Dienstag, Oktober 22


Authentifizierung

Wertvolle Weine werden oft gestohlen und gefälscht. Es ist weltweit ein Milliardengeschäft. Ein Schweizer bietet mit einer neuen Plattform die Möglichkeit, Weine zu authentifizieren und zu melden.

Vor drei Jahren wurden aus dem Keller des deutschen Gourmetrestaurants Kronenschlösschen in Eltville Weinraritäten im Wert von 235 000 Euro gestohlen. Darunter befanden sich berühmte und teure Etiketten wie die Châteaux Lafite-Rothschild und Pétrus aus dem Bordelais sowie Kultweine der Burgunder Domaine de la Romanée-Conti. Erst im April 2024 wurde der Diebstahl aufgeklärt.

Der Diebstahl von hochwertigen Weinen und der Handel mit diesen und mit Fakes sind weltweit ein Milliardengeschäft. Es darf davon ausgegangen werden, dass eine grosse, unbekannte Zahl von Fake-Flaschen im Umlauf ist. Die fünfzig Topweingüter der Welt mit ihren klingenden Namen produzieren mehr als fünf Millionen Flaschen pro Jahrgang mit einem Wert von 250 und mehr Franken je Einheit. Dies ergibt eine Summe von mehr als einer Milliarde Franken. Von diesem grossen Kuchen wollen auch unehrliche «Weinliebhaber» ihr Stück abschneiden.

Der Weinsammler und Auktionator Jürg Richter will dagegen vorgehen und hat deshalb kürzlich eine neue Plattform ins Leben gerufen. Auf bottleverification.com können gestohlene Weine gemeldet oder entsprechende Flaschen gesucht und auf ihre Echtheit geprüft werden. Bereits sind fast hundert Gewächse wie Château Latour und «La Tâche» von Romanée-Conti gelistet. Die Plattform ist kostenfrei zugänglich.

Was ist das Ziel der neuen Plattform?

Mit diesem Projekt will Jürg Richter den Dieben das Handwerk legen oder zumindest erschweren und den Handel mit gestohlenen Flaschen eindämmen. Diese tauchen oft an Auktionen auf, denn schliesslich will man ja daraus Geld machen. Die Plattform soll zudem offiziellen Behörden wie der Polizei und Interpol sowie Versicherungen zur Verfügung gestellt werden.

Ein ebenso grosses Problem wie gestohlene Weine sind gefälschte oder verfälschte Tropfen. Diese Fakes mit einem abgefüllten Fusel sind selbst für Profis schwierig zu erkennen. Kleinste Veränderungen an der Etikette oder an der Kapsel, ein falscher Korken – man versucht alles. Man schaut sich etwa den oben abgebildeten Château Lafite-Rothschild 1990 an, der auf den ersten Blick echt aussieht. Es handelt sich jedoch um eine sogenannte Vollfälschung, heisst: Von der Etikette über die Kapsel und den Korken ist alles gefälscht – natürlich auch der Inhalt.

Das innovative Verfahren stammt aus der Schweiz

Jürg Richter, der in seiner Haupttätigkeit bei der Sincona AG, einem Edelmetallhändler und Auktionshaus in Zürich, viel Erfahrung in der Numismatik (Münzkunde) und mit Münzen-Authentifizierung besitzt, hat in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz ein neues Verfahren entwickelt und anschliessend die Genuine-Analytics AG gegründet.

Dank diesem neuen, weltweit einmaligen und patentierten Verfahren kann der Wein auf seine Echtheit geprüft werden. Dabei wird das Messprofil des zu prüfenden Weins mit dem Messprofil des entsprechenden Originalweins verglichen. Zurzeit sind bereits beinahe tausend wertvolle Tropfen aus der ganzen Welt in der Datenbank erfasst.

Für den geprüften Wein wird ein Echtheitszertifikat ausgestellt. Darauf befinden sich die genaue Bezeichnung, das Analysedatum, eine einmalige Identifikationsnummer sowie der sogenannte Authenticity-Score (AS). Dieser umfasst eine Skala von 1 bis 100. Der Wert sollte so nahe wie möglich beim Maximum sein, damit der Wein echt ist. Die maximale Punktezahl von 100 kann praktisch nie erreicht werden. Grund: Der Inhalt zweier identischer Flaschen eines Produzenten kann in seiner Zusammensetzung minimal unterschiedlich sein, aber auch die Lagerung hat einen natürlichen Einfluss. Dies widerspiegelt der AS-Wert.

Vorläufig sind erst wenige ältere Weine auf ihre Echtheit geprüft worden. Wer solche Crus erwerben will, tue in jedem Fall gut daran, nur bei seriösen Quellen zu kaufen, sagt Richter. Das sind bekannte Auktionshäuser und vertrauenswürdige Weinhandlungen.

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