Dienstag, März 18

Mitte Juni befassen sich die aussenpolitischen Kommissionen in National- und Ständerat mit der Frage, ob die Schweiz 10 Millionen Franken für Nothilfe in Gaza überweisen soll. Das Ergebnis ist offen.

Am 8. Mai beschloss der Bundesrat, 10 Millionen Franken für die Nothilfe in Gaza freizugeben. Empfängerin: das umstrittene Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA). Der Schweizer Beitrag wäre auf Gaza beschränkt und diente der Finanzierung der dringendsten Lebensbedürfnisse. In Gaza sind 2,3 Millionen Menschen auf Nothilfe angewiesen.

In seiner Gesamtbeurteilung stützte sich der Bundesrat auf die Analyse des Expertenberichts unter der ehemaligen französischen Aussenministerin Catherine Colonna. Die unabhängigen Experten hatten das UNRWA in grossen Teilen von schwerwiegenden Vorwürfen entlastet. Im Zentrum standen Anschuldigungen Israels, das dem Hilfswerk enge Verbindungen mit der Terrororganisation Hamas vorwirft.

Steht Bern unter dem Einfluss israelischer Lobbyisten?

Gemäss Parlamentsentscheid vom Dezember 2023 muss die Schweizer Regierung vor jedem Entscheid, der das UNRWA betrifft, aber erst die aussenpolitischen Kommissionen der eidgenössischen Räte konsultieren. Wie die beiden Präsidenten der Kommissionen, der Waadtländer Nationalrat Laurent Wehrli (FDP) und der Tessiner Ständerat Marco Chiesa (SVP), auf Anfrage ausführten, wird das Thema am 13. und 2o. Juni behandelt.

Ob der Antrag des Bundesrats durchkommt, ist offen. Das Parlament hat sich in der Vergangenheit mehrfach sehr kritisch gegenüber dem Hilfswerk gezeigt. In der Folge kürzte die Schweiz ihre Beiträge.

In einem Interview mit der «Weltwoche» hat Philipp Lazzarini, der Generalkommissar des UNRWA, diesen Entscheid kürzlich scharf kritisiert. Er erwarte, dass die Schweiz ihre Zahlungen wieder erhöhe, sagte er. Auch mit den 10 Millionen Franken für Nothilfe rechne er. Die Lage in den besetzten palästinensischen Gebieten sei verheerend. Gemeinsam mit den USA und dem Vereinigten Königreich gehöre die Schweiz noch zu den wenigen Ländern, die Finanzhilfe für Gaza zurückhielten. Das sei offensichtlich das Resultat von «jeder Menge Lobbying», so Lazzarini. Die Schweizer Politik habe sich beim Entscheid, die Gelder zu kürzen, eindeutig von Israel beeinflussen lassen.

Ist die UNRWA terroristisch unterwandert oder nicht?

Wen er genau des Lobbyings bezichtigt, sagt Lazzarini nicht. Gemeint sein dürfte aber Hillel Neuer, der Direktor des enorm UNRWA-kritischen NGO UN-Watch mit Sitz in Genf. Bei Auftritten vor Schweizer Aussenpolitikern konnte der streitbare Anwalt besser punkten als Lazzarini. Der schweizerisch-italienische Doppelbürger habe eine Chance verpasst, sagte etwa SVP-Nationalrat Franz Grüter nach einem Auftritt Lazzarinis. Er habe nicht «transparent und klar aufzeigen können», dass die UNRWA nicht terroristisch unterwandert sei.

Mit seiner scharfen Kritik an den Schweizer Aussenpolitikern, wenige Wochen vor dem endgültigen Entscheid über die 10 Millionen Franken an Nothilfe, dürfte sich der UNRWA-Chef also keinen Gefallen getan haben. Die Skepsis im Parlament ist vor allem auf der bürgerlichen Seite gross. Zum Thema wird im Juni deshalb auch eine Motion, die der SVP-Nationalrat David Zuberbühler schon vor dem 7. Oktober 2023 eingereicht hat. Er fordert «die sofortige Einstellung aller Beiträge an das Palästinenser-Hilfswerk». Begründung: Antisemitismus und Israel-Hass in Schulbüchern der UNRWA-Schulen.

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