Der Silberrücken des Zoos Zürich ist am Montag im Alter von 47 Jahren eingeschläfert worden.
N’Gola kommt an einem Sonntag nach Zürich, es ist der 15. April 1984, der Tag vor dem Sechseläuten, ein freundlicher Frühlingstag. Der Gorilla, damals 7 Jahre alt, ist ein schmächtiges Tier mit spektakulärer Familiengeschichte.
N’Golas Grossmutter wurde einst vom Zoo Basel in Paris gekauft – im Glauben, sie sei ein Männchen und werde als kräftiger Silberrücken die Gruppe in Basel anführen.
Bald stellte sich heraus, dass sie ein Weibchen war, in Basel blieb sie trotzdem und sorgte weiterhin für Schlagzeilen in den Medien: Sie verschluckte einen Kugelschreiber und wurde deshalb als erster Gorilla überhaupt für eine Operation narkotisiert. Die Operation gelang. 1961 gebar sie im Zoo Basel N’Golas Vater. Er war erst der dritte Gorilla, der in Menschenobhut geboren wurde – und der erste, der von einer Gorillamutter aufgezogen wurde und nicht von Menschen.
1972 wurde der Vater in einen Zoo auf der englischen Kanalinsel Jersey gebracht. Dort wurde ihm ein Wildfang als Partnerin zur Seite gestellt, gemeinsam bekamen sie N’Gola. Siebenjährig kam N’Gola im Tausch mit einem anderen Männchen nach Zürich. Zu Beginn duellierte er sich dort so heftig mit einem anderen Männchen, dass das andere Tier nach Budapest versetzt werden musste.
Ein erstaunlich sensibler Gorilla
Später wurde N’Gola, inzwischen 250 Kilogramm schwer, ein für Gorillas erstaunlich fürsorglicher Vater. So trug er etwa seine Lieblingstochter Mahiri auf seinem Rücken herum, wie es sonst nur Weibchen tun. Auf Veränderungen in der Gruppe reagierte er sensibel. 2012 war das Gorillaweibchen Nache hochträchtig, da platzte ihr der Blinddarm, sie und das Kind verendeten – und N’Gola lief wochenlang wimmernd durch das Gehege auf der Suche nach Nache.
Mit zunehmendem Alter machte ihm die Gesundheit zu schaffen: Arthrose und ein Herzleiden wurden von den Tierärzten diagnostiziert. Im Juli 2013 wurde N’Gola apathisch, er frass kaum noch, schlief viel und wurde immer dünner. Er wurde untersucht. Im Ultraschall wurde auf der Leber eine auffällige Struktur entdeckt – ein Fuchsbandwurm. Sein Zustand wurde immer schlechter. N’Gola vernachlässigte seine Aufgaben als Chef der Gorillagruppe, die Jungtiere verloren den Respekt vor ihm und stahlen sein Essen. Zwei Monate später ging es ihm besser: Er ass wieder, nahm zu und verteidigte sein Futter.
Spätestes ab seinem 40. Geburtstag wurde N’Gola zum Medienstar. Das SRF berichtete über ihn. Und in der Schweizer Mediendatenbank finden sich 240 Artikel zu N’Gola. Die Migros-Zeitung etwa schrieb, um seine Muskelmasse beneide ihn jeder Bodybuilder. Und die NZZ berichtete am 7. Januar 2008, N’Gola sei gemeinsam mit Familienmitgliedern ausgebüxt. Die Tiere seien durch eine versehentlich ungesicherte Klappe in den Futterraum gelangt, wo sie sich interessiert umgesehen hätten. Gefahr habe weder für Besucher noch Tierpfleger bestanden, da die Gorilla-Anlage zweifach gesichert sei.
Die Tamedia-Zeitungen fragten vor fünf Jahren besorgt: «Was geschieht mit der Zürcher Gorillafamilie, wenn er stirbt? Wenn seine stabilisierende Wirkung wegfällt?»
Durch einen 17-jährigen Polen ersetzt
Am Montag ist N’Golo 47-jährig eingeschläfert worden, das teilte der Zoo Zürich am Mittwoch mit. Sein Körper sei der Forschung zugeführt worden, und sein Schädel werde für edukative Zwecke im Zoo Zürich präpariert.
Deshalb habe man sich entschieden, N’Gola einzuschläfern und die Gorillagruppe neu zusammenzusetzen. N’Gola wird in den nächsten Tagen in der Gruppe durch den 17-jährigen Silberrücken Bwana aus dem Zoo Warschau ersetzt. Dieser lebte bisher in einer Männergruppe und soll sich nun in Zürich endlich fortpflanzen. N’Gola war ihm ein eindrückliches Vorbild: Er zeugte 34-mal Nachwuchs.