Dienstag, Februar 25

Seine Flucht bei einem Gefangenentransport hat zwei Vollzugsbeamten das Leben gekostet. Nun ist Mohamed Amra in Bukarest festgenommen worden. Sein Hang zur ausgiebigen Kommunikation ist ihm zum Verhängnis geworden.

Neun Monate und fünfzehn Tage hat Mohamed Amras Flucht gedauert. Er hat dabei x-mal seine Telefonnummer gewechselt, die Haare gefärbt, sich einen Bart wachsen lassen und sich eine Brille zugelegt. Zudem verliess er Frankreich, wo er mehrfach strafrechtlich verurteilt worden war.

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Am Samstag stieg er in der rumänischen Hauptstadt Bukarest aus einem Auto und ging in Richtung eines Einkaufszentrums, als zwei vermummte Männer links und rechts von ihm auftauchten und ihn festnahmen. Es waren Angehörige der rumänischen Polizei. Sie führten den internationalen Haftbefehl aus, der vergangenen Mai in 196 Ländern gegen Mohamed Amra ergangen war.

«Die Fliege»

Der Auslöser: Amra, 30 Jahre alt, war aus einem Gefangenentransport im Norden Frankreichs entkommen. Er, der dort geboren und aufgewachsen war, sass damals wegen Gewalt-, Raub- und Einbruchsdelikten im Gefängnis von Rouen ein. An jenem Tag sollte er nach Évreux verlegt werden. Doch an der Mautstelle von Incarville in der Normandie wurde der Transporter von einem Fahrzeug gerammt und gestürmt. Zwei Strafvollzugsbeamte, die Amra begleiteten, wurden von den Angreifern erschossen. Seither fehlte von ihnen und dem Häftling jede Spur. Sogar im Strafvollzug machte dieser seinem Spitznamen alle Ehre. Sein Umfeld nannte ihn «La Mouche» – «die Fliege» –, weil er angeblich selten lange an einem Ort blieb.

Behörden und Medien berichteten, bei Amra handle es sich um einen mehrfach vorbestraften Kriminellen, der durch seine gewalttätige Art aufgefallen sei. Doch den Polizeibeamten, die während seiner Zeit im Gefängnis mit ihm zu tun gehabt hatten, war Amras Hang zum Telefonieren aufgefallen. Auch während der Haft soll er seine Geschäfte in der Normandie fortgeführt haben, die grösser waren als zunächst gedacht: Amra entpuppte sich als grosse Nummer im lokalen Drogenhandel, mit Verbindungen nach Spanien und in die Niederlande.

Dafür hatte er mehrere Nummern in Betrieb und achtete peinlichst darauf, dass er und seine Kontakte die Geolokalisierung ausgeschaltet hatten. Sein Drang zur Kommunikation wurde ihm nach langen Monaten ohne jede Spur zum Verhängnis. Anfang Februar konnten die französischen Behörden sein Telefon im Osten Frankreichs orten. Sie verfolgten das Signal, das wenig später in Bukarest auftauchte – und baten die rumänische Polizei um Hilfe.

Wird ein Netzwerk enttarnt?

Innerhalb von 48 Stunden nach der Ankunft in Bukarest wurde er gefunden und festgenommen, wie das rumänische Innenministerium jetzt nicht ohne Stolz berichtet. Amra habe sich in Rumänien aufgehalten, weil er sich einer Schönheitsoperation habe unterziehen wollen. Danach habe er eine Reise nach Kolumbien geplant.

Die rumänischen Behörden dürften Amra demnächst an Frankreich ausliefern. Dort wurden nach seiner Verhaftung mehr als ein Dutzend weitere Personen vorübergehend festgenommen. Auch in Marokko und in Thailand kam es zu Festnahmen, die im Zusammenhang mit Amras Flucht stehen könnten. Die französischen Behörden hoffen, dass sich nun nicht nur die Umstände von Amras spektakulärer Flucht aufklären – sondern auch ein Teil seines offenbar grossen Netzwerks auffliegt.

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