Sonntag, November 24

Ein 62-jähriger ehemaliger Busfahrer ist vom Bezirksgericht Bülach wegen Fahrens ohne Berechtigung und vorsätzlicher Verletzung von Verkehrsregeln verurteilt worden.

Wer in der Stadt Zürich in einen Bus oder Trolleybus einsteigt, geht selbstverständlich davon aus, dass der Chauffeur einen gültigen Führerausweis besitzt. Bei einem 62-jährigen Schweizer war das nicht (mehr) der Fall. Er fuhr noch monatelang Bus, obwohl ihm der Ausweis entzogen worden war. Eine automatische Meldung an den Arbeitgeber vom Amt für Administrativmassnahmen gibt es nicht.

Viel härter als eine Verurteilung durch das Bezirksgericht Bülach traf den Busfahrer, dass er aufgrund seines Verhaltens seinen Job verlor, wie er vor Gericht selber deutlich macht. Seine ganze Lebenssituation habe sich gekehrt. «Das ist die eigentliche Bestrafung!» Die Ironie dabei: Er habe den Entzug seines Führerausweises seinem Arbeitgeber eben genau aus Angst, seinen Job zu verlieren, verheimlicht.

Der Ausweis war ihm wegen Tempoüberschreitungen mit seinem Roller zweimal entzogen worden. Dies galt dann für alle Fahrzeugkategorien. Als Busfahrer hatte er sich eigentlich nichts zuschulden kommen lassen, ausser dass er eben weiterhin Bus fuhr.

Vor Gericht betont der Beschuldigte, der sich ohne Verteidiger der Justiz stellt, als Busfahrer habe er nie jemanden gefährdet. Er habe jedoch «eine unüberlegte Kettenreaktion» ausgelöst, an der er selber schuld sei und die ihm auch leid tue.

Mehrfach zu schnell mit dem Motorroller unterwegs

Diese «Kettenreaktion» nennt der Richter «beachtlich», letztlich habe der Beschuldigte über ein Jahr lang delinquiert. Es begann damit, dass ihm im Sommer 2022 wegen Tempoüberschreitungen mit dem Motorrad der Führerausweis zunächst für zwei Monate entzogen worden war. Dann wurde er erwischt, wie er ohne Führerausweis mit dem Roller beim Flughafen Zürich mit einer Barriere kollidierte.

Ohne Führerausweis fuhr er im Juni, Juli und August 2022 auch weiterhin VBZ-Busse und -Trolleybusse in der Stadt Zürich, was die Strafverfolgungsbehörden damals aber noch nicht wussten. Im August 2022 wurde er wegen des Flughafen-Vorfalls mit einem Strafbefehl zu einer bedingten Geldstrafe von 25 Tagessätzen à 90 Franken bei einer Probezeit von 3 Jahren und 500 Franken Busse verurteilt.

Er erhielt einen zweiten Führerausweisentzug, diesmal für März bis Juni 2023. In dieser Zeit wurde er gleich dreimal auf seinem Arbeitsweg mit dem Roller geblitzt oder geriet in Polizeikontrollen, als er zu schnell fuhr. Das war im Bezirk Bülach, weshalb dieses Gericht auch für die VBZ-Fahrten in der Stadt Zürich zuständig ist.

Im März wurde er innerorts bei Tempo 50 mit netto 69 km/h, also 19 km/h zu viel erwischt. Im April wiesen ihn Polizisten nach einer Kontrolle an, seinen Roller nach Hause zu stossen. Trotzdem erschien er rund eine halbe Stunde später wieder fahrend am Ort der Kontrolle, weil er angeblich sein Portemonnaie suchte.

Auch während des zweiten Führerausweisentzugs fuhr der Beschuldigte monatelang täglich VBZ-Busse. Laut dem Einzelrichter war er insgesamt 5 Mal ohne Führerausweis mit dem Motorrad und 67 Mal in der Stadt Zürich als Buschauffeur unterwegs. Als die VBZ im April 2023 von den Verfehlungen erfuhren, wurde der Mitarbeiter mit rund 20-jähriger Erfahrung sofort frühpensioniert.

6000 Franken Gesamtkosten

Die Staatsanwältin, die nicht zum Prozess vor dem Einzelrichter erscheinen musste, hatte 10 Monate Freiheitsstrafe bedingt und 2000 Franken Busse gefordert. Der Einzelrichter setzt sogar noch einen Monat drauf: Es gibt 11 Monate Freiheitsstrafe bei einer verlängerten Probezeit von 4 Jahren und 2000 Franken Busse wegen Fahrens ohne Berechtigung und Verletzung von Verkehrsregeln.

Beim Strafmass erhält der Beschuldigte einen Bonus für seine Kooperation und für seine Situation durch den Jobverlust, strafschärfend wirkt sich das wiederholte vorsätzliche Delinquieren in der Probezeit aus. Der Beschuldigte muss zudem auch noch rund 4000 Franken Verfahrens- und Gerichtsgebühren bezahlen. Immerhin wird die bedingte Vorstrafe nicht widerrufen.

Wie die Sache letztlich aufgeflogen ist, wird im Gerichtssaal nicht klar. In der Pause sagt der Beschuldigte zu den Journalisten, er nehme an, dass jemand von der Polizei die VBZ verständigt habe.

Urteil GG230081 vom 24. 1. 2024, noch nicht rechtskräftig.

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