Samstag, März 15

Ein 39-jähriger Schweizer ist wegen gewerbsmässigen Betrugs und Geldwäscherei verurteilt worden.

Der Prozess am Bezirksgericht Zürich war in den letzten Monaten schon zweimal kurzfristig ausgefallen, weil der Beschuldigte aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig gewesen sein soll. Nun, beim dritten Anlauf, ist der 39-jährige Schweizer Informatiker vor Gericht erschienen. Er habe eine Pilzinfektion am Kehlkopf gehabt, erklärt er. Bei der Befragung spricht der ehemalige Stabsmitarbeiter mit sehr leisem Stimmchen; vieles, was er sagt, ist im Zuschauerraum nur schwer verständlich.

Im Zeitraum von Oktober 2014 bis November 2019 bestellte der Mann als Leiter IT-Betrieb des Zürcher Triemlispitals gegen 6000 SSD-Festplatten und 100 Mobiltelefone der Marken Samsung und Apple auf Rechnung des Spitals, verkaufte sie privat weiter und steckte den Erlös in die eigene Tasche. Der Beschuldigte ist vollumfänglich geständig. Er hat eine Schadenersatzforderung ans Triemlispital von 3,534 Millionen Franken akzeptiert. Der Prozess wird im abgekürzten Verfahren durchgeführt.

Freundin und Investitionen in der Ukraine

Im Dezember 2019 war der Kadermitarbeiter fristlos entlassen worden. Der verheiratete zweifache Familienvater flüchtete in die Ukraine, wo er eine neue Lebenspartnerin – laut Anklage – monatlich mit 2000 bis 4000 Franken unterstützte. Er kaufte auch verschiedene Autos und erwarb auf den Namen dieser ukrainischen Freundin mehrere Häuser und Wohnungen in der Ukraine. Im Juni 2021 kam er freiwillig in die Schweiz zurück, wurde am Flughafen verhaftet und sass bis im November 2021 fünf Monate in Untersuchungshaft.

In der Zwischenzeit war er im September 2020 in Abwesenheit vom Bezirksgericht Bülach wegen häuslicher Gewalt gegen seine Ehefrau der einfachen Körperverletzung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 100 Franken und 500 Franken Busse verurteilt worden.

Die Ehefrau wurde im selben Prozess wegen übler Nachrede mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Franken bestraft. Sie hatte den Beschuldigten bereits im Frühjahr 2018 in einem privaten Blog krimineller Machenschaften bezichtigt.

Im Bülacher Prozess hatte die Frau im September 2020 erklärt, schon seit Dezember 2017 die Polizei, die Staatsanwaltschaft und andere Behörden frühzeitig und mehrmals auf die zweifelhaften Geschäfte ihres Mannes aufmerksam gemacht zu haben, auch im Rahmen eines Eheschutzverfahrens. Die Behörden seien aber untätig geblieben.

Am Rande des neuen Prozesses sagt sie, sie werde nun gegen ihre Verurteilung von 2020 wegen übler Nachrede in Revision gehen. Es habe sich ja alles als wahr erwiesen, was sie im Blog geschrieben habe.

In der persönlichen Befragung des 39-jährigen Informatikers vor Bezirksgericht Zürich ist zu erfahren, dass er bereits eineinhalb Monate nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft wieder eine neue Anstellung hatte. Er verdiene 8000 Franken im Monat und lebe zusammen mit einer neuen Lebenspartnerin, die nicht identisch mit der Ukrainerin ist, in der Ostschweiz.

Gemäss Informationen, die der NZZ vorliegen, ist diese Frau derzeit schwanger. Zu seinen beiden Kindern aus seiner Ehe hat der Mann seit sieben Jahren keinen Kontakt mehr.

Er habe Unterhaltsverpflichtungen an seine frühere Familie von 3800 Franken monatlich, sagt der Beschuldigte vor Gericht. Vermögen habe er keines. Geschieden sei er noch nicht. Das Einfamilienhaus, in dem er früher mit seiner Familie lebte, wurde inzwischen zwangsversteigert. Über die Autos, Häuser und Wohnungen in der Ukraine habe er keine Verfügungsgewalt.

Zu seinen Erfahrungen in der Untersuchungshaft, bemerkt er: «Es war ein richtiger Entzug der eigenen Persönlichkeit.» Die schlimmste Zeit sei gewesen, als er eine Zelle habe teilen müssen. Im Gefängnis habe es «schwierige Gestalten», denen man aus dem Weg gehen müsse.

Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei

Der 39-Jährige arbeitete sei 2006 als Informatiker beim Stadtspital Triemli und stieg bis zum Stabsmitarbeiter als Leiter IT-Betrieb auf. Er konnte Rechnungen bis 30 000 Franken selbständig visieren, höhere Beträge musste er Vorgesetzten vorlegen. Diese visierten die Rechnungen, ohne Verdacht zu schöpfen. Jahrelang bestellte er Tausende von Festplatten, die das Spital gar nicht benötigte, und verkaufte sie über einen Mittelsmann privat weiter.

Die Mobiltelefone vertickerte er an Ukrainer. Gemäss Anklage gingen die Vorgesetzten und Mitarbeiter aufgrund des langjährigen Vertrauensverhältnisses davon aus, dass die aus den Rechnungen ersichtlichen Waren für das Spital bestimmt waren.

Zitat aus der Anklage: «Eine Überprüfung der einzelnen Waren durch die Vorgesetzten mit Hilfe der Rechnungen und eine Plausibilisierung des Verwendungszweckes für das Stadtspital Triemli war aufgrund des erheblichen Umfangs der gesamten in der IT-Abteilung bestellten Waren nicht möglich, was der Beschuldigte auch wusste.»

Der Beschuldigte kaufte für das Spital auch zwei Samsung-Fernsehgeräte, die er dann privat weiterverkaufte.

Neben gewerbsmässigen Betrugs und Urkundenfälschung hat der Beschuldigte zudem den Vorwurf der Geldwäscherei akzeptiert. Der Käufer der SSD-Festplatten überwies ihm Beträge von insgesamt 1,8 Millionen Franken auf seine privaten Bankkonti, und im Zeitraum zwischen 2014 und 2019 hob er an Bancomaten und Bankschaltern insgesamt 500 000 Franken bar ab, die zumindest teilweise aus dem Verkaufserlös der Geräte stammten.

Der Staatsanwalt ist im abgekürzten Verfahren nicht im Gerichtssaal. Er hat sich mit der Verteidigerin und dem Beschuldigten auf einen Deal geeinigt. Der Urteilsvorschlag: 36 Monate Freiheitsstrafe teilbedingt; 9 Monate vollziehbar, 27 Monate bei einer Probezeit von drei Jahren bedingt aufgeschoben. 156 Tage hat der Informatiker bereits abgesessen. Das bedeutet, dass er noch 4 Monate absitzen muss, was in Halbgefangenschaft möglich ist.

Hinzu kommt eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Franken (8100 Franken) als Zusatzstrafe zum Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom September 2020. Der Vollzug der Geldstrafe wird bedingt aufgeschoben unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren. Zudem wird vorgemerkt, dass der Beschuldigte die Forderung von 3,5 Millionen Franken des Triemlispitals anerkannt hat.

Der Beschuldigte gibt auch im Gerichtssaal nochmals alles zu. Zu seinen Motiven und Beweggründen wird er nicht befragt. Ob er ein Schlusswort halten wolle? «Nein Danke», lautet die Antwort.

Das Bezirksgericht Zürich genehmigt den Urteilsvorschlag nach kurzer Beratung und erhebt ihn zum Urteil. Alle Voraussetzungen für das abgekürzte Verfahren seien erfüllt, die rechtliche Würdigung sei zutreffend und die Sanktion erscheine angemessen.

Urteil DH230122 vom 23. 5. 2024, abgekürztes Verfahren

Exit mobile version