Das Schweizer Eishockey-Nationalteam unterliegt im Endspiel Tschechien 0:2 und verpasst den ersten Weltmeistertitel. Die beiden Tore für den Gastgeber fallen im letzten Drittel.
(sda) Die Schweizer standen zum dritten Mal in einem WM-Final. Die beiden letzten Male unterlagen sie Schweden. 2013 waren sie chancenlos und verloren 1:5. 2018 fiel die Entscheidung erst im Penaltyschiessen. Und nun verpasst die Schweiz auch gegen Tschechien den Titel. So mussten sich die Schweizer zum vierten Mal mit Silber begnügen. 1935, als es noch keine K.-o.-Runden gab, errangen sie ebenfalls den zweiten Platz.
Das Duell der beiden Finalisten in der Vorrunde wurde beim Stand von 1:1 erst im Penaltyschiessen entschieden. Die Schweizer behielten das bessere Ende. Seither sind bei den Tschechen mit David Pastrnak, Pavel Zacha und Martin Necas drei weitere NHL-Spieler dazugestossen. Und auch dieses Mal wurde es zu einem Geduldsspiel.
Die Schweiz zeigte sich stark in der Defensive
Beide Teams verteidigten sehr diszipliniert. Die solide Defensive war praktisch während des gesamten Turniers eine Stärke der Schweizer, und im Final hielt sich auch das Boxplay schadlos. Zudem konnten sie sich erneut auf Leonardo Genoni verlassen. Der 36-jährige Torhüter des EV Zug gab seinen Vorderleuten mit seiner Körpersprache Sicherheit.
In der 50. Minute war aber auch Genoni geschlagen, Pastrnak traf nach einem Pass von Verteidiger Tomas Kundratek mit einem satten Direktschuss. Es war für den Starstürmer der Boston Bruins, der in den letzten beiden Qualifikationen in der NHL sagenhafte 223 Punkte gesammelt hatte, im vierten Spiel an diesem Turnier der erste Punkt. Nun wird er in Tschechien noch mehr verehrt, denn die Schweizer waren zu keiner Reaktion fähig. 19 Sekunden vor dem Ende machte David Kämpf mit einem Schuss ins leere Tor alles klar.
Verpasste Chance in der 17. Minute
Die Tschechen starteten sehr druckvoll, hatten im ersten Drittel klare Vorteile. In der 5. Minute hatten die Schweizer Glück, dass der tschechische Captain Roman Cervenka in bester Position vor dem Tor nicht an den Puck kam. Nach vorne brachten die Schweizer wenig zustande, dennoch wären sie in der 17. Minute beinahe in Führung gegangen. Christoph Bertschy scheiterte mit einem Schuss aus halbrechter Position am Pfosten.
Im Mittelabschnitt fanden die Schweizer besser ins Spiel, ohne viel Torgefahr zu kreieren. Die beste Chance vergab in der 37. Minute Nino Niederreiter im Powerplay aus dem Slot heraus, er brachte den Puck aber nicht am tschechischen Keeper Lukas Dostal vorbei. Kurz vor der zweiten Pause überstanden die Schweizer eine Druckphase der Osteuropäer, in der David Kämpf einen Pfostenschuss verzeichnete.
Für die Tschechen war es der 13. Weltmeistertitel, der erste seit 2010. Danach gewannen sie bis am Sonntag noch dreimal Bronze, so auch vor einem Jahr. Dennoch wurde die Arbeit mit Trainer Kari Jalonen beendet. Der Finne, der erste ausländische Trainer der tschechischen Nationalmannschaft, der zuvor Bern zu zwei Meistertiteln geführt hatte, wurde durch Radim Rulik ersetzt. Das zahlte sich aus. Zudem verzeichneten die Organisatoren mit insgesamt 797 727 Zuschauern einen Rekord. Besser hätte die WM für die Tschechen nicht laufen können.
In der Halle präsentierten die tschechischen Spieler den euphorisierten Fans den WM-Pokal, während die Schweizer mit der Silbermedaille um den Hals schwer enttäuscht durch jene Zone liefen, in der die Interviews mit den Journalisten stattfinden. «Die coole Stimmung hat uns eher gepusht. Wir zeigten ein sehr gutes Spiel, es hätte auch auf unsere Seite kippen können», sagte Captain Roman Josi, der zum besten Verteidiger des Turniers gewählt wurde.
«Schwer zu akzeptieren»
Genau deshalb sass der Stachel umso tiefer. «Wir hatten einen unglaublichen Siegeswillen, glaubten während des gesamten Spiels daran, dass wir gewinnen. Dass es dennoch nicht geklappt hat, ist im Moment schwierig zu akzeptieren», fuhr Josi fort. Der 33-jährige Berner war schon bei den Final-Niederlagen 2013 und 2018 dabei. «Man weiss nie, wann man an einer WM wieder im Final steht, der Weg dorthin ist extrem lang, deshalb hätten wir den Pokal noch sehr gerne in die Schweiz gebracht.»
Josis Freund und Zimmerkollege Nino Niederreiter, für den es – wie auch für Goalie Reto Berra – ebenfalls die dritte WM-Silbermedaille war, verglich die Partie mit einem Schachspiel. «Beide Teams agierten sehr strukturiert.» An was fehlte es, dass kein Treffer gelang? «Das ist schwierig zu sagen. Der Wille war sicherlich da, wir kämpften bis am Ende, probierten alles, um den Puck irgendwie ins Tor zu bringen.»
Fischer voll des Lobes
Wie immer stellte sich Nationaltrainer Patrick Fischer am Schluss der schreibenden Presse. «Es ging eigentlich alles auf. Wir wussten, je länger wir dranbleiben, desto nervöser werden sie», sagte er. Als in der 48. Minute beim Stand von 0:0 ein Teil des Plexiglases ausgetauscht werden musste, schwörte er das ganze Team nochmals ein. «Ich wollte noch einmal Energie hineinbringen, aber leider nutzte es nichts.» Im Gegenteil: Zwei Minuten später fiel das entscheidende 0:1.
Einen Vorwurf machte Fischer der Mannschaft nicht: «Mehr als alles geben, kann man nicht. Was wir hier leisteten, war unglaublich. Wir zeigten, was es heisst, füreinander einzustehen, füreinander zu kämpfen. Es tut weh, wir waren reif für den letzten Schritt, aber ich sage immer das Gleiche: ‹Ich bin so dankbar, solche Spieler mit meinem Staff coachen zu dürfen.› Wir werden nicht aufgeben, haben nun genug Silbermedaillen.»
Nur lobende Worte hatte Fischer für das Turnier. «Es war organisatorisch und von den Fans her die beste WM, die ich je erlebt habe. Schön können sie sich freuen. Wir werden die Zeit hier sicher nicht vergessen.» Auf die Bemerkung, dass sie nun halt die Goldmedaille ihrerseits an der Heim-WM holen – diese findet 2026 in Zürich und Freiburg statt – entgegnete Fischer: «Das wäre ein guter Plan.»