Mittwoch, November 6

Nach der Verabschiedung der amerikanischen Biosecure Act haben Wuxi Biologics und Wuxi Apptec offenbar damit begonnen, Unternehmensteile abzuspalten. Fondsgesellschaften werfen die Aktie aus ihren Portfolios.

Der Groll auf die USA ist gross bei den chinesischen Auftragsfertigern der Pharmabranche. Der Grund: Das Repräsentantenhaus hat im September die Biosecure Act verabschiedet.

«Wuxi Apptec ist enttäuscht über das Votum des Repräsentantenhauses», erklärt ein Sprecher des Unternehmens in einer schriftlichen Mitteilung gegenüber der NZZ. Und weiter: «In der jetzigen Form untergräbt das Gesetz die Möglichkeiten der Pharmaindustrie für Innovationen.» Man sei «in tiefer Sorge» über das Regelwerk, denn es werde vielen Menschen den Zugang zu lebensrettenden Arzneien erschweren.

Nähe zur Kommunistischen Partei?

Die zunehmenden Friktionen zwischen den USA und China sind um eine Facette reicher: Mit der Biosecure Act will die amerikanische Regierung die Zusammenarbeit zwischen westlichen Pharmakonzernen und Auftragsherstellern aus China stoppen. Die US-Regierung fürchtet nämlich, dass im Rahmen solcher Kooperationen, bei denen Unternehmen aus dem Westen die Fertigung von Arzneien und zum Teil auch die Forschung an chinesische Firmen auslagern, sensible Informationen aus klinischen Studien an die chinesische Regierung gelangen könnten.

Wuxi Apptec hält dagegen. «Wir wissen nichts von einer nicht autorisierten Weitergabe von Kundeninformationen an China», sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur Reuters.

Doch sowohl Wuxi Apptec als auch der Schwesterfirma Wuxi Biologics wird eine Nähe zur Kommunistischen Partei nachgesagt. Beide Unternehmen kommen aus der Stadt Wuxi, nicht weit von Schanghai, und gehören zu den weltweit wichtigsten Auftragsfertigern der Pharmaindustrie. Pharmakonzerne aus der ganzen Welt, unter ihnen auch Roche und Novartis, arbeiten mit den Firmen zusammen.

«Die Firmen können riesige Volumina zu niedrigen Kosten produzieren», sagt Jimmy Chen, Fondsmanager bei Comgest in Hongkong. Er hat beide Unternehmen jahrelang beobachtet.

Ob Harris oder Trump: Die Verschärfungen dürften kommen

Nachdem das Repräsentantenhaus das Gesetz mit grosser Mehrheit angenommen hat, muss der Senat es noch bestätigen. Doch das dürfte eine Formsache sein. Und egal, wer ab Januar im Weissen Haus sitzt, sowohl Donald Trump als auch Kamala Harris dürften das Gesetz unterschreiben. Laufende Verträge sind von dem Gesetz nicht betroffen.

Tritt die Biosecure Act in Kraft, dürfen auch nichtamerikanische Pharmakonzerne, sofern sie Geschäfte in den USA unterhalten, nicht mehr mit den chinesischen Auftragsfertigern zusammenarbeiten. Neben Wuxi Apptec und Wuxi Biologics betrifft das Gesetz drei weitere chinesische Hersteller.

Mit dem neuen Regelwerk untergräbt die US-Regierung die kosteneffiziente internationale Arbeitsteilung – mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen. So wäre es zumindest fraglich, wie die internationalen Pharmakonzerne ihre Abnehmer künftig noch zuverlässig mit Pharmaprodukten versorgen können. «China dominiert bei der Herstellung einfacher Pharmaprodukte», sagt der Fondsmanager Chen, «gerade die USA sind in hohem Masse von China abhängig.»

Ein weltweites Netz von Forschungs- und Fertigungsanlagen

Beide Firmen unterhalten ein weitgespanntes weltweites Netz von Forschungs- und Fertigungsanlagen. Wuxi Biologics beschäftigt mehr als 12 000 Mitarbeiter, unter anderem in den USA, Irland, Deutschland und Singapur. In Leverkusen, Deutschland übernahm das Unternehmen vor vier Jahren ein Werk des Chemieriesen Bayer.

Wuxi Apptec betreibt in neun Ländern 32 Fabriken, drei von ihnen befinden sich in Deutschland. In den USA unterhält das Unternehmen unter anderem Standorte in Austin, Atlanta, San Diego und San Francisco. Insgesamt 38 000 Angestellte arbeiten für die Firma. In der Schweiz produziert die Firma in Couvet mit 150 Mitarbeitern Pharmaprodukte.

Als Reaktion auf die Biosecure Act haben sowohl Wuxi Biologics als auch Wuxi Apptec offenbar damit begonnen, Teile ihrer globalen Aktivitäten zum Verkauf zu stellen. So will Wuxi Apptec laut einem Bericht der Zeitung «Financial Times» seine Fertigungen für Präparate für Zell- und Gentherapien veräussern. Die vier Standorte der Sparte befinden sich im US-Gliedstaat Pennsylvania.

Die Gespräche sollen sich seit Monaten hinziehen. Das Management von Wuxi Apptec habe bereits Konkurrenten angesprochen, um das gesamte Geschäft mit Gen- und Zelltherapie oder Teile davon abzugeben.

Wuxi Biologics hat ein Beraterteam engagiert, um das Interesse bei möglichen Käufern für Fertigungsanlagen in Europa zu testen. Dazu soll auch die Produktionsanlage in Leverkusen gehören.

Europäische Pharmaunternehmen meiden die Nähe zu China

Europäische Pharmaunternehmen mit laufenden Verträgen mit US-Behörden scheuen inzwischen die Nähe zu Wuxi Biologics. Folglich ist der Umsatz des Unternehmens mit europäischen Kunden während der ersten sechs Monate des laufenden Jahres um 27 Prozent auf umgerechnet 260 Millionen Euro geschrumpft.

Der Gesamtumsatz von Wuxi Biologics stieg während der ersten Jahreshälfte nur noch minimal um ein Prozent. Der Gewinn nach Steuern fiel um 13 Prozent. Auch bei Wuxi Apptec gingen Umsatz und Gewinn während des dritten Quartals zurück.

Die Aktienkurse der beiden Firmen befinden sich im Sinkflug: Die Aktie von Wuxi Biologics hat seit Jahresbeginn mehr als 40 Prozent verloren; bei Wuxi Apptec liegt das Minus bei mehr als 30 Prozent. Jimmy Chen, der Hongkonger Fondsmanager bei Comgest, hat die Aktien bereits Anfang Jahr aus seinem Portfolio gestrichen.

Beide Unternehmen gehen unsicheren Zeiten entgegen.

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