Donnerstag, Oktober 3

Zehn russische Regionen waren in der Nacht Ziele ukrainischer unbemannter Fluggeräte. Am Rand von Moskau prallten mehrere von ihnen in Wohnhäuser und richteten Tod und Zerstörung an.

Das westliche Russland und vor allem die Region Moskau haben in der Nacht auf Dienstag heftige ukrainische Drohnenangriffe erlebt. Nach offiziellen Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden 144 unbemannte Fluggeräte über russischem Territorium abgeschossen oder durch radioelektronische Wellen zum Absturz gebracht.

Erstmals ein Todesopfer

Von den fünfzehn bis zwanzig Drohnen, die laut dem Moskauer Bürgermeister Sergei Sobjanin Moskau und das Moskauer Umland erreichten, prallten mehrere in Wohnhochhäuser in Ramenskoje, einer Vorstadt am südöstlichen Rand Moskaus, und setzten Wohnungen in Brand. In einem der Häuser erlitten rund die Hälfte der etwa hundert Wohnungen zum Teil erhebliche Schäden, wie der Gouverneur des Moskauer Gebiets, Andrei Worobjow, mitteilte.

Trümmerteile abgeschossener Drohnen landeten auch auf einer der südlichen Einfallstrassen und auf dem Gelände des nahe gelegenen kleinsten der vier internationalen Flughäfen Moskaus, Schukowski. Dieser und die ebenfalls im Süden der Hauptstadt gelegenen Flughäfen Wnukowo und Domodedowo waren nachts und bis in den Vormittag hinein über Stunden für Ankünfte und Abflüge gesperrt. Fast fünfzig Flüge mussten umgeleitet werden.

Erstmals bei einem Drohnenangriff auf die Hauptstadt und ihre unmittelbare Umgebung gab es ein Todesopfer zu beklagen. Eine 46-jährige Frau wurde wohl im Schlaf vom Aufprall des Fluggeräts auf ihre Wohnung überrascht und kam ums Leben. Acht weitere Personen aus Ramenskoje und einem Dorf etwas weiter westlich mussten sich in Spitalpflege begeben. Das staatliche Ermittlungskomitee eröffnete ein Verfahren wegen «Terrorismus».

Angriff beeindruckt Moskauer wenig

Acht weitere russische Regionen in Grenznähe zur Ukraine waren von den Drohnenangriffen betroffen. Im Unterschied zu nächtlichen Attacken der vergangenen Woche, als unter anderem die Moskauer Erdölraffinerie und ein Flugplatz bei Wolgograd Ziele waren, trafen die Drohnen diesmal kaum bedeutende Ziele.

Dafür wurden so viele Zivilisten und Wohnhäuser in Mitleidenschaft gezogen, wie es praktisch nie seit Beginn der Drohnenangriffe auf Moskau und das Moskauer Umland im Frühsommer 2023 vorgekommen war. Hunderte Bewohner der betroffenen Wohnviertel und Tausende von Flugreisenden am Boden und in der Luft bekamen, wie in manchen Nächten davor auch schon, die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine in und um Moskau zu spüren.

Aber obwohl die Bilder und Videos, die in den sozialen Netzwerken zirkulierten, an Zerstörungen in einem Kriegsgebiet erinnern, dürften sie nur gerade diejenigen ernsthaft erschüttert haben, die direkt oder indirekt von den Angriffen betroffen waren. Manche mögen sich vor dem Fernseher oder Mobiltelefon über die Angriffe empören. Die russische Gesellschaft scheint aber weitgehend abgestumpft zu sein gegenüber den Boten des Krieges. Die Menschen konzentrieren sich auf die Bewältigung des Alltags und verdrängen, auch um nicht verrückt zu werden, den meist fernen Krieg aus ihrem Leben.

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