Mittwoch, Januar 8

Das Zürcher Unispital will ein neues System für die Verarbeitung der Patientendaten kaufen. Über hundert Kantonsräte haben sich nun in die Sache eingeschaltet.

Die Schweiz hat zwar ein exzellentes Gesundheitswesen, doch in Sachen Digitalisierung hinkt es hinterher. In jüngster Zeit haben die Spitäler aber aufzurüsten begonnen. Zentral sind für sie die sogenannten Klinikinformationssysteme, sie sind das Herz der Spital-IT. In diesen Systemen werden unter anderem die Patientendaten gespeichert oder die verordneten Untersuchungen und Behandlungen erfasst.

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Wenn ein Spital die Digitalisierung vorantreiben will, dann muss es dort ansetzen. Das grösste Spital im Kanton Zürich, das Unispital, ist gerade daran, ein neues Klinikinformationssystem zu beschaffen. Was trocken klingt, hat im Zürcher Parlament einige Unruhe ausgelöst. Denn es geht um viel Geld, um heikle Patientendaten und um die Frage, ob ein amerikanisches Grossunternehmen ein lokales KMU verdrängen wird.

Viele Zürcher Spitäler arbeiten heute mit einer Software von Cistec, einer Zürcher Firma mit rund 200 Angestellten. In diesen Markt ist nun aber auch ein amerikanisches Unternehmen vorgedrungen: Epic Systems mit Sitz im Gliedstaat Wisconsin und rund 10 000 Mitarbeitern.

Schon das Kinderspital entschied sich für Epic – zu hohen Kosten

Als sich das Zürcher Kinderspital Ende 2023 nach einer Ausschreibung für Epic und gegen Cistec entschieden hatte, sorgte das für Schlagzeilen. Denn Epic kostet das Spital gemäss dem publizierten Entscheid 51 Millionen Franken. Cistec hingegen offerierte sein System Kisim für 17 Millionen.

Nur wenige Monate nach diesem Entscheid wurde bekannt, dass das Kinderspital in argen Finanznöten steckte und vom Kanton mit einer Finanzspritze gerettet werden musste. Der Grund war nicht die Software, sondern die aus dem Ruder gelaufenen Kosten für den Neubau. Es warf allerdings die Frage auf, ob sich ein Spital, das vom Staat gerettet werden muss, wirklich ein derart teures IT-System leisten soll.

Das Kinderspital beruft sich darauf, dass Epic die Ausschreibung klar gewonnen habe. Der CEO Georg Schäppi sagte damals in den Tamedia-Zeitungen, dass sie dank der neuen Software diverse Zusatzsysteme abschalten könnten, die sie mit dem alten System brauchten. Dadurch könnten die Gesamtkosten gesenkt werden.

Auf Anfrage sagt das Kinderspital heute, dass es noch in Vertragsverhandlungen mit Epic stecke. Der Projektumfang und die Gesamtkosten seien noch offen. Gegenwärtig würden Kooperationen mit anderen Spitälern gesucht, die Epic nutzten, um Synergien zu schaffen und «Kosten zu optimieren».

Parlament will wissen: Gelangen die Daten in die USA?

Auch das Unispital hat in den letzten Jahren hohe Defizite geschrieben und steckt mitten in einem Neubauprojekt, das es vielleicht nicht aus eigener Kraft wird stemmen können. Im Hintergrund laufen zwischen dem Spital und der Zürcher Gesundheitsdirektion bereits Gespräche. Es ist gut möglich, dass auch das Unispital Geld vom Staat erhalten wird.

Umso mehr richten die Politikerinnen und Politiker ihre Augen nun auf den Kauf der neuen Kliniksoftware, welche das Spital womöglich teuer zu stehen kommen könnte. Der Entscheid im Unispital ist noch nicht gefallen. In einem Vorstoss haben über hundert Kantonsräte kritische Fragen an die Gesundheitsdirektion gestellt.

Die Parlamentarier wollen wissen, worin denn die Vorteile des teuren amerikanischen Anbieters liegen. Zudem äussern sie Bedenken zum Datenschutz. Im Falle von Epic gelangten die Daten zum Konzern in den USA, beim Schweizer Anbieter verblieben sie im Lande beziehungsweise beim Spital. «Wie beurteilen der Regierungsrat, die Datenschutzbeauftragte sowie die Patientenorganisationen diesen gravierenden Umstand?»

Unterdessen liegt die Antwort des Regierungsrats vor. Und die ist eher zwischen den Zeilen spannend. Zunächst sagt die Regierung, dass man sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht zur Software äussern könne. Grundsätzlich sei aber jedes Spital selbst verantwortlich für die Anschaffung seiner IT-Systeme sowie für die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Der Regierungsrat habe in einem Bericht allerdings ausdrücklich festgehalten – und hier wird es interessant –, dass bei Beschaffungen «die Betriebskosten besonders zu berücksichtigen seien» und dem Datenschutz Sorge getragen werden müsse.

Ist dies als Wink mit dem Zaunpfahl ans Unispital zu deuten? Das Spital ist derzeit daran, die in der Ausschreibung eingegangenen Angebote zu prüfen, der Zuschlag soll im ersten Quartal 2025 erteilt und öffentlich kommuniziert werden. Aufmerksamkeit ist diesem Entscheid gewiss.

Exit mobile version