Sonntag, November 24

Wochenlang hat die italienische Rechtsregierung über die Einführung einer Sondersteuer für die hochprofitablen Banken gestritten. Nun wurde ein Kompromiss erzielt.

Vor einem Jahr hatte sich die Regierung von Giorgia Meloni an den Banken die Finger verbrannt. Das Kabinett verabschiedete eine sogenannte Übergewinnsteuer, die bei den italienischen Finanzinstituten mehrere Milliarden eintreiben und in die leeren Staatskassen spülen sollte.

Zur gross angekündigten Sonderabgabe kam es dann aber nicht. Sie scheiterte am Widerstand der Finanzbranche. Nun unternahm die Rechtsregierung einen neuen Anlauf.

Vorschuss anstatt Gewinnsteuer

Die römische Koalition ringt seit zwei Monaten um den Budgetentwurf für das Jahr 2025. Gestritten haben die drei Regierungsparteien vor allem über eine erneut angekündigte Sondersteuer für Banken. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versprach «eine Massnahme, zu deren Verabschiedung die Linke nie den Mut aufgebracht hat». Auch Finanzminister Giancarlo Giorgetti kündigte in einem Fernsehinterview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg an: «Der Haushalt wird von allen Opfer verlangen.»

Daraufhin brachen an der Mailänder Börse prompt die Kurse der Bankaktien um 15 Prozent ein. Als das Kabinett vergangene Woche den Haushaltsentwurf verabschiedete, quittierten die Anleger die vorgesehene Bankenabgabe jedoch lediglich mit einem Achselzucken.

Nach dem Vorhaben der Regierung sollen die Finanzinstitute in den beiden kommenden Jahren mit der Leistung eines Sonderbeitrags in Höhe von 3,5 Milliarden zur Deckung der römischen Haushaltslücken herangezogen werden. Die Wiedereinführung des reformierten europäischen Stabilitätspakts hat den knappen Spielraum der italienischen Haushaltspolitik in diesem Jahr zusätzlich verengt.

Ein schwaches Wirtschaftswachstum und der Zwang zum Abbau der auf 3000 Milliarden Euro angewachsenen Staatsverschuldung verschärfen Roms chronische Geldnot. Doch wider Erwarten versuchte es Giorgetti nicht erneut mit einer Gewinnsteuer für die Banken. Der Finanzminister gab sich dieses Mal mit einem Vorschuss zufrieden.

In Gesprächen mit dem italienischen Bankenverband ABI einigte man sich darauf, bestimmte Möglichkeiten von Abschreibungen auf Steuerforderungen für zwei Jahre auszusetzen. Was die Banken 2025 und 2026 in Form von Vorauszahlungen mehr überweisen, erhalten sie ab 2027 wieder zurück.

Streit über die Deutungshoheit

Auch die Analysten der Investmentbanken gaben Entwarnung. Der erzielte Kompromiss sei positiv für die Banken, da der Vorschuss sich nicht auf die Bilanz auswirke, hiess es bei dem Mailänder Brokerhaus Intermonte. «Es entsteht damit kein Gewinnrisiko», so Intermonte.

Anders als in Frankreich, wo die Regierung von Michel Barnier gerade einen rigiden Sparhaushalt vorgelegt hat, sei in Italien keine Anhebung der Besteuerung von Unternehmen oder Banken vorgesehen, kommentierte die Citibank Giorgettis Etatentwurf.

Die vorübergehende Einschränkung der Abschreibungsmöglichkeiten werde «keine nennenswerten Auswirkungen auf die Rentabilität» der italienischen Banken haben, schreiben die Citi-Analysten. Hingegen hält sich der italienische Bankenverband ABI noch bedeckt. Man warte darauf, dass die Regierung ihren Haushaltsentwurf vorlege. Erst dann sei es möglich, die Bestimmungen zu prüfen.

Flucht nach vorne

Meloni hatte am vergangenen Montag die Flucht nach vorne angetreten und die Verabschiedung eines Rahmenplans für das Budget im Kabinett durchgesetzt. Damit wollte die Regierungschefin offenbar den Etatstreit in ihrer Koalition beenden, der sich hauptsächlich an der Bankenfrage entzündet hatte.

Während die rechtsextreme Lega bei den Kreditinstituten aus Gründen der «sozialen Gerechtigkeit» Gelder eintreiben wollte, sperrte sich die konservative Forza Italia gegen die Übergewinnsteuer. So muss der eigentliche Haushaltsentwurf nun erst noch fertiggestellt werden. Er wird voraussichtlich am Dienstag von Meloni präsentiert.

Kaum hatte die Regierung ihren Kompromiss erzielt, entbrannte in der Dreierkoalition der Streit über die Deutungshoheit. Alle Parteien erklärten sich mit der Lösung hoch zufrieden. «Sieg der Lega! 3,5 Milliarden Euro von Banken und Versicherungen werden in die Gesundheitsversorgung investiert», jubelte der Verkehrsminister und Lega-Chef Matteo Salvini. Der Parteivorsitzende von Forza Italia, Aussenminister Antonio Tajani, hielt dagegen: «Es wird keine neuen Steuern geben. Gesiegt haben der gesunde Menschenverstand und die Freiheit der Märkte.»

Meloni legte Wert darauf, dass das von Finanzminister Giorgetti verwendete Wort «Opfer» tabu bleibt. Zumal bis Ende November in Ligurien, Umbrien und der Emilia-Romagna drei hart umkämpfte Regionalwahlen anstehen. «Die politische Kultur dieser Regierung besteht darin, Steuern zu senken», sagte Meloni.

Das ist eine gute Nachricht für die Finanzbranche. Die italienischen Grossbanken sind derzeit in guter Form. Ihre Gewinne stiegen 2023 auf 40 Milliarden Euro. Mit einer Eigenkapitalquote von durchschnittlich 15,6 Prozent stehen sie im europäischen Vergleich blendend da. Hatten die Geldinstitute 2015 in Italien 340 Milliarden Euro notleidende Kredite angehäuft, so schmolz deren Volumen inzwischen auf 41 Milliarden Euro ab. Tendenz: weiter fallend. Wohingegen die Problemkredite der Banken in Frankreich und Deutschland gerade zunehmen.

Italiens zweitgrösste Bank Unicredit schwang sich in Deutschland zur Übernahme der Commerzbank auf. Und sogar die vom Staat gerettete Krisenbank Monte dei Paschi di Siena kehrte 2023 zu Gewinnen zurück und zahlte erstmals nach 13 Jahren eine Dividende.

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