Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft schlägt Deutschland bei der WM in Dänemark gleich 5:1. Sven Andrighetto ist vierfacher Torschütze. Doch Nico Hischier fällt verletzt aus.
Die Eishockey-Nationalmannschaft kommt an der WM in Dänemark und Schweden immer besser in Fahrt. Im vierten Spiel folgte der dritte Sieg. Beim 5:1 gegen den Erzrivalen aus Deutschland zeigten die Schweizer namentlich im zweiten Drittel eine nahezu perfekte Leistung. Sven Andrighetto erzielt innerhalb von knapp acht Minuten einen Hattrick. Dazwischen wurde ein weiterer Treffer von Michael Fora wegen eines Offsides annulliert.
Die Duelle der alten Rivalen sind in der Regel meist enge Partien, die nur durch ein paar wenige Szenen und in der Schlussphase entschieden werden. Diesmal war die Partie bereits nach zwei Dritteln mehr oder weniger gelaufen. Das Team von Coach Patrick Fischer zeigte eine reife Leistung. Wer kleinlich sein möchte, der kann die Chancenauswertung im Mittelabschnitt bemängeln, in dem das Schuss-Verhältnis 13:5 zugunsten der Schweizer lautete.
Sven Andrighetto entfesselt
Doch das wäre eher eine schräge Argumentation. Andrighetto sagte nach dem zweiten Drittel im Interview mit dem Schweizer Fernsehen, im Mitteldrittel habe man mehr Zug auf das Tor gehabt und damit auch die Tore erzwungen. Für den Zürcher Meister-Stürmer waren es die Treffer Nummer 2 bis 5 am diesjährigen Turnier.
Die Schweizer Mannschaft wird getragen von einer Euphorie und einem Zusammenhalt, der vieles denkbar und sogar wahrscheinlich macht. Bereits nach vier der sieben Gruppenspielen steht die Viertelfinal-Qualifikation mehr oder weniger fest. In den nächsten Partien wird es darum gehen, sich eine möglichst gute Ausgangslage für die K.O.-Phase zu verschaffen. Ab dem kommenden Donnerstag wird es in Stockholm um die Medaillen gehen.
Getrübt wurde die Schweizer Freude über den Prestigeerfolg über den liebsten Rivalen allerdings vom Ausfall des Schweizer Captains Nico Hischier. Der Walliser schied bereits im Startdrittel nach einem Zusammenstoss aus. Mit einer Verletzung im unteren Körperbereich verschwand er sofort in der Kabine und kehrte nicht mehr aufs Eis zurück. Wie schwer er sich verletzt hat und ob er im weiteren Verlauf des Turniers noch einmal ins Team zurückkehren wird, steht noch nicht fest.
Was aber bedeutet nun dieser Match für die Fortsetzung des Turniers? Die Schweiz und Tschechien dürften die Gruppe auf den ersten beiden Plätzen abschliessen. Fischers Team warten in den verbleibenden drei Partien noch Norwegen (Freitag, 20.20 Uhr), Ungarn (Sonntag, 20.20 Uhr) und Kasachstan (Dienstag, 12.20 Uhr). Das alles sind Gegner, gegen die die Schweizer mittlerweile üblicherweise gewinnen. Das Minimalziel, die Viertelfinalqualifikation, ist damit bereits mehr oder weniger erreicht.
Doch dieses Team kann mehr, es will auch mehr. In den vergangenen 14 Jahren haben die Schweizer dreimal Medaillen gewonnen (2013, 2018, 2024). Auch in diesem Frühjahr muss Edelmetall nun das Ziel sein. Es wäre die erste Medaille, welche ohne den NHL-Anker Roman Josi gewonnen würde. Der Unterschied zwischen NHL- und National-League-Spieler ist nicht mehr so gross, wie sie das noch bis vor kurzem war. Wie das Team gestern auf den Ausfall ihres Captains Hischier reagierten, zeugt von grosser Reife.
Die vier Treffer von Andrighetto sind ein Rekord in der jüngeren Geschichte der A-Weltmeisterschaft, viermal hatte in der Vorbereitung auch Denis Malgin seinen Stock mit im Spiel. Die beiden kennen sich aus dem Alltag im Klub und harmonieren auch im Nationalteam hervorragend. Genoni sagte nach dem Match, anfänglich habe dem Team etwas die Reife gefehlt. Doch ihm habe speziell gefallen, wie ruhig das ganze Team geblieben sei. Der Zuger Torhüter hatte bereits gegen die USA einen Match ohne Gegentreffer gefeiert, am Donnerstag gegen Deutschland dauerte es bis eineinhalb Minuten vor Schluss, ehe Michael Fora einen Schuss von Jonas Müller unhaltbar für Genoni ins eigene Tor ablenkte. Es verhinderte den zweiten Shut-out in Folge.
Das alles spricht für den Reifeprozess, welchen dieses Team unter Fischer zurückgelegt hat. Von Angstgegner Deutschland kann keine Rede mehr sein. Seit den empfindlichen Viertelfinalniederlagen arbeitet Fischer mit seinem Team an diesen Spielen, in die Sieger von Verlierern trennen. Es war der zweite WM-Erfolg in Serie gegen die Deutschen. Noch vor einmal Jahr war vor dem Viertelfinal gegen sie das grosse Zittern ausgebrochen. Mittlerweile treten die Schweizer auch in solchen Partien mit Selbstbewusstsein und breiter Brust auf.
Doch unter dem Strich hat das Nationalteam ausser einem Prestigesieg über den liebsten Rivalen in Herning noch nichts gewonnen. Die Ansprüche wachsen mit den Auftritten. Mittlerweile wäre es wohl bereits eine Enttäuschung, die Halbfinals zu verpassen. Auch dieser Anspruch ist die Konsequenz aus dem Reifeprozess. Umso wichtiger ist es, den kühlen Kopf auch in emotionalen Augenblicken wie dem gestrigen zu waren. Andrighetto, der Mann des Spiels, fast es in einer Binsenwahrheit zusammen. «Wenn es läuft, dann läufts. Der Sieg war wichtig. Doch vergessen wir nicht, dass uns Leo (Genoni) im ersten Drittel mit ein paar big saves im Spiel gehalten hat.» Mit vier persönlichen Toren im Rücken, ist es bestimmt einfacher, Gelassenheit und Souveränität auszustrahlen. Es war definitiv der Nachmittag von Sven Andrighetto.