Mittwoch, April 2

Nun ist klar, was im Juni 2022 geschah, als eine Frau vor dem Zürcher Waidspital ums Leben kam. Ein rechtskräftiger Strafbefehl gibt Aufschluss darüber.

Am 28. Juni 2022, gegen 22 Uhr 15, erfasst ein Autofahrer auf dem Vorplatz des Zürcher Waidspitals mit seinem Personenwagen eine Frau. Dabei wird die 55-Jährige so schwer verletzt, dass sie trotz sofortigen Reanimationsmassnahmen kurz danach im Spital stirbt.

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Aus einem rechtskräftigen Strafbefehl geht nun hervor, was damals genau passiert ist: Ein Pfleger übersah die am Boden liegende betrunkene Frau, die zuvor im Spital gewesen war.

Die Frau war an jenem Dienstagnachmittag um 18 Uhr 38 mit einer Blutalkoholkonzentration von 3,46 Gewichtspromille ins Stadtspital Waid gebracht worden. Entgegen dem ärztlichen Rat verliess sie das Spital um 22 Uhr wieder. Sie hatte allerdings immer noch eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 3,08 Promille. Sie rief ein Taxi herbei. Der Taxifahrer verweigerte ihr aber um 22 Uhr 03 die Mitfahrt wegen ihrer Alkoholisierung.

Bedingte Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

Rund zehn Minuten später, um etwa 22 Uhr 15, lenkte ein Pflegeassistent seinen Personenwagen in die Einfahrt zu den Besucherparkplätzen des Spitals. Dabei übersah er die Frau, die in der Einfahrt am Boden lag. Sie wurde vom Auto überrollt und erlitt schwerste Verletzungen, denen sie wenig später erlag.

Durch ein schweres Brustkorb- und Rumpftrauma brachen mehrere Rippen, beide Lungenflügel, die Leber und die Milz wurden eingerissen. Bei der Obduktion wurden im Bauchraum 750 Milliliter Blut und im Brustkorb 200 Milliliter Blut festgestellt.

Wie genau die Frau auf den Parkplatz zu liegen kam, ob sie stürzte oder sich selber hinlegte, geht aus dem Strafbefehl nicht hervor. Das Alkoholproblem der Frau war bekannt. In ihrer Todesanzeige hiess es damals: «Trotz ihrem schwierigen Leben war sie für uns da: warmherzig, fürsorglich, kreativ, witzig, mutig und treu.»

Der 31-jährige Pflegeassistent ist nun mit dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis wegen fahrlässiger Tötung mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 120 Franken (also 14 400 Franken) bestraft worden. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben, unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren.

Die zuständige Staatsanwältin wirft dem Beschuldigten im Strafbefehl vor, die im Strassenverkehr gebotene Aufmerksamkeit nicht walten gelassen und seine Geschwindigkeit nicht «der tageszeit- und situationsbedingt eingeschränkten Sicht angepasst» zu haben. Sonst hätte er die Frau gemäss Strafbefehl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rechtzeitig gesehen und verhindern können, dass es zur Kollision mit Todesfolge gekommen sei.

Die Verfahrenskosten wurden dem Pfleger zu zwei Dritteln auferlegt. Sie betragen rund 14 200 Franken. Zu 1400 Franken Gebühren kommen noch rund 8900 Franken für Obduktion und Legalinspektion sowie 3900 Franken für Auslagen der Polizei hinzu.

Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Staatskasse genommen, und die Zivilklagen werden auf den Zivilweg verwiesen. Es war bereits die zweite Version des Strafbefehls. Sie blieb unangefochten und ist rechtskräftig geworden.

Ähnlicher Fall im Dezember 2021 in Schwamendingen

Nicht in jedem Fall führt das tödliche Überrollen eines Menschen, der auf der Strasse liegt, zu einer Verurteilung, wie ein anderer, ähnlich gelagerter Fall zeigt: Nach einem Wortgefecht mit ihrem Partner legte sich im Dezember 2021 eine 28-jährige betrunkene Frau mit einem Blutalkoholwert von 3,05 Gewichtspromille auf die schnurgerade, breite Wallisellenstrasse in Zürich Schwamendingen, wo Tempo 50 gilt. In unmittelbarer Nähe befand sich eine Strassenlaterne. Auch sie wurde von einem Auto überfahren und erlitt tödliche Verletzungen.

In einem Prozess vor Bezirksgericht Zürich wurde dieser Autolenker hingegen im Dezember 2023 von allen Vorwürfen freigesprochen. Der Einzelrichter hatte in diesem Fall begründet, aufgrund des Vertrauensgrundsatzes müsse ein Automobilist nicht erwarten, dass sich ein betrunkener und bekiffter Fussgänger auf die Strasse lege. Das Opfer habe sich massiv eigenverantwortlich selber gefährdet. Immerhin habe es sich um eine erwachsene Frau und nicht um ein kleines Kind gehandelt.

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