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Der asiatische Stadtstaat will Wohneigentum, Nachhaltigkeit, Hightech-Innovationen und kulturelle Vielfalt vereinen. Gelingt dieser Balanceakt? Stadtführungen geben einen Einblick in den Alltag.
Die tropische Luft in Singapur ist drückend, 30 Grad Celsius schon um 10 Uhr morgens, und die hohe Luftfeuchtigkeit umhüllt alles wie ein dicker Schleier. Trotz der schwülen Hitze bewegen sich die Bewohner von Tanjong Pagar, einem der lebendigsten Viertel der Stadt, zügig und ausdauernd durch die Strassen. Das einst bescheidene Fischerdorf ist heute ein faszinierendes Mosaik aus traditionellen Peranakan-Ladenhäusern und futuristischen Wolkenkratzern, das Singapurs rasante Wandlung widerspiegelt. Und ein Versuchslabor für das Leben in Metropolen und dessen Herausforderungen Wohnen, Ernähren und Erholen.
In diesem sei der Wohnungsbau eines der entscheidenden Elemente, weil er die urbane Identität Singapurs präge, sagt Pei Shyuan Yeo. Als Stadtführerin unternimmt sie mit Touristen Architektur-Touren durch Singapur. Heute durch ihr eigenes Wohnviertel mit 30- bis 40-stöckigen Wohnhäusern. Sie alle sind rechtwinklig angeordnet und wurden in modularer Bauweise errichtet, also aus vorgefertigten, standardisierten Bauelementen. «Die Leute nennen das Keksausstecher-Architektur», sagt Pei Shyuan Yeo, in Anspielung an ein Guetzli-Förmchen, «mit dem man die immergleiche Form aus einem Teig sticht».
Obwohl die Häuser und Wohnungen oft einförmig und nach dem gleichen Muster gebaut seien, seien sie bei den Singapurern beliebt, sagt Pei Shyuan Yeo in einem Café eines solchen Keksausstecher-Baus bei einer Tasse Chrysanthemen-Tee. Wie viele andere Einwohnerinnen und Einwohner des Stadtstaates besitzt auch sie eine eigene Wohnung, die sie für 99 Jahre vom Staat gepachtet hat. Public Housing nennt sich das System.
Singapurs Wohnungs- und Immobilienmarkt ist einer der teuersten der Welt. Im Lifestyle-Index der Bank Julius Bär führte Singapur 2023 die Liste der weltweit teuersten Städte an. Trotzdem müssen die Singapurer keine Grossverdiener sein, um eine Immobilie vom Stadtstaat zu kaufen. Das Schlüsselkonzept der Eigentumswohnungen auf Zeit, das Singapur seit Jahrzehnten verfolgt, wird vom Housing and Development Board umgesetzt, einer staatlichen Behörde, die für den Bau und die Verwaltung von öffentlichen Wohnungen verantwortlich ist.
Knapp 90 Prozent aller Singapurer haben eine solche Eigentumswohnung mit staatlicher Hilfe erworben, um dem Problem hoher Mieten zu entgehen. «Die Regierung will nicht, dass Leute Häuser und Wohnungen kaufen, um mit ihnen zu spekulieren», sagt Pei Shyuan Yeo. Die Idee hinter dem öffentlich geförderten Wohneigentum ist, «dass du in der Wohnung lebst, und nicht, dass du Geld damit verdienst». Das ist einer der Gründe, warum Touristen in Singapur keine Airbnb-Wohnungen vorfinden – sie sind verboten. Öffentlich geförderte Eigentumswohnungen dürfen nicht vermietet werden. Gleichzeitig schiebt dieses System der Spekulation einen Riegel vor. «Eine Nation der Immobilienbesitzer hat bessere Aussichten auf stabile Verhältnisse als ein Land der Mieter», sagt Pei Shyuan Yeo.
Alles, was man im Alltag braucht, ist in Gehdistanz erreichbar
Bei einem Rundgang durch den Hochhauskomplex fällt auf, dass die Bewohner ihre Wäsche in den langen Häuserfluchten aufhängen, dass ältere und jüngere Menschen miteinander plaudern und dass alles ausgesprochen sauber ist. Nichts liegt auf dem Boden. Überall gibt es gepflegte Grünflächen und Blumenbeete, alles wirkt renoviert. Die glatten Fassaden sind frisch gestrichen, keine Wand ist von Graffiti verunstaltet. Diese sind in Singapur streng verboten. Wie auch das Wegwerfen von Kaugummis oder Zigaretten. Der rigid geführte Inselstaat Singapur kombiniert wirtschaftlichen Erfolg und soziale Stabilität mit einem auf Effizienz und Ordnung ausgerichteten System.
Laut Transparency International gehört das Land zu den am wenigsten korrupten Staaten der Welt. Gleichzeitig ist Singapur seit seiner Unabhängigkeit von Grossbritannien quasi ein Ein-Parteien-System – trotz demokratischer Wahlen. «Reporter ohne Grenzen» führt Singapur von 180 Staaten nur an Stelle 139 in Bezug auf die Pressefreiheit, selbst Simbabwe, Haiti, Mali oder Katar liegen noch vor dem Inselstaat. Die Medien werden autoritär gelenkt, viele Journalisten üben Selbstzensur. Online-Nachrichtenportale werden überwacht und benötigen eine staatliche Lizenz. Und es gibt die Todesstrafe. 2022 und 2023 wurden Menschen für den Handel mit Rauschgift hingerichtet. Das alles wird von Amnesty International immer wieder kritisiert. Selbst der Besitz geringer Mengen von Drogen kann zur Todesstrafe führen.
Die Erdgeschosse dieser Hochhäuser sind mit ebenerdigen Bäckereien, Coiffeursalons, Restaurants und Supermärkten öffentliche Begegnungsstätten – so wie bei den traditionellen Peranakan-Ladenhäuser mit Geschäften im Erdgeschoss und Wohnbereichen in den oberen Etagen. So können die Bewohner alltägliche Dinge oder Dienstleistungen erlangen, ohne mit dem Auto durch die Stadt fahren zu müssen. Und wenn sie trotzdem einmal das Viertel verlassen müssen, ist die nächste Bus- oder U-Bahn-Station höchstens drei Minuten entfernt, so hat es die Regierung vorgeschrieben.
Sozialer Wohnungsbau geht in Singapur mit örtlicher Infrastruktur Hand in Hand. In Gehdistanz bietet die besuchte Anlage alles, was Menschen zum Leben brauchen: Schulen, Kindergärten und medizinische Versorgung. Das «Phänomen der vergessenen Toten», wo ältere Menschen manchmal wochen- oder monatelang unentdeckt in ihren Wohnungen liegen, kenne man in Singapur nicht, sagt Pei Shyuan Yeo.
Dass das nicht passiere, dazu trage auch «die Politik der ethnischen Integration bei», sagt Wong Hong Kuan vom Ministerium für Nationale Entwicklung. «Wir fördern in Singapur die soziale Interaktion, indem wir unsere Wohnviertel ethnisch durchmischen. Das schafft vielfältigere Gemeinschaften.» Das heisst: Chinesen, Malaien, Inder und andere Ethnien werden nach einem staatlich festgelegten Schlüssel auf die Stadt- und Wohnviertel verteilt. Dadurch gebe es keine Ghetto-Bildung in der Vielvölkermetropole Singapur. Eigentumswohnungsbau als Laboratorium der Gesellschaft? «Das stärkt den sozialen Zusammenhalt und beugt der Verslumung vor», sagt Wong Hong Kuan.
Zu Wohneigentum kommt, wer ins Gesellschaftsbild des Staates passt
Das System des Public Housing ist gleichwohl alles andere als perfekt: Die Regierung verbindet den Zugang zu den günstigen Wohnungen mit antiquierten gesellschaftspolitischen Vorstellungen – und stösst damit durchaus auf Kritik. Denn der Staat greift mit dem System in das Privatleben der Bürger ein. Junge Paare müssen verheiratet sein, um eine Public-Housing-Wohnung erwerben zu können. Singles unter 35 haben praktisch keine Chance auf ein staatlich gefördertes Zuhause, ebenso wenig Alleinerziehende unter dieser Altersgrenze.
«Meine Haustür steht eigentlich immer offen», sagt Keith Ng in seiner Drei-Zimmer-Eigentumswohnung während der Nachbarschafts-Tour mit der Stadtführerin Pei Shyuan Yeo. «Meine Nachbarn sind mir wichtig – zwei ältere Leute. Wir kaufen für uns gegenseitig ein. Wir nennen das ‹kampong›, ein malaiisches Wort, das traditionell ein Dorf oder eine ländliche Siedlung beschreibt. Wir haben diesen schönen Sinn für eine enge soziale Bindung.»
In seiner Wohnung sorgen grosse Fenster für Licht, die Einrichtung für Gemütlichkeit. In Keith Ngs Küche kümmern sich seine Freundin und seine Mutter um das Mittagessen. Es herrscht eine offene, freundliche Atmosphäre. Keith Ng lebte vor einigen Jahren in Belgien und Deutschland, heute betreibt er eine eigene Internetfirma. Das Leben in Europa sei langsamer, in Singapur gehe es atemloser, strukturierter, aber auch reglementierter zu.
Auch gleichgeschlechtliche Paare könnten eine staatlich geförderte Eigentumswohnung erwerben, sagt Keith Ng. Homosexuelle Partnerschaften werden in dem konservativen Land vom Staat allerdings offiziell nicht anerkannt. 2021 wurden einige Regelungen noch verschärft. Bei Wohnungen in besonders zentralen Lagen sind unverheiratete Personen künftig unabhängig vom Alter ausgeschlossen – Ausnahmen sind Singles, die mit Eltern und Geschwistern zusammenleben. Da habe er Glück gehabt, als er vor Jahren seine Wohnung habe kaufen können, sagt Keith Ng. Seine Drei-Zimmer-Wohnung liegt in einem der oberen Stockwerke.
Trotz den Erfolgen des öffentlichen Wohnungsbaus stehe das Land vor neuen Herausforderungen, sagt Keith Ng. Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung stelle das Wohneigentumsmodell auf die Probe. Der Grund: Die immer älter werdende Bevölkerung habe Bedürfnisse, die erst noch berücksichtigt werden müssten. Die Regierung sei gefordert, barrierefreie Wohnungen und eine altersgerechte Infrastruktur zu schaffen.
Baulärm jedenfalls ist in Singapurs Strassen oft zu hören. Baukräne hieven scheinbar an jeder Ecke einen neuen Wohn-, Büro- oder Einkaufsturm aus Glas, Stahl und Beton in den Himmel. Singapur gleicht einem Wald aus Hochhäusern.
Ein Drittel der Lebensmittel soll aus der Stadt stammen
Nicht so im Stadtteil Queenstown, wohin eine kurze Taxifahrt führt. «Edible Garden City» (EGC) steht auf dem runden Schild am Eingang. Eine unwirkliche Idylle. Das Grau der Stadtarchitektur wird durch das satte Grün einer Gärtnerei verdrängt – mit Kräutern, Gewürzen und Gemüseanbau. Ländliches Flair inmitten der Mega-City.
Sarah Rodriguez führt über das Gelände, das die Betreiber vom Staat gepachtet haben. Währenddessen drücken freiwillige Helfer in Sonnenhüten aus Stroh und mit Erde verschmierten Gummistiefeln zarte Setzlinge in Förmchen. Ein junger Mann ist gerade zum Einkaufen gekommen; ein Mitarbeiter erklärt ihm, was es mit dem Borretsch, den sie setzen, auf sich hat. Die Blätter eignen sich als Zutat für Salate und Suppen und haben einen frischen, leicht salzigen Geschmack.
Sarah Rodriguez sagt: «2019 hat die Regierung das sogenannte 30-zu-30-Ziel verkündet. Das bedeutet, dass Singapur bis 2030 aus eigenen Mitteln 30 Prozent des Bedarfs an Lebensmitteln decken will.» Derzeit werde nur 1 Prozent des Inselstaates landwirtschaftlich genutzt, so Sarah Rodriguez. 90 Prozent aller Lebensmittel würden importiert: Rindfleisch aus Australien, Eier aus Neuseeland, Gemüse aus Malaysia, Indonesien, China und Europa.
Die Covid-19-Pandemie habe Singapur gezeigt, wie verletzlich das Land sei. Hamsterkäufe und Grenzschliessungen hatten für Engpässe gesorgt und für einen Bruch der Lieferketten. Sie seien schockiert gewesen über die leeren Supermarktregale, so die Mitarbeiterin von Edible Garden City: «Wenn man heute in einen Supermarkt geht, dann wissen die Verbraucher: Ein roter Aufkleber auf der Gemüseverpackung bedeutet, dass dieses Gemüse aus regionalem Anbau stammt. So kann man bewusst lokale Produzenten unterstützen, statt etwas zu kaufen, was über lange Transportwege importiert wurde.»
Eine der treibenden Kräfte hinter der Urban-Gardening-Bewegung in Singapur sind die sogenannten Community-Gardens. Diese Gärten werden von einzelnen Menschen, Nachbarschaftsinitiativen und Nichtregierungsorganisationen betrieben. Allen ist gemeinsam, dass sie Gemüse anbauen, Früchte und Kräuter – manchmal auf engstem Raum. Hochhausdächer werden begrünt, Nutzgärten in Innenhöfen angelegt, in denen sich die Nachbarn der Wohnblöcke nicht nur zur Salaternte treffen, das Ziehen von Tomaten auf Balkonen – all das wird vom Staat ausdrücklich begrüsst. Laut Angaben des National Parks Board Singapurs gibt es derzeit über 1000 Community-Gardens im ganzen Land.
Edible Garden City wurde 2012 aufgrund der privaten Initiative von Bjorn Low gegründet, einem passionierten Landwirt und Gärtner aus Singapur. Seine Idee: das Bewusstsein für Ernährung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu schärfen. Low begann, ungenutzte Flächen in landwirtschaftliche Gärten umzuwandeln. Es ging darum, grüne Oasen inmitten des Häuserwaldes zu schaffen, um Lebensmittel zu produzieren. Gleichzeitig sollten die Gärten auch soziale Treffpunkte sein und das Bewusstsein für Regionalität und Saisonalität der Nahrungsmittel sensibilisieren, um so eine nachhaltige Lebensmittelproduktion zu fördern. EGC verzichtete von Anfang an darauf, Pestizide oder Chemikalien einzusetzen. Das brachte Low 2018 den Titel Singapurer des Jahres ein.
Vertikale Landwirtschaft in der dicht gebauten Metropole
Auf dem Gelände von EGC fallen riesige schwarze Säcke auf, die mit Erde und Pflanzen gefüllt sind und als mobile Miniaturäcker auf Asphaltflächen genutzt werden. Gleich daneben stehen geschlossene Käfige voller Soldatenfliegen. Ihre Ausscheidungen dienten als natürlicher Dünger, erklärt Sarah Rodriguez, während die Tiere selbst als proteinreiche Nahrung an Hühner verfüttert würden.
Ein anderes Projekt von Edible Garden City: Gemüse und Obst anzubauen, das auf wenigen Quadratmetern übereinander in mehreren Etagen wächst: in vertikaler Landwirtschaft. Dazu werden die Pflanzen komplett ohne Sonnenlicht, aber künstlich beleuchtet, angebaut. Auf dem Gelände des Hofes stehen mehrere alte, aufeinandergestapelte Schiffscontainer. Hinter den Stahltüren gekühlt, spriessen, in lilafarbenes Neonlicht gehüllt, unter anderem Grünkohl und Pilze. Alles in Regalbeeten, in denen die Pflanzen dank nährstoffreichem Wasser gedeihen. Futuristisch sieht das aus – wie in einem Science-Fiction-Blockbuster aus Hollywood. Traditioneller Ackerbau stehe bei Edible Garden City natürlich im Vordergrund, sagt Sarah Rodriguez. Aber: Solche Hightech-Farmen und Nutzgärten müssen nebeneinander existieren, um in einer verdichteten Metropole wie Singapur genügend Lebensmittel herzustellen.
Was in Edible Garden City angebaut werde, wollen wir von Sarah Rodriguez wissen. Keine Tomaten wie in Europa, sagt sie. Stattdessen: Okra, Chili und Granatapfel. Ausserdem züchte man tropischen Thymian, der an 70 Restaurants geliefert werde, viele davon mit Michelin-Stern. Dazu kämen Mangold, Blattgemüse, Kartoffeln, Pilze, Karotten, Kürbis und der malaysische Königssalat Ulam Raja, «die wichtigste Zutat für unser Nationalgericht Nasi Ulam, ein Kräuterreisgericht. Sehr beliebt nicht nur in der malaysischen Gemeinschaft von Singapur.»
Die landwirtschaftlichen Produkte verkauft Edible Garden City an Restaurants, aber auch an Einzelhaushalte: Seit einigen Jahren schon ist es möglich, sich wöchentlich eine Gemüseabo-Kiste nach Hause liefern zu lassen oder hier abzuholen – zu den Abnehmern gehören vor allem junge Ehepaare mit Kindern. Denen sei es wichtig, dass ihr Nachwuchs gute Lebensmittel bekomme, und gleichzeitig «local farming» zu unterstützen, so Sarah Rodriguez. «Wir müssen den Menschen auch zeigen, wie man landwirtschaftliche Böden pflegt, um die besten Erträge herauszuholen.»
Ein tropischer Zufluchtsort für Naturliebhaber
Am Ende der Singapur-Tour geht es in den Nordosten der Stadt. Wer eine Auszeit von den Hochhausschluchten und Konsumpalästen sucht, vom geschäftigen Treiben Singapurs, der kann sich hier auf eine Zeitreise begeben: Pulau Ubin ist ein verborgener Schatz. Als eine natürliche Oase des Stadtstaates bietet das kleine Eiland eine beeindruckende Tierwelt und Naturlandschaft.
Singapurs schroffe Schönheit ist etwa halb so gross wie Biel. Die Fähre für die Überfahrt durch die Meerenge von Johor legt erst ab, wenn zwölf Personen an Bord sind. Drüben, auf Pulau Ubin, wo es einst Granitsteinbrüche und Kautschukplantagen gab, liegt heute ein Naturschutzgebiet. Ein Ort ohne Wolkenkratzer und Stahlbeton – dafür ein tropisches Refugium für Flora und Fauna. Der Äquator ist nur 150 Kilometer entfernt.
Am Landesteg der Fähre streunen Hunde, Männer mit Zigaretten im Mund angeln am Ufer, es geht gemächlich zu: Auf Pulau Ubin ticken die Uhren anders. Das einzige Dorf, Kampung Sungei Durian, besteht aus Wellblech- und Holzhütten. Die wenigen Bewohner führen ein einfaches, traditionelles Leben. Viele von ihnen sind Fischer, Landwirte oder Händler, ihre Familien leben seit Generationen auf der Insel.
Durch das Dorf führt statt einer fünfspurigen Stadtautobahn ein Schotterweg, es gibt Fahrräder statt Luxuskarossen und jede Menge wilde Tiere abseits des Grossstadtdschungels. Hier arbeitet Noel Thomas als Conservation-Manager für das National Park Board. Die Aufgabe der staatlichen Behörde: die rund 400 Parks von Singapur zu schützen und zu leiten. «Pulau Ubin ist die Heimat vieler vom Aussterben bedrohter Pflanzen und Tiere – darunter sind einige, die nirgendwo sonst in Singapur zu finden sind.» Zum Beispiel der Kleine Falsche Vampir, den es nur auf dieser Insel gibt. Oder das vom Aussterben bedrohte malaiische Schuppentier, ein sehr scheues Säugetier, das man vorwiegend nachts zu sehen bekommt.
Die Artenvielfalt von Pulau Ubin zu erhalten, sei von grosser Bedeutung für den Naturschutz in Singapur, erklärt der junge Wissenschafter. Deshalb sei der grösste Teil der Insel als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Pulau Ubin ist Mikrokosmos und Rückzugsort für seltene Tierarten. Darunter auch Warane, Languren und sogar Nashornvögel.
Mit einem Mietfahrrad geht es in den Osten der Insel zu dessen Hauptattraktion: den Chek Jawa Wetlands, einem Feuchtgebiet mit Mangrovensumpf. Ein Strässchen führt durch tropischen Regenwald, in dem Waldbewohner mit feinen Nasen auszumachen sind. Die «wild boars», die Wildschweine, sind anscheinend an Menschen gewöhnt, denn Autos und Wanderer stören sie nicht. Im Gegenteil, sie wissen genau, wie man an Köstlichkeiten kommt – vor allem bei Fahrradfahrern, die in ihren Körben Essbares bei sich haben. Das gilt auch für die Languren, die entlang der Piste umherziehen und auf unvorsichtige Touristen warten.
Am Ende des Weges wartet ein Holzpfad, der über dem Feuchtgebiet zu schweben scheint. Mangroven, wohin das Auge reicht, und eine Salzwasserlagune voller Seegras. Es gibt Meeresschnecken, Tintenfische, Seesterne – mit etwas Glück sichtet man sogar Seepferdchen, während von der anderen Seite die Lichter der Grossstadt grüssen.
Gut zu wissen
Edible Garden City
Für Touren und Workshops ist eine Anmeldung notwendig.
Internet: www.ediblegardencity.com
E-Mail: hello@ediblegardencity.com
60 Jalan Penjara, Singapore 149375
Pulau Ubin
Fähre von Changi Point Ferry Terminal (neben Changi Village). Die Bumboats verkehren von 6.00 Uhr morgens bis 19.00 Uhr abends. Auf der Insel angekommen, kann man auf den ausgewiesenen Wanderwegen zu Fuss, mit dem Fahrrad oder dem Taxi die Insel erkunden.
www.nparks.gov.sg/pulau-ubin
Singapore Public Housing Tour
Dauer: etwa zwei Stunden; Länge: 2½ Kilometer
Pei Shyuan Yeo; Telefon: +65 87 49 40 07
https://everydaytourcompany.com
Unterkunft
Das Hotel Parkroyal on Pickering wurde vom Architekturbüro Woha mit 15 000 Quadratmeter grossen Terrassengärten angelegt und entworfen. Hängende Gärten und Bäume sorgen nicht nur für spektakuläre Ausblicke, sondern auch für Energieersparnis. Smarte Tanks sammeln Regenwasser, Sensoren stellen fest, wann die Pflanzen es brauchen. Das Fünf-Sterne-Hotel ist zentral gelegen:
www.panpacific.com