Dienstag, Oktober 22

Bisher liebte Elon Musk das unternehmerische Risiko. Nun setzt er auch politisch alles auf eine Karte: Donald Trump. Für den Sieg des Republikaners geht er auch an legale Grenzen. In den Swing States vergibt Musk nun täglich eine Million Dollar an registrierte Wähler.

Elon Musk hat die Elektromobilität und die Raumfahrt revolutioniert. Auf der Website seines Autoherstellers Tesla wird er deshalb nicht ganz zu Unrecht als «Technoking» bezeichnet. Nun aber will sich der reichste Mann der Welt auch in der Politik zumindest als «Königsmacher» erweisen. Er werde monatlich rund 45 Millionen Dollar in sein politisches Aktionskomitee «America PAC» investieren, um Donald Trump im Wahlkampf zu unterstützen, kündigte Musk bereits im Juli an. Wie sich jetzt aber zeigt, geht sein Engagement weit über eine grosszügige finanzielle Hilfe für Wahlwerbung hinaus. Der Multimilliardär verfolgt einen eigenen Plan, um konservative Wähler zu mobilisieren.

Musk telefoniert regelmässig mit Trump und hält sich derzeit vor allem in Pennsylvania auf, dem vermutlich alles entscheidenden Swing State. Von dort aus organisiert der Unternehmer die Operationen seines «America PAC», wobei er dafür auch Manager aus seinen eigenen Firmen abzog. Mit seinen Millionen bezahlt Musk ein Heer von Helfern, die in Swing States von Tür zu Tür gehen, um Wähler für Trump zu gewinnen.

Nahe an der gesetzlichen Grenze

Das alles ist noch nicht ungewöhnlich. Auch andere amerikanische Milliardäre – wie etwa der Industrielle Charles Koch – leisten sich solche Wahlkampfvehikel. Vor zwei Wochen jedoch versprach Musks Organisation in Swing States jedem registrierten Wähler 47 Dollar, der eine Petition mit Angabe seiner Adresse unterschreibt und einen weiteren Unterzeichner rekrutiert. Bei der Petition handelt es sich lediglich um ein Bekenntnis zum Recht auf Waffenbesitz und Redefreiheit – zwei in konservativen Kreisen besonders heilige Verfassungsrechte. Das eigentliche Ziel hinter der spendablen Aktion ist es dabei, an die Daten möglicher Trump-Wähler zu gelangen, um sie dann gezielt zu mobilisieren.

Aber auch wenn dieses Vorgehen ungewöhnlich erscheint, illegal war es vermutlich noch nicht. «America PAC gibt letztlich Geld für Wählerdaten aus. Das machen PACs und Kampagnen die ganze Zeit», erklärte der Anwalt Brendan Fischer gegenüber der «New York Times». Am Samstag überreichte Musk bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania einem Unterzeichner der Petition allerdings einen Check über eine Million Dollar. An jedem Tag bis zum Wahltag werde nun ein solcher Check «zufällig» an Leute vergeben, welche die Petition unterzeichnet hätten, erklärte Musk. Damit wolle er die Aktion bekannter machen. Die etablierten Medien wollten nicht darüber berichten. «Aber jetzt werden sich diese News verbreiten.»

Fischer, ein Experte für Wahlkampffinanzierung, sieht dieses Gewinnspiel kritischer als die ursprünglichen 47 Dollar für jeden Unterzeichner. Es sei «näher an der Grenze des Gesetzes», sagte er der «New York Times» am Montag. Der Rechtsprofessor Rick Hasen von der University of California fand indes deutlichere Worte. Die Lotterie sei «klar illegal», schrieb er am Samstag auf seinem Blog. Sie schaffe einen finanziellen Anreiz für mögliche Trump-Wähler, um sich für die Wahl zu registrieren. Der demokratische Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, äusserte sich ebenfalls kritisch: Es stellten sich «ernsthafte Fragen», um die sich die Strafverfolgungsbehörden eventuell kümmern sollten.

Gemäss Brad Smith, einem ehemaligen Vorsitzenden der nationalen Wahlkommission, bewegt sich Musk aber immer noch in einem zulässigen Bereich. Er bezahle die Leute letztlich nur dafür, die Petition zu unterzeichnen. Der Unternehmer werde damit durchkommen.

Ohnehin stellt sich die Frage, wie erfolgreich Musk bisher als Wahlkampfmanager ist. Das Millionenspiel könnte auch ein Zeichen dafür sein, dass die Idee mit der Petition bisher nicht gut funktionierte. Vier Personen, die für «America PAC» an die Haustüren von Wählern klopften, kritisierten die mangelhafte Organisation gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Sie würden ihre Ziele nicht erreichen. Die «Washington Post» begleitete eine von Musks Mitarbeiterinnen im Feld. Immer wieder habe ihre App versagt und sie zu Häusern von demokratischen Wählern geführt, schreibt die Zeitung.

«Wenn er verliert, bin ich am Arsch»

Um ein erfolgreiches «ground game» mit gut ausgebildeten Türklopfern und zielgenauen Wählerdaten aufzuziehen, braucht es eine lange Vorbereitungszeit. Noch bis im Frühling soll sich Musk nicht sicher gewesen sein, ob er Trump wirklich unterstützen wolle. In den republikanischen Vorwahlen stellte er sich hinter Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Nun jedoch sei er «besessen» von dieser Wahl und der existenziellen Notwendigkeit eines Sieges für Trump, schreibt die «New York Times». Im Privaten soll er kürzlich ohne Ironie gesagt haben: «Ich liebe Trump.»

Sowohl bei Wahlkampfauftritten als auch auf seinem Kurznachrichtendienst X verwendet Musk eine ähnlich apokalyptische Rhetorik wie Trump. Falls dieser nicht gewinne, werde dies die letzte wirkliche Wahl in den USA sein, schrieb er auf X im September. Die Demokraten würden danach die Einbürgerung von Immigranten beschleunigen, um sie im Eilverfahren zu ihren Wählern zu machen. Die USA würden dadurch zu einem «Einparteistaat» und einem sozialistischen Albtraum wie das demokratische San Francisco. Trump sei deshalb die einzige Lösung, um die amerikanische Demokratie zu retten.

Was Musk derart radikalisierte, bleibt spekulativ. Oft wird seine Transgender-Tochter Vivian Jenna Wilson als Grund genannt. Sie hat mit ihrem Vater gebrochen. Er akzeptiert ihre sexuelle Identität nicht. Er habe seinen Sohn verloren, sagt Musk. «Getötet durch das woke Virus.»

Musk werde schlicht von seinem unbändigen Gestaltungswillen getrieben, schreibt hingegen der Journalist Franklin Foer in «The Atlantic». Er wolle den ehemaligen Präsidenten als trojanisches Pferd benutzen: «Wenn Musk Trump zurück ins Weisse Haus befördert, verschmilzt seine Superintelligenz mit dem mächtigsten Apparat des Planeten – dem amerikanischen Staat.»

Trump hat dem Unternehmer eine Rolle in seiner Regierung versprochen. Musk soll den Staat auf Effizienz trimmen. Bereits heute indes hängen die USA stark von Musks Unternehmen und ihren Dienstleistungen ab. Die Regierung ist nicht mehr nur auf die Raketen von SpaceX angewiesen. Das Unternehmen erfüllt mit seinen vielen Satelliten auch wichtige Kommunikationsaufgaben für das Pentagon. Mit Trump im Weissen Haus könnte Musk noch leichter an Staatsaufträge kommen, glaubt Foer. Er habe das finanzielle Potenzial des Staates erst gerade angezapft. «Und Trump ist der Traum.»

Das politische Risiko für Musk scheint allerdings beträchtlich. Das gab er kürzlich auch selber zu: «Wenn er verliert, bin ich am Arsch», sagte Musk in einem Interview über Trump. Andrerseits: Die Bereitschaft, sich derart in die Wahl einzumischen, spricht auch dafür, wie unantastbar sich Musk derzeit fühlt.

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