Donnerstag, Mai 1

Die Ziele von Walter Frey als Präsident der ZSC Lions werden in diesem Frühjahr mit der Titelverteidigung Wirklichkeit. Der 82-jährige Frey sagt, er sei dennoch lieber im «Windschatten» der Protagonisten.

Herr Frey, die ZSC Lions haben mit Ausnahme der Frauen-Meisterschaft und der Swiss League sämtliche Titel im Schweizer Eishockey gewonnen. Ist Ihre Vision in Erfüllung gegangen?

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Eine Vision klingt für mich wie eine Krankheit, damit geht man zum Arzt. Wir hatten eine Zielsetzung, was wir mit unserer Pyramide aus Juniorenteams sowie den Mannschaften in der Swiss League und der National League erreichen wollten. Wir haben nun praktisch alle unsere Ziele erreicht, und das ist schön.

Was löst das in Ihnen aus?

Genugtuung, aber auch Freude. Es macht mich zufrieden. Aber Zufriedenheit kann auch gefährlich sein. Das Leben geht weiter, und wir haben längst nicht alles erreicht, was wir erreichen möchten. Unsere Ansprüche sind hoch. Die Arbeit geht weiter. Wir müssen schauen, dass wir unsere Arena weiterhin füllen. Wir wollen nicht nur Ausgaben, sondern auch Einnahmen generieren. Das ist eine grosse Herausforderung. Und ich hoffe, es ist allen in unserer Organisation bewusst, dass die Arbeit schon morgen weitergeht. Auch im Bewusstsein, dass es fast nicht möglich ist, Jahr für Jahr so viel zu gewinnen, wie wir das in dieser Saison getan haben. Das kann niemand erwarten. Es gehört immer auch Glück dazu.

Die Fusion des alten ZSC mit der Eishockey-Sektion des Grasshopper-Clubs liegt über ein Vierteljahrhundert zurück. Wenn Sie heute zurückschauen auf 1997, was kommt Ihnen in den Sinn?

Man hat uns gesagt, es sei nicht möglich, diese beiden Klubs und ihre Kulturen unter einem Dach zu vereinen. Zu unterschiedlich seien die Wurzeln. Die Auslastung unserer Arena zeigt, dass es sehr wohl möglich war und es uns gelungen ist. Und das macht mich stolz. Dass wir dazu noch eine Eishalle bauen konnten, die uns ein neues Zuhause gibt, macht das Ganze doppelt schön.

Die Widerstände bei der Fusion waren riesig. Traditionalisten warfen Ihnen vor, die Seele des ZSC zu verkaufen. Es kam zu Protestaktionen auf der Strasse. Hat Sie die Vehemenz der Reaktionen überrascht?

Nein, nicht wirklich. Wer mit Herz und Seele an einem Klub hängt, der wehrt sich, wenn dessen DNA verändert wird. Man muss dann abwarten und schauen, was daraus entsteht. Wenn man etwas Neues einführt oder es versucht, dann gibt es neben Zustimmung anfänglich immer auch Ablehnung. Damit muss man fertigwerden.

Ex-Politiker, Unternehmer, Rennfahrer und Sportmäzen

zz. Walter Frey ist Verwaltungsratspräsident des Automobilhändlers Emil Frey AG. Bekannt geworden ist Frey, heute 82 Jahre alt, als Politiker. Für die SVP sass er von 1987 bis 2001 im Nationalrat, zuletzt als Fraktionspräsident. In den 1970er Jahren war er obendrein als Autorennfahrer unterwegs. Seit der Fusion der Eishockey-Fraktion des GC mit dem damaligen Zürcher SC 1997 ist Frey der starke Mann in der Organisation der ZSC Lions. Die «Bilanz» schätzte sein Vermögen im letzten Jahr auf 4,5 Milliarden Franken.

Gab es einen Punkt, an dem Sie merkten, dass die Stimmung drehte?

Die ersten Titel in den Jahren 2000 und 2001 waren Schlüsselmomente. Sie haben uns sehr geholfen. Erfolg verbindet. Damals sah man erstmals, dass seriös gearbeitet wird und alle am selben Strick ziehen. Von diesem Moment an war der Widerstand gebrochen, und es ging aufwärts.

Bei der Rückkehr des Teams nach dem entscheidenden Final-Spiel dieses Jahr in Lausanne warteten Sie in Zürich auf die Mannschaft und gingen zu den Spielern in die Garderobe. Was haben Sie dort gesagt?

Viel konnte ich nicht sagen. Doch meine ersten Worte waren: «Respekt, ich gratuliere euch und freue mich sehr.» Mehr war nicht nötig. Die Mannschaft zog sich danach zurück, und ich ging noch einmal zu ihr und betonte, dass wir unser Ziel erreicht haben, und habe jedem Einzelnen die Hand geschüttelt.

Respekt, der scheint Ihnen wichtig zu sein. Wie viel davon erhalten Sie für Ihre Arbeit?

Es ist normal, dass man nicht immer jenen Respekt erhält, den man sich selbst wünscht. Im Grossen und Ganzen aber hat man uns mit Wohlwollen begleitet und auch unterstützt. Die Haltung der Öffentlichkeit änderte sich mit dem Entscheid der Stadt, dass wir die neue Arena bauen konnten und dass sie uns auch ein Darlehen für den Bau gab. Das war auch für uns ein Signal dafür, dass man sich dafür interessiert, was wir für die Gemeinschaft tun, und auch an uns und den eingeschlagenen Weg glaubt. Die ZSC Lions sind und bleiben ein Stadtklub.

Die neue Arena war von Beginn an eine Herzensangelegenheit für Sie. Die Fussballer kämpfen noch heute um ein neues Stadion. Was haben Sie besser gemacht?

Man darf Fussball nicht mit Eishockey vergleichen. Die Voraussetzungen sind anders. Im Fussball sind zwei rivalisierende Klubs am Projekt beteiligt, die mit den unterschiedlichsten Hindernissen kämpfen. Ich kann GC und dem FCZ nur die Daumen drücken, dass das Projekt nun bald realisiert wird. Im Fussball kommt die Fan-Problematik hinzu. Wir konnten bei den Stadträten still und leise mit einem sachlichen Koordinator (der ZSC-CEO Peter Zahner, die Red.) vorstellig werden. Wir hatten keine einzige Einsprache zu unserem Projekt. Im Fussball hingegen redet jeder mit.

Wo würden die Lions heute ohne die Swiss-Life-Arena stehen?

Das ist reine Spekulation und nicht zu beantworten. Ich erinnere aber daran: Als wir das erste Mal den Champions-Hockey-League-Final erreicht haben, mussten wir für das Spiel nach Rapperswil ausweichen, weil das Hallenstadion anderweitig besetzt war. Heute sind wir Herr in unserem eigenen Zuhause. Das macht vieles einfacher. Wir haben Priorität in der Arena.

In der öffentlichen Wahrnehmung sind Sie ein grosszügiger Mäzen. Daneben sind Sie aber auch Unternehmer, und jeder Unternehmer will zumindest kostendeckend arbeiten. Im Umfeld der Lions kursieren die verschiedensten Zahlen. Wie nahe sind Sie am sogenannten Break-even, der schwarzen Null?

Wir sind ihr mit der Fertigstellung der Arena einen Schritt näher gekommen. Mit dem Profi-Sport sind wir nahe an einem ausgeglichenen, wenn nicht sogar positiven Ergebnis. Das Swiss League Team (die GCK Lions, die Red.), das ein wichtiger Teil unserer Pyramide ist, ist noch weit davon entfernt, kostendeckend zu arbeiten. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die ganze Organisation eines Tages so weit bringen können.

ZSC Lions Meisterfeier 2025

An wie vielen Tagen muss die Swiss-Life-Arena ausgelastet sein, damit Ihnen das gelingt?

Ich denke, wenn wir die Arena an fünfzig zusätzlichen Tage füllen könnten, sollten wir uns dem Break-even nähern oder ihn erreichen. Daran arbeiten wir.

Ihr Anspruch war immer, jedem Zürcher Mädchen, jedem Zürcher Buben die Möglichkeit zu geben, Eishockey zu spielen, so sie das denn wollen. Mittlerweile ist Ihre Organisation so gross, dass sie zusehends an ihre Grenzen stösst.

Das ist so, wir nähern uns den Kapazitätsgrenzen, was die Verfügbarkeit von Eisflächen betrifft. Aber ich bin lieber gedrängt in einer Kapelle als allein in einer Kathedrale.

Sie halten sich vornehmlich im Hintergrund, und trotzdem sind Sie immer wieder ein Gesprächsthema. Wie gehen Sie damit um?

Ich bin froh, wenn ich im Windschatten fahren kann. Das habe ich von den Velorennfahrern gelernt. Im Windschatten ist es einfacher, das Ziel zu erreichen.

Und was sagt Ihre Familie zu Ihrem grossen Engagement?

Wir sind eine Eishockey-Familie, meine Frau, mein Sohn, der selbst Eishockey gespielt hat, meine beiden Töchter und auch ihre Ehemänner sind begeistert von dem, was wir tun. Auch wenn nicht alle für dieselbe Mannschaft mitfiebern. Grundsätzlich aber steht die ganze Familie hinter den ZSC Lions und dem, was wir mit dieser Organisation tun.

Sie kommen aus dem Motorsport, Sie sind selbst Autorennen gefahren. Ihr Vater hat als Motorradfahrer den Grand Prix d’Europe gewonnen. Was hat Sie zum Eishockey gebracht?

Ich habe in meiner Jugend selbst Eishockey gespielt, mit den Junioren des Grasshopper-Clubs damals noch auf dem Dolder. Doch eigentlich kann man das, was ich damals getan habe, nicht mehr mit dem vergleichen, was man heute unter Eishockey versteht. Alles ist viel schneller geworden. Ich liebe den Sport, wie er heute gespielt wird.

Wie viel Ihres Vermögens haben Sie bisher in die Lions investiert?

Das habe ich nie ausgerechnet, und ich will es auch gar nicht wissen. Meine Familie steht hinter dem Engagement. Ich spreche nicht so gerne über Geld, auch wenn es wichtig ist. Ich habe mit meinen Firmen auch während schwieriger Zeiten gute Ergebnisse erzielt. Geld ist nicht das Einzige, was zählt. Es kann auch eine Seuche sein.

Im Juli werden Sie 82 Jahre alt. Wie lange bleiben Sie noch an der Spitze der Lions?

Das ist eine Frage, die mich umtreibt. Wir werden die in näherer Zukunft im Verwaltungsrat diskutieren. Mein Sohn Lorenz ist heute schon Präsident der GCK Lions Eishockey AG und Vizepräsident im Verwaltungsrat der ZSC Lions AG . Er hat die Fähigkeit und auch den Willen, in meine Fussstapfen zu treten.

Lange schien es gesichert, dass der Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler früher oder später das ZSC-Präsidium von Ihnen übernehmen wird. Vor drei Jahren ist er aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden. Im Unfrieden?

Keineswegs, im Gegenteil. Peter Spuhler hat so viel für das Entstehen der Pyramide beigetragen, dass ich ihm nur danken kann. Er ist weiterhin Sponsor der Lions. Beruflich aber ist er mit Stadler Rail derart stark beansprucht, dass er Prioritäten setzen musste und sich bei den ZSC Lions von der Front zurückziehen musste. Er ist weiterhin regelmässig an den Spielen. Er war einer der Mitgründer der ZSC Lions, und letztlich hat er mich am Anfang zu den Grasshoppers geholt.

Sie sassen für die SVP zwischen 1987 und 2001 im Nationalrat und sind der Politik auch heute noch zugetan. Welche Bedeutung hat der Sport für die Gesellschaft?

Eine sehr grosse. Für mich persönlich war er eine Lebensschule, speziell der Teamsport. Er hat mich gelehrt, dass man allein nichts erreichen kann. Nur wer im Team arbeitet, kann auch Erfolg haben. Ohne den Sport würde ich nicht da stehen, wo ich nun bin. Mich beunruhigt, dass wir Körper und Seele immer weiter voneinander wegbringen. Wir brauchen beides, nur wenn beide eines sind, ist man wirklich gesund. Ein Körper ohne Seele lebt nicht.

Am vergangenen Montag feierte Zürich das Sechseläuten. Sie sind Zünfter und liefen wie auch die Mannschaft der ZSC Lions im Festumzug mit. Wie emotional war der Augenblick?

Es war eine Ehre für uns. Und wenn man gesehen hat, wie die Zuschauer auf das Team reagiert haben, dann hatte offensichtlich auch das Publikum Freude. Vor allem unsere ausländischen Spieler waren überwältigt und sagten, so etwas hätten sie noch nie erlebt.

Exit mobile version