Freitag, April 25

Der Euro ist diese Woche auf den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren geklettert. Das ist erfreulich, aber wohl nur ein Zwischenhoch. In Deutschland sind die Vorteile einer Hartwährung wie der D-Mark in Vergessenheit geraten. Dabei hat sie einst zum Wohlstand beigetragen.

Eine Währung ist für eine Volkswirtschaft oder einen Wirtschaftsraum ein Aushängeschild, ähnlich wie der Aktienkurs für ein Unternehmen. Insofern ist es auf den ersten Blick eine gute Entwicklung, dass der Euro in dieser Woche im Handel mit dem Dollar den höchsten Wert seit dreieinhalb Jahren erreicht hat. Seit Anfang Februar ist er in der Spitze gegenüber dem «Greenback» um 13 Prozent auf 1.15 Dollar gestiegen.

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Allerdings ist die jüngste Entwicklung eher ein Zeichen der Dollar-Schwäche als der Euro-Stärke. Die erratische und teilweise selbstschädigende Politik von Präsident Donald Trump und des Weissen Hauses, vor allem die Ankündigung der «reziproken Zölle» und der Angriff auf US-Notenbank-Chef Jerome Powell, hat Marktteilnehmer verschreckt. Sie ziehen offenbar erheblich Kapital aus den USA ab.

Eine Hartwährung hält Unternehmen fit

Trotz der Erstarkung notiert der Euro weiterhin viel näher am Rekordtief von 0.86 Dollar für einen Euro im Jahr 2002 als am Rekordhoch von 1.60 Dollar im Jahr 2008. Wenngleich die bedeutenden Zentralbanken schon lange kein offizielles Wechselkursziel mehr verfolgen, ist in vielen Jurisdiktionen doch eine Präferenz für eine eher schwache Währung spürbar. Beispiele dafür sind die USA und Japan, aber auch die Euro-Zone. Das ist unverständlich, denn solides Geld hat sehr viele Vorteile.

Eine starke Währung zwingt Unternehmen dazu, sich fit zu halten. Sie müssen dann nämlich möglichst effizient, innovativ und produktiv operieren, um international wettbewerbsfähig zu sein. Eine schwache Währung jedoch führt tendenziell zu einer gewissen Trägheit. Zudem dämpft eine Hartwährung den Inflationsdruck. Konsumenten profitieren von sinkenden Preisen importierter Güter und Unternehmen von sich verbilligenden Zulieferungen aus dem Ausland.

Darüber hinaus ist eine harte Währung aufgrund der Stabilität attraktiv für Investoren. Sie zieht in der Regel Kapital an, so dass die lokalen Finanzierungskosten sinken. Zugleich lohnt sich Sparen in einer Volkswirtschaft viel eher, da man nicht Angst vor einer übermässigen Entwertung des Geldes haben muss. Im Idealfall führt eine hohe Sparquote dann zu höheren Investitionen, einer niedrigen Arbeitslosigkeit und steigenden realen Einkommen. Eine harte Währung ist deshalb oft ein Zeichen für den Erfolg, die Kraft und die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation oder eines Währungsraums.

Auch die Schweiz verkauft Waren in alle Welt

Diese Vorteile gehen in öffentlichen Diskussionen oft unter. Auch in Deutschland wird der Euro als essenziell für die Exporteure gepriesen. Das Land sei einer der grössten Gewinner der Währungsunion, heisst es. Darüber könnte man lange und trefflich streiten. Zwar mag der Euro keine klassische Weichwährung wie einst die italienische Lira sein, doch von einer Hartwährung kann sicherlich ebenfalls keine Rede sein. Mit diesem Zustand fühlen sich viele im Euro-Raum viel zu wohl.

Die Schweiz zeigt nämlich, dass man auch mit einer ultraharten Währung in grossem Stil Waren in alle Welt verkaufen kann. Das galt einst auch für Deutschland zu Zeiten der D-Mark. Deutsche und Schweizer Produkte sind nicht wegen des günstigen Preises beliebt, sondern weil sie als innovativ, hochwertig und begehrenswert gelten.

Die einseitige Wahrnehmung liegt wohl auch daran, dass die angeblichen Nachteile einer harten Währung durch das publikumswirksame Lamentieren einiger Gruppen, etwa von Exporteuren oder der heimischen Tourismusbranche, schnell klar werden. Dagegen sind die deutlich überwiegenden Vorteile weniger augenfällig und breit über die Gesellschaft verteilt. Für liberale Ökonomen gilt dennoch weiterhin die alte Gleichung: harte Währung – starke Unternehmen – vitale Volkswirtschaft. Das sollte die Euro-Zone vermehrt beherzigen.

Sie können dem Frankfurter Wirtschaftskorrespondenten Michael Rasch auf den Plattformen X, Linkedin und Xing folgen.

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