Ob er das selber glaubt? Seine Wahl, so sagte er, sei ein «massiver Sieg für die Demokratie und für die Freiheit».

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