Die Partei des früheren Premierministers Imran Khan ist der derzeitigen Regierung ein Dorn im Auge. Diese will sie nun verbieten – nur wenige Tage, nachdem Khans Partei durch ein Urteil des Obersten Gerichts gestärkt worden ist.
Pakistans Regierung hat mit der Ankündigung, die Partei des früheren Premierministers Imran Khan zu verbieten, breite Empörung im Land ausgelöst. Nicht nur Khans Partei Pakistan Tehreek-e Insaf (PTI), sondern auch die anderen grossen Oppositionsparteien kritisierten das Verbotsverfahren als Angriff auf die Demokratie und die Verfassung. Die PTI warnte die Regierung davor, mit dem Verbot der grössten und populärsten Partei des Landes die Fundamente Pakistans zum Einsturz zu bringen und das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen.
Pakistans Informationsminister Attaullah Tarar hatte am Montag gesagt, die Regierung werde beim Obersten Gericht ein Verbot der PTI beantragen. Er warf der Partei vor, die Bemühungen der Regierung zur Stabilisierung des Landes zu hintertreiben. Pakistan und die PTI könnten nicht zusammen existieren, sagte Tarar. Er kündigte zudem an, Imran Khan, den früheren Staatspräsidenten Arif Alvi und ein weiteres führendes PTI-Mitglied wegen Hochverrats anzuklagen.
Die Ankündigung zum Verbot von Khans Partei erfolgte drei Tage nachdem das Oberste Gericht entschieden hatte, dass die PTI alle Kriterien einer Partei erfüllt. Die PTI habe daher im Parlament Anrecht auf zusätzliche Sitze, die für Frauen und Minderheiten reserviert sind und an die Parteien gemäss deren Stärke verteilt werden, urteilten die Richter am Freitag. Die PTI wird damit zur grössten Kraft im Parlament, während die Regierung ihre Zwei-Drittel-Mehrheit verliert.
Die Regierung fürchtet die Popularität von Imran Khan
Die PTI-Kandidaten hatten bei der Parlamentswahl im Februar als Unabhängige antreten müssen, nachdem die Wahlkommission in einer umstrittenen Entscheidung der Partei untersagt hatte, unter ihrem eigenen Namen anzutreten. Der Schritt war weithin als Versuch des mächtigen Militärs gedeutet worden, die Partei von Imran Khan um einen Sieg zu bringen. Das Militär hat in Pakistan grossen Einfluss auf die Politik und gilt als Unterstützer der gegenwärtigen Regierung. Am Ende hatte die PTI trotzdem am meisten Sitze im Parlament gewonnen.
Imran Khan ist eine schillernde Gestalt. Die Bilanz seiner vierjährigen Regierungszeit ist durchwachsen, doch bleibt er einer der populärsten Politiker Pakistans. Der frühere Cricketspieler war 2018 mit der Unterstützung des Militärs an die Macht gelangt, hatte sich dann aber mit den Generälen überworfen. Im April 2022 war er vom Parlament durch ein Misstrauensvotum gestürzt und im Mai 2023 festgenommen worden. Seine Festnahme führte zu blutigen Unruhen.
Seither sitzt der 71-Jährige im Gefängnis. Am Samstag kippte zwar ein Gericht eine Verurteilung Khans und seiner Ehefrau Bushra Bibi wegen eines Verstosses gegen die Ehegesetze, doch bleibt Khan wegen anderer Anklagen in Haft. Dem Paar war vorgeworfen worden, nach Bibis Scheidung von ihrem früheren Ehemann ein islamisches Gesetz missachtet zu haben, das vor einer erneuten Heirat eine Wartezeit vorschreibt. Das Urteil war in Pakistan weithin als frauenfeindlich und politisch motiviert kritisiert worden.
Selbst Sharifs Koalitionspartner distanziert sich
Dass die Regierung von Premierminister Shehbaz Sharif nun versuchen will, die PTI ganz zu verbieten, stiess bei den anderen politischen Parteien auf scharfe Kritik. Selbst Sharifs Koalitionspartner Pakistan People’s Party (PPP) distanzierte sich von dem Vorhaben. Mehrere PPP-Vertreter erklärten, sie seien über den Plan nicht vorab informiert worden. Ein Verfahren zum Verbot der PTI und eine Anklage deren Anführer wegen Hochverrats seien nicht der richtige Weg und würden die politische Krise des Landes nur vertiefen.
Die pakistanische Zeitung «Dawn» wertete das Verbotsverfahren als Akt der Verzweiflung. Statt damit Macht zu demonstrieren, wirke die Regierung wie ein Ertrinkender, der sich an Strohhalme klammere. Mit dem Versuch zum Verbot einer Partei aufgrund fragwürdiger Vorwürfe folge Sharif der Tradition von Militärdiktatoren, schrieb die Zeitung am Dienstag in einem Leitartikel. «Wie Sandkörner rinnt die Macht umso schneller aus der Hand, je stärker die Faust geballt wird.»
Die Regierung unter der Führung von Sharifs Pakistan Muslim League (Nawaz) kämpft seit ihrem Amtsantritt mit grossen politischen und wirtschaftlichen Problemen. Ihr Wahlsieg war so umstritten, dass sie nur wenig Legitimität und Rückhalt im Volk besitzt. Pakistan ringt seit Jahren mit einer exorbitanten Staatsverschuldung und einer hohen Inflation. Nur ein Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds bewahrt Pakistan vor dem finanziellen Kollaps.

