Das Verhältnis der Griechen zur ehemaligen Königsfamilie ist kompliziert. Die Ex-Royals lebten jahrzehntelang im Exil, 1994 wurde ihnen der griechische Pass entzogen.
Drei Jahrzehnte lebten sie praktisch staatenlos im Exil, nun haben sie wieder Pässe – und einen Nachnamen. Die Rede ist von der ehemaligen griechischen Königsfamilie. Das Innenministerium in Athen genehmigte kurz vor Weihnachten den Antrag von Pavlos und neun weiteren Familienmitgliedern auf die griechische Staatsbürgerschaft.
Zuvor hatten die ehemaligen Royals einen Nachnamen annehmen müssen. Dies ist eine Voraussetzung dafür, einen griechischen Pass zu erhalten. Die Nachfahren des Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg heissen fortan «de Grèce», französisch für «von Griechenland».
Bei «de Grèce» handelt es sich um einen Kompromiss. Eigentlich hatte sich die Familie den Nachnahmen «tis Elládos», also griechisch für «von Griechenland», geben wollen. Doch das wäre ein Adelstitel. Und diese sind seit der Abschaffung der Monarchie vor fünfzig Jahren verboten. Von dem ihnen bei der Aberkennung der Staatsbürgerschaft 1994 zugewiesenen Namen Glücksburg hatten sie sich seither distanziert, da sie fanden, dieser verbinde sie zu sehr mit ihrer deutschen Abstammung und zeichne sie zu wenig als legitime Griechen aus.
«Ein historisches Problem wird gelöst», sagte Innenminister Athanasios Balerpas. Ein umstrittenes Kapitel der Vergangenheit werde damit beendet. Nun könne man als Volk nach vorne schauen.
Der Tod von König Konstantin II. ebnete Weg zu Kompromiss
Der Beziehungsstatus zwischen Griechenland und seinen Royals war in den letzten Jahrzehnten kompliziert. Die Staatenlosigkeit der einstigen königlichen Familie Griechenlands dauerte über ein halbes Jahrhundert an. Dass sie nun beendet ist, hängt mit dem Tod des ehemaligen Königs Konstantin II., des Vaters von Pavlos, zusammen.
König Konstantin II. war im Jahr 1967 nach einem Militärputsch mit seiner Frau Anne-Marie von Dänemark und den Kindern ins Exil gegangen, die Familie residiert seitdem hauptsächlich in London. Die damalige Junta-Regierung liess im Juli 1973 die Monarchie durch ein Referendum abschaffen. Auch nach Wiedereinführung der Demokratie stimmten 1974 etwa 70 Prozent der Griechen für die Abschaffung der Monarchie.
Obwohl Konstantin II. diese Tatsache akzeptierte, bezeichnete er sich weiterhin als König von Griechenland und seine fünf Kinder, unter ihnen Pavlos, als Prinzen und Prinzessinnen. Dies stiess bei vielen Griechen auf Unmut. Offiziell abgedankt hatte Konstantin II. nie.
In den letzten Jahrzehnten beschränkten sich die Besuche der im Londoner Exil lebenden Familie in Griechenland auf kurze Aufenthalte. 1994 entzog die damalige sozialistische Regierung den Royals sogar die Staatsbürgerschaft, woraufhin diese mit dänischen Diplomatenpässen reisten. Vor einigen Jahren hatte die Familie ein Ferienhaus auf der griechischen Halbinsel Peloponnes gekauft, wo sie als dänische Touristen lebten.
Pavlos erkennt die parlamentarische Präsidialdemokratie an
Erst nach dem Tod Konstantins II. sei ein Kommunikationskanal zwischen der Athener Regierung und den Ex-Royals eingerichtet worden, berichten griechische Medien. Bei informellen Abendessen sollen die Bedingungen festgelegt worden sein, die die Rückgabe der Staatsbürgerschaft an die Ex-Royals ermöglichten. Pavlos musste sich laut den Berichten förmlich dazu verpflichten, niemals die derzeitige Regierungsform, die als parlamentarische Präsidialdemokratie definiert ist, infrage zu stellen.
Der griechischen Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis ist somit ein Spagat gelungen. Derjenige Teil ihrer konservativen Wählerschaft, der promonarchistisch eingestellt ist, dürfte zufrieden sein. Auf der anderen Seite könnte der antimonarchistische Teil der Wähler es schätzen, dass die ehemalige Königsfamilie zum Einlenken gezwungen wurde. Allerdings sind nicht alle Politiker mit dem gefundenen Kompromiss zufrieden. «Der Nachname, den sie gewählt haben, beweist, dass sie einen Mythos aufrechterhalten wollen», sagte Nikos Androulakis, Vorsitzender der grössten Oppositionspartei, der sozialdemokratischen Pasok.
Mit der Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft sind die Söhne von Pavlos, die sich im wehrpflichtigen Alter befinden, zum Dienst in den griechischen Streitkräften verpflichtet. Pavlos beabsichtigt laut Medienberichten, dass seine Söhne auf jeden Fall zur Armee gehen und sich nicht freikaufen.
Konstantin II. war mit mehreren europäischen Königshäusern verwandt und verschwägert: Seine Schwester Sophia ist mit dem spanischen König Juan Carlos verheiratet. Die bis Anfang 2024 amtierende Königin von Dänemark, Margrethe II., ist seine Schwägerin, und Prinz Philip, der Ehemann von Queen Elizabeth II., war ein Cousin seines Vaters. Konstantin II. war auch Taufpate von Prinz William.
Auch Konstantins Kinder sind international verbandelt: Sein ältester Sohn Pavlos heiratete die Londoner Milliardärserbin Marie-Chantal Miller. Nikolaos, ein Gesicht des internationalen Jetsets, ist mit der Schweizerin Tatiana Blatnik verheiratet. Der jüngste Sohn Philippos, Patenkind der verstorbenen Prinzessin Diana, ehelichte vor drei Jahren die Schweizer Milliardärstochter Nina Flohr.
Pavlos’ Mutter Anne-Marie, die Witwe von Konstantin II., weigerte sich allerdings laut Medienberichten strikt, die griechische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Damit bleibt sie der unbeirrbaren Haltung ihres verstorbenen Mannes treu, die sie ihr Leben lang vertreten hat: «Ich habe keinen Nachnamen, weil meine Familie, die aus Dänemark stammt, auch keinen hat. Die dänische Königsfamilie hat keinen Nachnamen.»