Dienstag, Oktober 22

Aktivisten in Frankreich stellen Pädokriminellen Fallen, indem sie sich online als Kinder ausgeben. Auch in der Romandie hat nun offenbar eine Recherche von «La Team Moore» zu Ermittlungen geführt.

Pädokriminalität im Internet ist, zählt man verschiedene Statistiken zusammen, erschreckend verbreitet. Die noch recht wenig bekannte Schweizer Meldestelle Clickandstop.ch erhielt in ihrem zweiten Betriebsjahr knapp 1100 Hinweise auf Websites mit pädokriminellen Inhalten. Während eines zehntägigen Experiments in Tschechien, für das sich drei Schauspielerinnen als Mädchen ausgaben, meldeten sich mehr als 2400 Männer. Und Anfang Oktober wurden in Deutschland die Betreiber einer Kinderporno-Plattform festgenommen, die weltweit Hunderttausende Besucher hatte.

Pädokriminalität braucht spezialisierte Ermittler

Der Schlag in Deutschland gelang unter anderem, weil mehrere Bundesländer in den vergangenen Jahren zusätzlich Dutzende spezialisierte Ermittler eingestellt hatten. Aber in vielen anderen Ermittlungsbehörden, auch in der Schweiz, fehlen das Personal, das Wissen und die Zeit, um effektiv gegen Pädokriminelle vorzugehen. Ein Kollektiv aus Frankreich, das auch in der Romandie aktiv ist, ermittelt deshalb online auf eigene Faust – was nun zu einem Strafverfahren gegen einen mutmasslichen Pädokriminellen in der Waadt geführt hat.

Die Waadtländer Staatsanwalt bestätigte am Sonntag entsprechende Informationen des Westschweizer Radios und Fernsehens (RTS). Der Mann habe online Kontakt mit Minderjährigen aufgenommen und ihnen Treffen vorgeschlagen, teilte ein Sprecher mit. Der Mann sei bereits Mitte April festgenommen worden.

Das französische Kollektiv «La Team Moore» wurde nach eigenen Angaben vor fünf Jahren auf der Insel La Réunion gegründet und ist nun in fünf Ländern aktiv. In Frankreich haben Recherchen der Aktivisten schon mehrfach zu Festnahmen und Verurteilungen von Pädokriminellen geführt.

Verdächtiger wollte Kind ein Telefon kaufen

In der Romandie hat das Kollektiv laut RTS eine Vertreterin. Die Frau gab sich auf Facebook als 13-Jährige mit entsprechendem Profilbild aus und chattete offenbar mit dem später festgenommenen Waadtländer. Ihr Gesprächspartner schrieb, er könne ihr ein neues Telefon kaufen, sie könne ihrem Vater ein Treffen mit einer Freundin vortäuschen.

Das Vorgehen von Aktivisten auf eigene Faust kann jedoch auch zu illegaler Selbstjustiz führen. Im Tessin nahm die Polizei kürzlich eine Teenager-Bande fest, die vermeintliche Pädophile – und Homosexuelle – aufspürte, entführte und malträtierte. Die Bande rühmte sich dafür online und veröffentlichte entsprechende Fotos. In den Niederlanden verstarb bereits 2020 ein Mann, der zu einem vermeintlichen Treffen mit einer 15-Jährigen gegangen war – aber stattdessen von selbsternannten «Pädo-Jägern» zusammengeschlagen worden war.

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