Donnerstag, Februar 6

In dem Gebiet in der griechischen Ägäis, in dem es derzeit bebt, befinden sich mehrere Vulkane. Doch ob sie der Auslöser der Erschütterungen sind, weiss niemand zu sagen.

Am 28. Januar begann auf der griechischen Inselgruppe Santorin die Erde zu beben. Die Erschütterungen wurden allmählich stärker, die heftigste erreichte eine Magnitude von 5,2. Steine purzelten die Flanken der Inseln herunter. Die Erdbebenserie hält bis heute an. Auch auf der Insel Amorgos weiter nördlich ist sie zu spüren.

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Aufregung und Angst sind gross. Viele Menschen haben die Inseln vorsorglich verlassen, unter ihnen zahlreiche Touristen. Die Einwohner fürchten nun, dass sich die Erdbeben weiter verstärken und ihre Häuser einstürzen.

Aus der Vergangenheit weiss man aber auch, dass unterseeische Hangrutschungen in der Umgebung des Archipels Tsunamis auslösen können. Zudem besteht das Risiko, dass es zu einem Vulkanausbruch kommt.

Was genau passieren wird, können Fachleute allerdings nicht sagen. Bei Erdbeben ist mangelnde Vorhersagbarkeit ein grundsätzliches Problem; in diesem Fall hängt die Ungewissheit zusätzlich mit dem komplizierten System aus Vulkanen und Erdplattenbrüchen rings um Santorin zusammen.

Der Archipel Santorin gehört zu einer Gruppe von Vulkanen, die über eine Länge von sechzig Kilometern in der griechischen Ägäis verteilt sind. In der Vergangenheit hat es dort teilweise riesige Ausbrüche gegeben.

Am bekanntesten ist die sogenannte Minoische Eruption, ungefähr 1600 Jahre vor Christus, die eine bronzezeitliche Siedlung auf Santorin zerstörte. Noch gewaltiger war ein Ausbruch vor zirka 520 000 Jahren. Die vulkanische Asche, die damals auf die Region herabregnete, bildete eine bis zu 150 Meter hohe Schicht.

Die letzten Eruptionen in Santorin wurden 1925 bis 1928, 1939 bis 1941 und im Jahr 1950 beobachtet. Damals bebte ebenfalls die Erde. Dringt Magma aus dem Erdinneren Richtung Oberfläche vor, kommt es durch die erhöhten Spannungen oft zu einem Erdbebenschwarm – ein bekanntes Warnzeichen vor Ausbrüchen.

Allerdings gab es auch 2011 und 2012 auf Santorin Erschütterungen. Doch diese klangen ab, ohne dass Lava aus dem Erdboden hervortrat. «Das Magma blieb in der oberen Erdkruste stecken», sagt der Geophysiker Jonas Preine von der Woods Hole Oceanographic Institution in Massachusetts.

Das Gebiet ist von Brüchen in der Erdkruste durchzogen

Wenn jetzt auf Santorin die Erde bebt, bedeutet das also nicht unbedingt, dass ein Vulkanausbruch bevorsteht. Mehr noch: Vielleicht haben die Erdstösse überhaupt nichts mit den Vulkanen zu tun. Das Gebiet ist nämlich von Brüchen in der Erdkruste durchzogen, wie sie typisch für gewöhnliche Erdbebengebiete sind.

Bei der Insel Kreta schiebt sich die afrikanische Erdplatte unter die ägäische Mikroplatte. Daher gibt es weiter nördlich, in dem Gebiet von Santorin, durch Verformung verursachte Brüche in der Erdkruste.

Kurz: Derzeit können Fachleute nicht sagen, ob die Erdbeben bei Santorin mit vulkanischer Aktivität zusammenhängen oder mit Verschiebungen von Erdplatten. Wahrscheinlich handle es sich um eine Kombination, sagt der Geophysiker Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam.

Jetzt steht ein unterseeischer Vulkan im Fokus

Die Beben, die am 28. Januar begonnen haben, wanderten in den vergangenen Tagen nach Nordosten. Darum richtet sich die Aufmerksamkeit der Wissenschafter zunehmend auf den Unterwasservulkan Kolumbo, der das letzte Mal im Jahr 1650 ausgebrochen ist. Theoretisch ist laut Dahm auch eine Eruption aus einer Spalte in der Erdkruste nordöstlich von Kolumbo denkbar.

Ein Aspekt ist für Wissenschafter derzeit ungünstig: Die Erdbeben werden vorwiegend von Stationen an Land registriert, es sind nicht genug Messgeräte am Meeresgrund installiert. Dadurch können die Erdbeben nicht so genau lokalisiert werden, wie dies gewünscht wäre. Immerhin gibt es gegenwärtig einige submarine Seismometer im Unterwasservulkan Kolumbo und weiter nordöstlich. Diese sind gerade von einem deutsch-griechischen Forscherteam durch vier weitere Geräte ergänzt worden.

Auch Tsunamis sind nicht ausgeschlossen

Neben der Gefahr durch Erdbeben und durch Vulkaneruptionen müssen die Menschen auch damit rechnen, dass in der Region Tsunamis auftreten. Selbst schwächere Erdstösse könnten unterseeische Hangrutschungen auslösen, die Tsunamis hervorriefen, sagt Torsten Dahm.

Auch dafür gibt es einen berühmten Präzedenzfall in der Region: Ein Erdbeben der Stärke 7,7 nahe der Insel Amorgos verursachte 1956 einen Tsunami mit einer Höhe von bis zu 30 Metern. Es wird vermutet, dass eine submarine Rutschung der Auslöser für die Wellen war.

Vielleicht tritt am Ende keines der befürchteten Ereignisse ein, also weder ein Tsunami noch ein Vulkanausbruch noch ein zerstörerisches Erdbeben. Selbst dann kann es sein, dass die Erdstösse auf Santorin monatelang anhalten – und die Einwohner um den Schlaf bringen.

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