Mittwoch, Januar 8

Der Kanton Zürich stellt vermehrt Probleme mit privaten Sicherheitsfirmen fest.

Was muss man mitbringen, um im Kanton Zürich einen Job als Sicherheitsangestellter zu erhalten? In manchen Fällen lautet die Antwort: nicht besonders viel. Die Hürde für eine Anstellung ist dort derart tief, dass Personen nicht einmal einen Strafregisterauszug vorlegen müssen, um angestellt zu werden.

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Ein Bericht von SRF vom Montag legt den Verdacht nahe, dass jene Firma, die für die Sicherheit in der kantonalen Flüchtlingsunterkunft in der alten Polizeikaserne in der Stadt Zürich zuständig ist, Leute einstellt, ohne nach dem Leumund zu fragen. Dabei wäre dies Vorschrift. Im Flüchtlingsheim sind Familien und unbegleitete Minderjährige einquartiert.

Dass es in der Branche Missstände gibt, ist auch der Zürcher Sicherheitsdirektion aufgefallen. Im vergangenen Jahr hat sie sich mit einem ungewöhnlichen Schreiben an sämtliche privaten Sicherheitsfirmen im Kanton gerichtet. Sie mahnte: Es mehrten sich die Fälle, bei denen Sicherheitsfirmen das kantonale Polizeigesetz nicht einhielten. Mitarbeitende verfügten über keine Grundausbildung. In der Stadt Zürich komme es vermehrt zu Anzeigen.

Einwandfreier Leumund ist Bedingung

Die Sicherheitsbranche ist in der Schweiz uneinheitlich reguliert. Manche Kantone verzichten auf Vorgaben. Im Kanton Zürich jedoch werden die Unternehmen von der Sicherheitsdirektion überprüft. Gemäss einem Merkblatt der Direktion müssen diese sicherstellen, dass die Mitarbeiter einen einwandfreien Leumund haben sowie praktisch und theoretisch ausgebildet sind.

Besonders aufhorchen lassen Fälle, in denen der Staat Aufgaben an private Firmen auslagert und es zu Fehlverhalten beim Einstellungsprozess kommt. Bei der Flüchtlingsunterkunft in der alten Polizeikaserne war dies mutmasslich der Fall.

So gelang es einer SRF-Journalistin, die sich mit ihrem Klarnamen bewarb, angestellt zu werden, ohne dass sie Angaben zu ihrem Leumund machen musste. Auch auf ihre explizite mündliche Nachfrage, ob denn nicht ein Strafregisterauszug nötig sei, reagierte die Sicherheitsfirma nicht. Per sofort wurde die Frau für Kontrollgänge eingesetzt, und dies ohne vorherige Ausbildung.

Die betroffene Sicherheitsfirma begründete dies im Nachhinein damit, dass man den Strafregisterauszug später habe einholen wollen. Dies dürfte allerdings nichts daran ändern, dass das Vorgehen den gesetzlichen Vorgaben widerspricht. Eine Anfrage der NZZ liess das Unternehmen am Montag unbeantwortet.

Pascal Cattilaz, Direktor des Verbandes Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungs-Unternehmen, sagt, gerade in Asylunterkünften mit beengten Verhältnissen und Leuten aus verschiedenen Ländern sei es eine anspruchsvolle Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Da brauche es besonders gut ausgebildete Leute.

Im Fall der Zürcher Polizeikaserne sieht er klare Anzeichen für ein Fehlverhalten. Branchentypisch sei der Fall aber nicht, betont er: Bei den grossen und mittleren Unternehmen werde der Leumund in der Rekrutierungsphase sauber abgeklärt. Diese Firmen unterstünden auch dem Gesamtarbeitsvertrag.

Schwierigkeiten gebe es manchmal bei Unternehmen mit weniger als zehn Angestellten. Bei Haftungsproblemen würden solche Firmen oft aufgelöst und neu gegründet. «Es wäre aber falsch, die Branche auf problematische Aspekte zu reduzieren. Ohne uns würde kaum ein Event in der Schweiz stattfinden», so Cattilaz.

Der Preiskampf unter Sicherheitsfirmen sei enorm, sagt Cattilaz. Daran sei die öffentliche Hand nicht unschuldig. Deren Ausschreibungen seien meist so gestaltet, dass sich am Ende der Günstigste durchsetze.

Gutes Personal zu finden, ist schwierig. Die Stundenlöhne beginnen im Kanton Zürich gemäss Gesamtarbeitsvertrag bei 24 Franken 40. Dies bei einem Beruf mit unregelmässigen Arbeitszeiten und bei dem das Risiko besteht, körperlich verletzt oder in ein Strafverfahren involviert zu werden. Denn Sicherheitsleute müssen heikle Situationen und Konflikte meistern, haben aber, anders als Polizisten, keine hoheitlichen Rechte.

Die Zürcher Sicherheitsdirektion weist auf Anfrage darauf hin, dass ihre Möglichkeiten als Bewilligungsbehörde beschränkt seien. Sie prüfe keine Angestellten, sondern ausschliesslich die Geschäftsführer der Firmen. Und für die Kontrolle sei nicht die Bewilligungsbehörde zuständig, sondern die Polizei.

Diese Vorgaben habe der Kantonsrat 2016 bewusst so festgelegt. «Der Regierungsrat hatte sich damals für den Beitritt zum griffigeren Konkordat eingesetzt, das insbesondere auch eine Überprüfung jedes Angestellten ermöglicht hätte», schreibt die Sicherheitsdirektion.

Im Aargau überprüft die Polizei die Anwärter

Im Aargau beispielsweise überprüft die Kantonspolizei sämtliche Anwärter vor einer Einstellung. Der Verbandsdirektor Cattilaz sieht die kantonal jeweils unterschiedlichen Regelungen als Problem – zumal Firmen über die Kantonsgrenzen hinweg tätig sein dürfen. Seit Jahren setze man sich für eine nationale Harmonisierung ein, bisher aber ohne Erfolg.

Die Zürcher Sicherheitsdirektion schreibt, konkreten Hinweisen auf Missstände gehe man selbstverständlich nach. In den vergangenen beiden Jahren wurden der Sicherheitsdirektion 37 mögliche Verstösse gemeldet. In den letzten fünf Jahren habe die Direktion 3 Sicherheitsfirmen die Bewilligung entzogen und 11 verwarnt.

Im Falle der alten Polizeikaserne bestätigt die Sicherheitsdirektion, dass sie eine Untersuchung gegen die betreffende Sicherheitsfirma eingeleitet habe.

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