Mittwoch, Januar 15

Drei Alt-Bundesräte warnen Rentnerinnen und Rentner in einem Brief vor einem Ja zur AHV-Initiative. Der Chefökonom der Gewerkschaften ist empört.

Sie heissen Adolf Ogi, Doris Leuthard und Johann Schneider-Ammann. Die drei haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie waren einmal Mitglied der Schweizer Landesregierung, haben Anrecht auf das Ruhestandsgehalt eines Bundesrats und engagieren sich gegen die Initiative für eine 13. AHV-Rente.

Die beiden Pensionäre Ogi (SVP) und Schneider-Ammann (FDP) sowie die erst 60-jährige Leuthard (Mitte) haben sich nun in einem Brief an Rentnerinnen und Rentner gewandt, um vor den Folgen des Volksbegehrens zu warnen. Der leichte Sanierungseffekt, der durch die 2022 beschlossene Erhöhung des Frauenrentenalters erzielt worden sei, würde auf einen Schlag zunichtegemacht, sagen sie. Zudem wäre eine Mehrwertsteuererhöhung unumgänglich. Diese würde jedoch das Leben aller Menschen verteuern – auch das der Pensionierten.

«Wir wenden uns heute mit ernster Besorgnis an Sie»

Wörtlich steht im Brief: «Wir wenden uns heute mit ernster Besorgnis an Sie, da die finanzielle Zukunft unserer AHV stark bedroht ist. Konkret geht es um die Volksinitiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes für eine 13. AHV-Rente. Was verlockend klingt, ist brandgefährlich. Denn die Initianten verharmlosen die Kosten dieser zusätzlichen Rente. Und sie verschweigen, wer das bezahlen muss.»

Für die Kosten des Briefversands kommen die Gegner der Initiative auf. Im politischen Lead ist die SVP, die gemeinsam mit FDP, Mitte und GLP die Nein-Parole beschlossen hat. Die Adressen stammen von einer Marketingfirma. Erreicht werden auf diesem Weg offenbar Hunderttausende, wie die SVP-Sprecherin Andrea Sommer auf Anfrage des Portals «20 min» ausführte.

Doris Leuthard, Adolf Ogi und Johann Schneider-Ammann sind nicht die Einzigen aus dem exklusiven Zirkel der Alt-Bundesräte, die sich gegen eine 13. AHV-Rente aussprechen. Auch Joseph Deiss (Mitte) und Pascal Couchepin haben sich öffentlich gegen die Volksinitiative des Gewerkschaftsbundes (SGB) ausgesprochen.

Kein Wunder, ist man dort wenig erfreut über die altbundesrätliche Einmischung. Der SGB-Chefökonom Daniel Lampart liess sich mit dem Satz zitieren: «Mit ihren über 20 000 Franken Bundesratsrente pro Monat haben sie wohl vergessen, wie es ist, mit 2000 Franken über die Runden zu kommen.»

Das Argument Lamparts wirkt auf den ersten Blick schlagend. Denn Alt-Bundesräte haben das Anrecht auf 50 Prozent des Einkommens eines amtierenden Bundesratsmitglieds. Hat der magistrale Rentner noch ein Erwerbs- oder Ersatzeinkommen, das zusammen mit dem Ruhegehalt den Lohn einer Bundesrätin oder eines Bundesrats übersteigt, wird die Rente um den Mehrbetrag gekürzt. Wer weiss, dass amtierende Bundesräte brutto etwas mehr als 450 000 Franken verdienen, kann nun ungefähr ausrechnen, wie viel bei den Ex-Magistraten monatlich aufs Konto fliesst.

Neun von zehn erhalten mehr, als sie eingezahlt haben

Die Empörung ist etwas billig, denn das Geld für die amtierenden und ehemaligen Mitglieder der Landesregierung ist in der Regel gut angelegt. Der Bund muss mit der Wirtschaft mithalten können, wenn der Bundesrat nicht nur aus vormaligen Berufspolitikern bestehen soll. Christoph Blocher etwa gab seinen Konzern an die Tochter weiter, als er Bundesrat wurde. Nach seiner Abwahl verzichtete er auch auf das Ruhegehalt eines Mitglieds der Landesregierung – nur um es dann 2020 nachträglich doch noch einzufordern. Doch das ist eine andere Geschichte. Was in diesem Zusammenhang zählt, ist die Tatsache, dass auch er im Falle eines Jas an der Urne eine 13. Rente ausbezahlt bekommt.

Denn beim Engagement der Ex-Bundesräte geht es im Kern um das, was der Chefökonom der vereinigten Gewerkschaften verschweigt: die Tatsache, dass neun von zehn AHV-Berechtigten mehr Rente beziehen, als sie an Beitragszahlungen geleistet haben. Dazu zählen auch Grossverdiener wie Chefärzte und die meisten Bundesräte.

Sagt die Stimmbevölkerung am 5. März an der Urne Ja zur 13. AHV-Rente, fliessen bald auch ein paar zehntausend Franken auf die Konten von Ogi, Leuthard, Schneider-Ammann, Deiss, Couchepin – und Christoph Blocher.

Exit mobile version