Mittwoch, März 12

Kurt E. aus S. fragt, ob ausschweifende Beschreibungen eines Weines der Realität entsprächen. Sind solche Notizen überhaupt glaubwürdig?

Manchmal ist die Weinsprache ein Buch mit sieben Siegeln. Manche Kritiker machen sich einen Sport daraus, möglichst originelle Beschreibungen abzuliefern. Leider fallen zahlreiche Degustationsnotizen zu opulent aus, um im Weinjargon zu bleiben. Gewisse Merkmale sind zudem schwierig oder gar nicht nachvollziehbar, obwohl die Beschreibung durchaus Eindruck vermitteln soll.

Ich halte es bei den Weinbeschreibungen lieber mit nüchternen Aussagen, die natürlich weniger reisserisch sind, weniger Show bieten und mitunter vielleicht auch etwas langweiliger daherkommen. Für mich entscheidend sind: ein vielschichtiges Bouquet, gute Harmonie von Frucht, Säure, Tanninen, Eleganz, schöne Struktur, gute Länge. Ein Wein darf kräftig sein, aber nicht zu opulent oder zu konzentriert. Aber das ist eine Geschmackssache, welchen Stil man bevorzugt.

Noch ein Hinweis: Man versuche doch am besten, einen Wein mit den eigenen Worten zu beschreiben. Es bringe absolut nichts, mit Begriffen um sich zu werfen, von denen man in Wahrheit keinen Plan habe, hat eine Weinbuch-Autorin einmal zu Recht geschrieben. Es ist nicht verboten, genau das auszusprechen, was man bei einem Schluck empfindet. Wenn also ein Wein sehr sauer schmeckt und man ihn daher nicht mag, darf man das problemlos sagen. Und: Je mehr und bewusster man degustiert und nach Beschreibungen sucht, desto sicherer wird man im Umgang mit Wein.

Fragen an: peter.keller@nzz.ch

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