Wo andere Politiker Zurückhaltung walten lassen, verletzt der CSU-Politiker bewusst die Grenzen des guten Geschmacks. Doch was viele als peinlich empfinden, scheint ihm zu nutzen.

Er kuschelt nicht nur mit Pandas, tanzt zu Abba oder kokettiert in schrillen Weihnachtspullovern. Nun verschenkt Markus Söder unter seinen Followern auf Instagram, X (ehemals Twitter), Facebook und Tiktok sein eigenes Gesicht – das prangt auf einem überdimensionalen Schokoladen-Osterei. Im Netz trifft die Selbstinszenierung des bayrischen Ministerpräsidenten auf Spott und Anerkennung. Doch dahinter dürfte auch politisches Kalkül stecken.

In dem am Ostersonntag veröffentlichten Video steht der Minister hinter dem Riesen-Ei und sagt: «Hi, es ist Ostern. Ich habe zu Ostern keinen Pullover gefunden, aber dafür ein Super-Osterei, ein Mega-Osterei aus Schokolade. Es duftet herrlich.» Wer es haben möchte, solle den Beitrag kommentieren. Unter den Kommentierenden soll die Süssigkeit dann verlost werden.

Zwischen Zuspruch und Häme in den sozialen Netzwerken

Die Reaktionen auf das Video sind gemischt. «Ich brauch das Kanzler-Ei» lautet ein Kommentar auf Tiktok. Auf X fallen die Reaktion hämischer aus: «Das ist ‹mega› peinlich. Und zeigt ganz deutlich, was Sie für ein Narzisst sind!», schreibt dort ein User.

Der CSU-Politiker baut damit seine eigene Feiertagstradition weiter aus – und zeigt, dass er die Mechanismen der sozialen Netzwerke zu nutzen weiss. Zu Weihnachten präsentiert er sich seinen Anhängern gewöhnlich in einem festlichen Pullover, wahlweise mit weihnachtlichem «Star Wars»- oder FC-Nürnberg-Motiv. Der Clip mit dem Söder-Ei hat konservativ gerechnet bereits am Sonntag mehr als eine halbe Millionen Menschen erreicht.

Mit der ironischen Tonalität des Oster-Videos hebt Söder sich von der politischen Konkurrenz ab: Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch der grüne Vizekanzler Robert Habeck haben ebenfalls Ostergrüsse im Videoformat veröffentlicht. Allerdings betonen beide, mit Blick auf die Ukraine, den Wunsch nach Frieden. Scholz manifestiert damit seine neu gefundene Rolle als Friedenskanzler.

Auch die grüne Aussenministerin Annalena Baerbock setzt, neben betonter Privatheit, auf Ernsthaftigkeit: Aus dem heimischen Garten mit einem Nest voll selbst gefärbter Ostereier bekräftigt sie, dass Hoffnung nötig sei «angesichts der Weltlage». Vom CDU-Chef Friedrich Merz gibt es bis jetzt keine Ostergrüsse auf den sozialen Plattformen. Allerdings wünschte er in seinem monatlichen Newsletter ein «friedvolles und frohes Osterfest».

Schlagzeilen und Spott für Söders China-Besuch

Wenige deutsche Politiker haben die Macht der Bilder so sehr internalisiert wie Markus Söder. Ende März polarisierte der Ministerpräsident mit Fotos, die während seiner China-Reise entstanden.

Beherzt küsst Söder darauf einen Plüschpanda. Das Stofftier hatte ihm der Sekretär der Kommunistischen Partei, Wang Xiaohui, geschenkt. Die Schlagzeilen waren dem gelernten Fernsehredaktor Söder sicher: «Ein Bayer in China», titelte der «Tagesspiegel». «Wird ihm Bayern zu klein?», fragte die «Süddeutsche Zeitung». «Von Flausch und Finanzausgleich» schwärmte der Bayrische Rundfunk, der der Reise des Ministers insgesamt sechs Texte widmete.

Söder seit Jahren einer der beliebtesten Politiker

Der Gedanke der Panda-Diplomatie liegt bei solchen Ausflügen nur allzu nahe. Und tatsächlich versuchte Söder sich auf seinem X-Account in eine Linie mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauss zu stellen: «Wir machen Realpolitik statt Moralpolitik. Seit Franz Josef Strauss gelten wir als verlässlicher Partner.» Auch Strauss versuchte durch Staatsbesuche Einfluss in der Aussenpolitik zu gewinnen.

Söders Inszenierungen treffen immer wieder auf Kritik. Der SPD-Politiker Michael Roth etwa kritisierte den China-Besuch im «Tagesspiegel» scharf: «Markus Söder konterkariert damit nicht nur die Aussenpolitik von Deutschland und der EU. Er gibt sein stolzes Land der Lächerlichkeit preis.» Roth sagte ausserdem: «Der bayrische Ministerpräsident macht sich zum willigen Gefährten von Autokraten und zum Gespött von politischen Profis. Cui bono? Schlicht niemandem.»

Doch Söders Gehabe kommt in der Bevölkerung an. Seit Jahren gehört der bayrische Christlichsoziale zu den beliebtesten Politikern Deutschlands. Momentan belegt er den dritten Platz der Sympathie-Skala. Vor ihm liegen nur der NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius.

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