Mittwoch, März 12

Der Verein Dar al-Farah, dessen Projekte vom Kanton Zürich wegen Integrationsleistungen gefördert wurden, hatte den ägyptischen Prediger Scheich Omar Abdelkafy eingeladen.

Der Mann ist eine Berühmtheit – jedoch eine zweifelhafte. Scheich Omar Abdelkafy, ein muslimischer Prediger, der in Dubai lebt und aus Ägypten stammt, bedient in den sozialen Netzwerken ein Millionenpublikum. Allein auf Youtube folgen ihm über neun Millionen Zuschauer.

Sie wollen dabei sein, wenn der 73-Jährige aus dem Koran vorbetet oder aus den Hadithen, den Überlieferungen des Propheten Mohammed, zitiert. Der katarische Sender al-Jazeera bietet den Autor, welcher der islamistischen Muslimbruderschaft zuzurechnen ist, gerne als Experten auf.

Was Abdelkafy predigt, ist hochproblematisch. So sind mehrere menschenfeindliche und antisemitische Aussagen von ihm überliefert. Etwa bezeichnete er wenige Tage nach dem Angriff auf Israel die Hamas-Terroristen vom 7. Oktober auf Youtube als «Märtyrer». In anderen Videos zitiert er Passagen aus den Hadithen, in denen es um den Kampf der Muslime gegen Juden geht. Andersgläubige nennt er Tiere. Frauen, die kein Kopftuch tragen, prophezeit er eine «harte Strafe» im Jenseits.

Dieser Prediger hätte am Sonntag in Dietikon vor den Toren Zürichs auftreten sollen, wie die Tamedia-Zeitungen als erste berichteten. Entsprechende Informationen liegen auch der NZZ vor. Eingeladen hatte ihn als «Special Guest» der muslimische Verein Dar al-Farah aus Zürich. Der Verein wollte am Sonntag sein 20-Jahr-Jubiläum in der Stadthalle Dietikon feiern.

Dar al-Farah, was auf Deutsch «Haus der Freude» bedeutet, behauptet von sich, ein «Brückenbauer» zwischen den verschiedenen Welten zu sein. Der Verein hat sich die Integration auf seine Fahne geschrieben, die mit Kursen und Aktivitäten gefördert werden soll. Dazu betreibt er eine Arabischschule in Zürich, die von der kantonalen Bildungsdirektion anerkannt ist. Dort werden Kurse in Heimatlicher Sprache und Kultur in arabischer Sprache durchgeführt. Die Fachstelle Integration der Justizdirektion unterstützte 2019 ein Vereinsprojekt mit 11 000 Franken.

Der Verein reagiert nicht auf Anfragen der NZZ. Am Donnerstagnachmittag stellt er eine Medienmitteilung in Aussicht, die bisher noch nicht veröffentlicht worden ist. In den Tamedia-Zeitungen werden die Organisatoren folgendermassen zitiert: «In Bezug auf die Aussagen von Dr. Omar Abdelkafy möchten wir klarstellen, dass wir uns als Verein ‹Dar al-Farah› deutlich von jeglicher Form von Hassrede, Diskriminierung und Gewalt distanzieren.»

Übersetzungen aus dem Arabischen könnten unterschiedlich interpretiert werden, was zu «Missverständnissen» führen könne, so der Verein weiter. Man sei politisch und religiös neutral, und bei der Gala vom kommenden Sonntag handle es sich um eine «Kulturveranstaltung».

Den Widerspruch, wie man sich einerseits deutlich von Extremisten distanziert, dann aber ausgerechnet eine bekanntermassen radikale Figur einlädt, kann der Verein damit nicht auflösen.

Die Islamismuskritikerin Saïda Keller-Messahli sagt zur NZZ: «Dass der Verein zur Feier seines 20-jährigen Bestehens ausgerechnet eine Galionsfigur der Muslimbruderschaft einlädt, belegt seine Verbundenheit mit der totalitären Ideologie, die den Islamismus ausmacht.»

Auch die Wahl der Örtlichkeit sei kein Zufall: In der Stadthalle Dietikon könne «der Scharfmacher» wie ein Pop-Star auftreten und sich und seine Ansichten von einer Masse feiern lassen. Es sei zu hoffen, dass es nicht dazu komme, sagt Keller-Messahli.

Tatsächlich wird es keinen Auftritt Abdelkafys in der Zürcher Agglomeration geben, wie gut unterrichtete Quellen der NZZ sagen.

Die Zürcher Kantonspolizei hat beim Fedpol beantragt, gegen den Prediger eine Einreisesperre zu verfügen. Das sagt der kantonale Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) zur NZZ. Das Bundesamt für Polizei bestätigt, dass ein entsprechendes Gesuch aus Zürich eingegangen ist. Ob diese Einreisesperre ausgesprochen worden ist, sagt das Fedpol jedoch nicht.

Aber auch vor Ort in Dietikon regt sich gegen den Auftritt Abdelkafys Widerstand. So habe die Stadthalle Dietikon den Prediger sowie einen weiteren Geistlichen gezielt ausgeladen, wie CH Media am Donnerstag berichtet. Jürg Meier, Präsident der Genossenschaft Stadthalle Dietikon, sagt der Zeitung: Von dem Umstand, dass am Jubiläum Prediger hätten auftreten sollen, habe er im Vorfeld nichts gewusst. Ihm sei lediglich ein Kindertheater angemeldet worden. Der Verein ist laut Meier dann am Donnerstagmittag seinerseits vom Vertrag mit der Stadthalle zurückgetreten.

Die Sache wirft kein gutes Licht auf einen Verein, dessen Engagement bei den Behörden bisher vor allem für Lob sorgte. So zeichnete ihn die Gemeinde Opfikon 2015 für dessen Integrationsbemühungen aus. Die Uno-Flüchtlingsorganisation UNHCR erwähnte ihn in der Vergangenheit für sein Engagement für Geflüchtete positiv.

Die Fachstelle Integration schreibt auf Nachfrage der NZZ, man unterziehe Projekte, die mitfinanziert werden sollten, einer genauen Prüfung. Es würden jeweils Projekte und eben nicht Institutionen unterstützt.

Beim mitfinanzierten Projekt des Vereins Dar al-Farah ging es darum, dass arabische Jugendliche einer «älteren Arabisch sprechenden Gesellschaft das schweizerische Umfeld» erklärten. Die Fachstelle Integration schreibt, die aktuelle Diskussion um die Veranstaltung des Vereins nehme man zur Kenntnis.

Bereits im Jahr 2019 schien der Verein Dar al-Farah gefallen am Prediger aus Ägypten gefunden zu haben. Abdelkafy ist schon auf einem Einladungsschreiben für das 15-Jahr-Jubiläum des Vereins als Gastredner aufgeführt.

Auch vor einem anderen Hardliner hatte der Verein offensichtlich wenig Berührungsängste. So wirbt er vergangenen November für ein Wohltätigkeits-Frühstück für Palästina mit einem gewissen Scheich Youssef Ibram. Der in Saudi-Arabien ausgebildete Hardliner sorgte 2004 mit seiner öffentlichen Aussage, er könne nicht gegen Steinigung von Ehebrecherinnen sein, da diese Teil der Scharia sei, für einen Eklat. Engagements in der Zayed-Moschee in Zürich sowie in der Genfer Moschee Petit-Saconnex endeten im Streit.

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