Montag, September 30

Bei der Uferschutzinitiative geht es vor allem darum, das Bauen in der Stadt Zürich weiter zu verkomplizieren.

Fragt man Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher, was sie an ihrer Stadt besonders schätzen, sind der See und die Limmat jeweils hoch im Kurs. Weniger gut kommt der Wohnungsmarkt weg – die Probleme dort sind altbekannt: Angebot und Nachfrage sind weit voneinander entfernt, die Mieten entsprechend hoch. Neubauprojekte ziehen sich wegen Rekursen in die Länge. Wer gar ein Hochhaus erstellen will, hat einen besonders steinigen Weg vor sich.

Dabei gibt sich die Limmatstadt doch so gerne als Metropole mit internationaler Ausstrahlung und rechnet weiterhin mit einem starken Bevölkerungswachstum.

Am 22. September muss die Stimmbevölkerung nun über eine Volksinitiative entscheiden, welche des Zürchers Liebe zu den heimischen Gewässern gegen sein bestenfalls zwiespältiges Verhältnis zu hohen Gebäuden auszuspielen versucht: die Uferschutzinitiative.

In Tat und Wahrheit ist die vorwiegend von links-grünen Politikern, Naturschützern und Quartierbewohnern unterstützte Initiative ein plumper Versuch, die Stimmberechtigten zu übertölpeln. Es geht nämlich weniger um den Schutz von Gewässern und deren Ufern, als darum, Partikularinteressen einiger weniger durchzusetzen. Ganz nach dem Motto: Hochhäuser ja, aber bitte nicht in meiner Nachbarschaft.

Kurz zusammengefasst verlangt die Volksinitiative, dass Bauten, die 25 Meter überragen, im Uferbereich des Zürichsees und der Limmat verboten sein sollen. Um das Seebecken definiert die Initiative einen 150 Meter breiten Bereich, bei der Limmat entspricht er dem Vierfachen der Sohlenbreite, also rund 200 Metern.

Die Initianten begründen das Anliegen mit angeblichen Plänen der Stadt, am See und generell entlang der Limmat Hochhäuser zulassen zu wollen. Diese Behauptung hat sich spätestens seit Bekanntwerden der verschärften Hochhausrichtlinien im Juni grösstenteils als unwahr entpuppt.

So befinden sich sämtliche Potenzialgebiete für Hochhäuser im Westen und Norden der Stadt. Am Seeufer sind weiterhin keine Bauten von über 25 Metern vorgesehen. Das Gleiche gilt für die Gebiete nördlich der Limmat.

Auf der Südseite des Flusses sind zwar Hochhausgebiete ausgewiesen, im Bereich der Bahngleise sollen auch Bauten bis 80 Meter erlaubt sein, diese sind aber im Vergleich zu ersten Entwürfen für die Hochhausrichtlinien kleiner geworden.

Zudem müssen Hochhausprojekte strenge ökologische und energetische Vorgaben erfüllen. Es ist also nicht so, dass in den Gebieten, in denen hohe Bauten erlaubt sind, planerische Narrenfreiheit herrscht.

Auch die Argumentation der Initianten, Hochhäuser würden wichtige Lebens- und Freiräume gefährden, verfängt nicht. Im Gegenteil. Eine höhere Ausnutzung eines Grundstücks ist durch ein Hochhaus nicht erlaubt. In die Höhe zu bauen soll vielmehr ermöglichen, Flächen freizuspielen.

Dem Gewässerschutz ist in Zürich zudem bereits mehr als Genüge getan. Dafür sorgen nicht nur die städtischen Ämter, sondern auch das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft. Das ist wichtig und richtig, denn wer in der Stadt baut, muss sich in aller Regel auch mit der Grundwasserthematik befassen.

Mit Blick auf den hiesigen Wohnungsmarkt ist es zudem mehr als fragwürdig, die bereits überlange Liste an Restriktionen zu erweitern. Wenn, dann müsste die Gesetzgebung entschlackt werden.

Ein Komitee aus Stadiongegnern

Doch wenn die Initiative den Uferschutz nicht verbessert, sondern bestenfalls in die Kategorie «Eulen nach Athen tragen» fällt, worum geht es den Initianten dann?

Die Vermutung liegt nahe, dass es den Urhebern nicht um eine generelle Regelung geht, sondern vielmehr um ein konkretes Projekt, welches sie damit zu verhindern hoffen: die beiden im Zusammenhang mit dem Fussballstadion geplanten Wohntürme auf dem Hardturmareal. Diese liegen ziemlich genau 200 Meter vom Limmatufer entfernt – rein zufällig dürfte das nicht sein.

Freilich will niemand vom Initiativkomitee zugeben, wo der Hase im Pfeffer liegt. Die beachtliche Schnittmenge an Komiteemitgliedern und Gegnern des Stadion-Projekts ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen.

Ob und inwiefern eine Annahme der Initiative das Stadionprojekt beeinflussen könnte, ist umstritten. Die Stadt gibt sich zwar sicher, dass es keine Auswirkungen haben wird. Fragt man aber Baujuristen, sieht die Sache nicht mehr ganz so eindeutig aus. Eine weitere Verzögerung durch die Initiative scheint wahrscheinlich.

Zudem kann ein Projekt auch an kontinuierlichen Verzögerungen scheitern. Es wäre auf dem Hardturm bekanntermassen keine Premiere.

Auch der schwammig formulierte Gegenvorschlag des Stadtrats, der Uferschutzbestimmungen für sämtliche städtische Gewässer in der Zürcher Gemeindeordnung festschreiben will, vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr unterstreicht der Gegenvorschlag, dass sich die Uferschutzinitiative letztlich mit einem imaginären Problem befasst.

Die Stadt trägt ihren Gewässern und Ufern bereits genügend Sorge und die von Hochhauskritikern gerne ins Feld geführte Befürchtung, Zürich könnte sich zu einer Art Mini-Manhattan entwickeln, ist unbegründet.

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