Es wäre falsch, mögliche Alternativen zum Batterieauto abzuwürgen. Doch Antriebe wie Wasserstoff und E-Fuels retten das Klima auch nicht.

Der Zwist um die Energiewende kocht insbesondere im Bereich der Mobilität hoch. Auf der einen Seite stehen die Befürworter einer harten Linie gegen fossile Treibstoffe und eines faktischen Verbots von neuen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor per 2035. Auf der anderen Seite beziehen die Mahner vor einem Einschwenken auf den einen technologischen Weg der Batterieautos Stellung. Technologieoffen solle man bleiben.

Auslöser für die Diskussion war der Beschluss der EU-Kommission im Rahmen des sogenannten Clean Deal, ab 2035 nur noch Neuwagen zum Verkauf zuzulassen, die emissionsfrei fahren. Geplant ist, 2026 die vorgesehene Regelung noch einmal zu überdenken. Seit der Europawahl im Mai hat sich die politische Lage verschoben, konservativere Kräfte könnten versuchen, das Einschwenken der EU-Kommission auf den einzigen Lösungsweg hin zur Elektromobilität zu entkräften und den Verbrennungsmotoren noch ein längeres Leben zu bescheren.

Gegen Technologieoffenheit ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Vieles spricht dafür, sich bei Forschung und Entwicklung nicht nur für eine mögliche Lösung auf dem Weg zur Reduktion von Treibhausgas zu entscheiden. Stattdessen sollte man sich in der Tat jedes chancenreiche Hintertürchen offen halten.

Doch sollte der Fokus auf mehr Realismus liegen. Wie chancenreich sind alternative Antriebe wie Wasserstoff, Brennstoffzelle, synthetische Treibstoffe wie E-Fuels und Syn-Fuels oder Biotreibstoffe wie HVO tatsächlich? Und bald wird klar: Mit Wasserstoff und E-Fuels allein werden wir nicht in die Zukunft fahren können.

In diesen Bereichen wird oft nur der Effekt bei der Verwendung solcher Alternativen in der Mobilität diskutiert. Dabei fokussiert die Argumentation meist auf das Auto, aus dessen Auspuff klimaneutrale Emissionen wie Wasserdampf oder zuvor eingespartes CO2 strömen.

Auch das ist nachvollziehbar. Doch die Sichtweise ist zu einseitig, denn es wird dabei stets ausser acht gelassen, wie solche Treibstoffe hergestellt werden, welcher Energieeinsatz wie viel bringt und was davon überhaupt mittelfristig für den Verkehr auf der Strasse verfügbar sein wird. Und es ist an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, welches Entwicklungspotenzial noch in den verschiedenen Antrieben steckt.

Grüner Wasserstoff ist gut, aber kaum verfügbar

Wasserstoff lässt sich nachhaltig unter Verwendung von Wasser-, Wind- oder Sonnenenergie und Sauerstoff herstellen. Das findet in speziellen Elektrolysefabriken statt und kostet viel grünen Strom. Der Wirkungsgrad eines Wasserstoff-Ottomotors liegt typischerweise zwischen 25 und 30 Prozent. Es wird also nur etwa ein Drittel oder ein Viertel der im Wasserstoff gespeicherten Energie nutzbar, während der Rest als Wärme verlorengeht.

Verwendet man den Wasserstoff mit einer Brennstoffzelle im Auto, die daraus elektrische Energie produziert, steigt der Wirkungsgrad je nach Bauweise auf 50 bis 60 Prozent. Das klingt vielversprechend. Doch wenn man die Verluste bei der Elektrolyse, der zur Verflüssigung nötigen Kompression, dem Transport und der Lagerung des Wasserstoffs sowie die Umwandlung in der Brennstoffzelle berücksichtigt, liegt der Gesamtwirkungsgrad des Wasserstoff-Brennstoffzellensystems in der Regel zwischen 25 und 35 Prozent. Die Tatsache, dass aus dem Auspuff eines solchen Autos nur Wasserdampf strömt, vermag den schwachen Wirkungsgrad nicht zu kompensieren.

Was die ausreichende Verfügbarkeit von nachhaltig produziertem Wasserstoff betrifft, sind erhebliche Zweifel angebracht. Laut dem «Global Hydrogen Review 2021» der Internationalen Energieagentur (IEA) könnte die weltweite Wasserstoffproduktion bis 2030 auf etwa 200 bis 300 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen, wenn die derzeitigen Pläne und Investitionen umgesetzt werden.

Wenn man davon ausgeht, dass ein Benzinauto im Schnitt etwa sieben Liter Sprit für hundert Kilometer verbraucht, sind in einem Brennstoffzellenauto rund ein Kilogramm Wasserstoff für die gleiche Strecke nötig. Legt man dies auf die 2021 weltweit verbrauchte Menge an Tankstellenbenzin um, wären ersatzweise 186 Millionen Tonnen Wasserstoff nötig gewesen. Und rund zwei Drittel der in den Wasserstoffantrieb gesteckten Energie verpufft.

E-Fuels sind keine Alternative fürs Auto

Bei den E-Fuels, die aus erneuerbaren Energien synthetisch hergestellt und schon heute von Autos benutzt werden können, sieht es deutlich dramatischer aus. Sie werden auf der Basis von Wasserstoff unter Verwendung von aus der Luft gefiltertem CO2 hergestellt, sind also erst im zweiten Schritt nach der Wasserstoffherstellung erhältlich und ein Sekundärprodukt, das nur aus einem gewissen Anteil des grünen Wasserstoffs entsteht. Laut Schätzungen der IEA soll 2030 nur rund ein Drittel des Wasserstoffs für die E-Fuels-Produktion verfügbar sein. Neben dem für die Wasserstoffherstellung nötigen Strom verlangen E-Fuels bei der Produktion weitere elektrische Energie.

Aus einem Kilogramm Wasserstoff lassen sich rund 1,5 Liter E-Fuels herstellen. Bis 2030 könnten nach den Prognosen der IEA somit jährlich rund 21 Millionen Tonnen E-Fuels bereitstehen. Das klingt nach sehr viel. Doch bereits 2021 verbrauchte die Welt 1,3 Milliarden Tonnen an Tankstellenbenzin, also mehr als 60-mal so viel wie 2030 im Idealfall in Form von E-Fuels verfügbar würden. Besser wäre es, man verwendet E-Fuels wie Syn-Fuels fast ausschliesslich in der Luftfahrt. Denn gerade auf der Langstrecke gibt es zum flüssigen Treibstoff aufgrund von hohem Batteriegewicht und dem fehlenden Platz für Wasserstofftanks noch keine Alternative.

In jüngster Zeit wird hydriertes Pflanzenöl (HVO, Hydrotreated Vegetable Oil) als biologische Alternative zu Tankstellendiesel hervorgehoben. HVO wird aus pflanzlichen Ölen oder tierischen Fetten hergestellt. Dabei werden die Rohstoffe mit Wasserstoff behandelt, um Sauerstoff zu entfernen und die Molekülstruktur zu verändern. Nachhaltiges HVO wird aus Altöl und Altfetten hergestellt, von denen bereits heute ein Teil für die Schmierstoffherstellung verbraucht wird.

Etwa 1,1 bis 1,3 Kilogramm Altfett werden benötigt, um einen Liter HVO herzustellen. 2021 lag der weltweite Verbrauch von Dieselkraftstoff bei etwa 1,5 bis 1,6 Milliarden Tonnen pro Jahr. Wollte man den weltweiten Dieselbedarf auf nachhaltiges HVO umstellen, wären also rund 2 Milliarden Tonnen Altfett nötig. 2021 lag die weltweite Produktionskapazität von HVO bei etwa 6 bis 7 Millionen Tonnen pro Jahr, was knapp einem halben Prozent des verbrauchten Dieseltreibstoffs entspricht. Es gibt schlicht zu wenig davon.

Schon Bioethanol scheiterte an der Rohstoffbeschaffung

Ein weiteres Problem bei der Beschaffung von Rohstoffen für die HVO-Herstellung könnte darin liegen, dass Fette importiert werden, die aus Palmöl entstehen oder aber aus anderen Quellen, für die Wälder abgeholzt werden. Diese Eventualität hat auch dem Bioethanol als Benzinersatz aus ethischen Gründen in den nuller Jahren ein frühzeitiges Ende beschert.

Wer also glaubt, E-Fuels und HVO-Biodiesel könnten den Verbrennungsmotor retten, wird spätestens bei diesen Grössenordnungen zu zweifeln beginnen. Die realen Zahlen nagen an der Hoffnung auf Alternativen zur Batterie-Elektromobilität auf der Strasse.

Immerhin gehört Bioethanol heute, zu 5 oder 10 Prozent dem Tankstellenbenzin beigemischt, zu den kleinen Beiträgen, die eine Senkung der Treibstoffemissionen aus dem Autoauspuff herbeiführen. Ein solches «Strecken» fossiler Treibstoffe mit E-Fuels und HVO könnte einen zusätzlichen Beitrag dort leisten, wo eine vollständige Umstellung auf nachhaltiges Benzin und nachhaltigen Diesel nicht durchführbar ist. Und dies wird aufgrund der genannten Schätzungen noch sehr lange der Fall sein.

Mangelnde Wirkungsgrade und fehlende Verfügbarkeit sprechen also eher für die konsequente Einführung der E-Mobilität. Hinzu kommen die unterschiedlichen Entwicklungspotenziale zwischen Verbrennungsmotoren und Elektroantrieben. Ist der Verbrennungsmotor in einem Entwicklungsstadium, das – konservativ geschätzt – bei rund zwei Dritteln seines Potenzials angelangt ist, steht der Elektroantrieb bei geschätzten 20 Prozent. Insbesondere im Bereich der Batterietechnologie ist das Entwicklungspotenzial noch besonders gross. Gearbeitet wird an Ersatzstoffen für Lithium, Cobalt, Mangan sowie an einer erheblichen Vergrösserung der Energiedichte durch Feststoffbatterien.

Doch sollten wir nicht vergessen, dass die Automobilindustrie mit starken europäischen Herstellern und Zulieferern unter einer zu starken Einengung durch EU-Richtlinien leiden dürfte. Und wer den Blick über den europäischen Pkw-Verkehr hinaushebt, erkennt zudem: Mittelfristig dürften Verbrennungsmotoren weltweit weiterhin eine wichtige Rolle spielen, insbesondere in Regionen mit begrenzter Ladeinfrastruktur und in Anwendungen, bei denen hohe Energiedichten erforderlich sind, etwa im Schwerlastverkehr und in der Luftfahrt.

Langfristig aber dürften Verbrennungsmotoren eine kleinere Rolle spielen, da die globalen Bemühungen zur Dekarbonisierung und zur Förderung erneuerbarer Energien verstärkt werden. Eine Verklärung der Bedeutung von Alternativen wie Wasserstoff, E-Fuels und HVO ist Augenwischerei. Sie taugen nicht für eine Rettung des Klimas.

In Europa jedoch mögliche Alternativen zum Batterieauto faktisch abzuwürgen, wäre falsch. Universitäten und Unternehmen sollten die Chance haben, alternative Lösungswege zu erforschen. Doch letztlich entscheiden die verfügbaren Energien und Rohstoffe über das Schicksal der alternativen Antriebe – und damit auch über den Preis der individuellen Mobilität.

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