Donnerstag, Januar 16

Israel und die Hamas haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt. Während die Welt nun auf Frieden hofft, prägen innenpolitische Debatten die USA.

Nach fünfzehn Monaten Krieg folgte am Mittwochabend der Durchbruch: Israel und die islamistische Hamas einigten sich auf eine Waffenruhe. Das Abkommen wird am Sonntag in Kraft treten. Es sieht vor, dass zuerst Geiseln freigelassen werden, humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen ausgeweitet werden und die israelische Armee sich aus den Bevölkerungszentren Gazas zurückzieht.

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Die israelische Regierung wird das Abkommen heute um 11 Uhr beraten. Ihre Zustimmung gilt als Formsache. In Tel Aviv und in Gaza strömten die Menschen am Mittwochabend bereits feiernd auf die Strassen.

Biden und Trump reklamieren Erfolg für sich

Die Vereinbarung beruht auf dem dreistufigen Plan, den der scheidende US-Präsident Joe Biden im Mai 2024 vorgeschlagen hatte. Er sprach am Mittwoch (Ortszeit) an einer Pressekonferenz von den «härtesten Verhandlungen», die er je erlebt habe. Biden zeigte sich zufrieden. Er betonte, dass die Einigung ohne seinen Einsatz und den seiner Regierung nicht möglich gewesen wäre.

Donald Trump, der künftige US-Präsident, wertete die Vereinbarung hingegen als seinen Erfolg. «Nur unser Wahlsieg im November machte diese historische Einigung möglich», schrieb er bei seinem Online-Dienst Truth Social. Trump versprach, nach seinem Amtsantritt am kommenden Montag eng mit Israel zusammenzuarbeiten.

«Ungewöhnlicher Moment» in der polarisierten US-Politik

Auch das konservative «Wall Street Journal» wertete die Waffenruhe als Erfolg für Trump und zog einen historischen Vergleich. Es erinnerte an die Befreiung amerikanischer Geiseln in Iran zu Beginn von Ronald Reagans Präsidentschaft im Jahr 1981. Trumps Mahnung, dass die Geiseln bis zum 20. Januar freikommen müssten, habe beide Seiten unter Druck gesetzt, schrieb die Zeitung.

Die «New York Times» schrieb, dass jeder Präsident seine eigenen Interessen verfolgt habe. Biden suchte laut der Zeitung einen würdigen Abschluss seiner Amtszeit. Trump wollte ein zentrales Problem klären, um seine zweite Amtszeit mit anderen Prioritäten zu beginnen. Beide hätten jedoch entscheidend zu den Gesprächen beigetragen.

Die «Washington Post» hob die Zusammenarbeit der Präsidenten hervor. Diese Kooperation sei ein «ungewöhnlicher Moment» in der polarisierten US-Politik.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu dankte beiden. Er rief jedoch erst Trump an, bevor er mit Biden sprach. Trump habe Israel geholfen, das Leid vieler Geiseln zu beenden, teilte Netanyahu mit. Zudem lobte er Trumps Versprechen, zu verhindern, dass der Gazastreifen künftig als Rückzugsort für Terroristen diene.

Arabische Staaten begrüssen Waffenruhe

Im Nahen Osten fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Israels Finanzminister Bezalel Smotrich sieht in dem Abkommen eine Gefahr. Er kündigte an, dass seine Parteikollegen dagegen stimmen würden. Smotrich hat sich schon in der Vergangenheit gegen jede Einigung mit der Hamas ausgesprochen. Der israelische Präsident Isaac Herzog sprach hingegen von einem «entscheidenden Moment». Die Vereinbarung sei «der richtige Schritt».

Iran bezeichnete die Waffenruhe als «Sieg» des palästinensischen Widerstands. Und auch die Hamas stellte das Abkommen als Triumph über Israel dar. Das Abkommen eröffne neue Möglichkeiten, das Ziel der «Befreiung» des palästinensischen Volkes zu verwirklichen, sagte der stellvertretende Chef des Hamas-Politbüros am Mittwochabend.

Auch Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Najib Mikati begrüsste die Einigung. «Nun endet eine blutige Phase in der Geschichte des palästinensischen Volkes, das unter der israelischen Aggression schwer gelitten hat.»

Jordaniens Aussenminister Ayman al-Safadi rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, dringend Massnahmen zu ergreifen, um die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu bewältigen.

Schweiz will Zweistaatenlösung anstreben

In Europa wurde die Waffenruhe positiv aufgenommen. Der französische Präsident Emmanuel Macron fordert eine politische Lösung des Konflikts. Das getroffene Abkommen müsse konsequent umgesetzt werden. Der abtretende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sieht in der Einigung eine Chance auf ein dauerhaftes Ende des Krieges. Die Aussenministerin Annalena Baerbock sprach von einem «Tag der Erleichterung», während der britische Premierminister Keir Starmer die Nachricht als «überfällig» bezeichnete.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan lobte die Einigung und hofft auf Frieden und Stabilität. Die Hamas nannte er eine «Widerstandsbewegung». Die Türkei unterhält enge Beziehungen zur Hamas.

Auch die Schweiz begrüsste die stufenweise Waffenruhe. Das Aussenministerium würdigte die Vermittlungsarbeit von Ägypten, Katar und den USA. Nun müsse eine Zweistaatenlösung angestrebt werden, damit Israeli und Palästinenser in Frieden, Sicherheit und Würde leben könnten.

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