Montag, Oktober 28

Glaubt man Umfragen, schwindet das Vertrauen in die amerikanischen Medien rapide. Daran ist nicht nur Donald Trump schuld.

Täglich jagen sich in den USA die neusten Schlagzeilen zu den Polls. Atemlos wird jede Veränderung der Umfragewerte von Kamala Harris und Donald Trump in den Medien registriert, selbst im Bruchteilbereich eines Prozentes und weit unter dem statistischen Fehlerbereich.

Gemäss einer anderen Umfrage spielen diese Schlagzeilen jedoch kaum mehr eine Rolle. Denn den Medien glaubt in den USA sowieso nur noch eine Minderheit. Wie der Meinungsforscher Gallup unlängst gezeigt hat, haben nur noch 31 Prozent der Befragten volles oder mehrheitliches Vertrauen in die Massenmedien. Der Rest der Umfrageteilnehmer traut Presse, Fernsehen und Radio «überhaupt nicht» (36 Prozent) beziehungsweise «nicht sonderlich» (33 Prozent).

Trumps «Lügenpresse»-Vorwürfe und linker Aktivismus

Mittlerweile haben Amerikaner sogar mehr Vertrauen in die Legislative ihres Landes. Das erstaunt, war doch bis anhin der US-Kongress Sinnbild für das Misstrauen von Amerikas Bürgern in ihre von Skandalen und Korruption gebeutelten Institutionen. Gemäss Gallup sind die Massenmedien derzeit also der Inbegriff des Unbehagens in staatsbürgerlichen und politischen Belangen.

Die Schuld dafür schiebt man sich auf beiden Seiten des politischen Spektrums zu – und schaukelt sich dabei polemisch hoch. Rechte kritisieren etwa, dass Laurene Powell Jobs, die Witwe von Steve Jobs und eine Freundin von Kamala Harris, das «Atlantic»-Magazin besitzt. Linke klagen über Fox News und den Einfluss von rechten Unternehmern wie Rupert Murdoch.

Angriffe auf die tendenziell linken «Mainstream-» oder «Massenmedien» kommen mehrheitlich von rechter und republikanischer Seite, namentlich von Donald Trump. Er prangert Fake News an, die er selbst verbreitet, etwa über Haustiere, die angeblich auf dem Speiseplan von haitianischen Einwanderern stehen. Ungerührt spricht er von «Lügenpresse» und «Volksfeinden».

Aber linke Medien untergraben ihre Glaubwürdigkeit auch selbst, mit ideologischer Schlagseite und einem Journalismus, der «soziale» und «rassische» Gerechtigkeit fördern soll und dabei Fakten unterschlägt, die nicht in die Agenda passen. Gleichzeitig spielen sie sich als Kämpfer gegen «Desinformation» auf, der man mit staatlicher Hilfe Einhalt gebieten müsse. Was die rechte Gegnerschaft mit empörten Zensurvorwürfen quittiert.

Die Jungen wenden sich von traditionellen Medien ab

Die Eskalationsspirale des Misstrauens dreht immer weiter, während die Glaubwürdigkeit linker wie rechter Leitmedien sinkt. Im ständigen Geschrei der Kontroverse und im aufgeladenen Klima des Wahlkampfs Trump gegen Harris blüht die mediale Hysterie über das drohende Ende der Demokratie, das Wiedererstarken des Faschismus oder einen neuen Bürgerkrieg auf. Der Hype des Polit-Boulevards ist nicht nur journalistisch wenig glaubwürdig, sondern auch ermüdend.

Kritik üben auch ehemals stramm linke Starjournalisten wie Matt Taibbi und Glen Greenwald. Sie haben mit den Twitter-Files unter anderem auf die Unterdrückung von rechtlich zulässigen Inhalten durch soziale Netzwerke hingewiesen. Der Umgang mit Fakten und Meinungen während der Corona-Krise dürfte das Vertrauen in die Medien ebenfalls nicht gestärkt haben. Während Republikaner den Medien ohnehin kaum über den Weg trauen (gemäss der Gallup-Umfrage haben 12 Prozent Vertrauen), nimmt das Unbehagen auch im demokratischen Spektrum zu: 2022 gaben 70 Prozent an, sie vertrauten den Medien. In der jüngsten Umfrage waren es noch 58 Prozent.

Beunruhigend ist die Gallup-Analyse, was junge Medienkonsumenten angeht: Gerade noch 26 Prozent der 16- bis 29-Jährigen glauben Presse, TV oder Radio – sofern sie für den News-Konsum nicht bereits zu Tiktok, Instagram, X, Youtube, Snapchat oder Reels abgewandert sind. Gemäss Gallup erhält die vierte Gewalt im Staat in Form von Vertrauensverlust und Medien- oder News-Deprivation nun also eine überparteiliche Botschaft: Wenn es so weitergeht, ist es bald aus.

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