Freitag, Januar 24

Der Preis für Erdgas zieht wegen des kalten Winterwetters und sinkender Lagerbestände an. Davon profitieren US-Förderkonzerne wie Coterra Energy, EQT und Antero Resources. Der Boom im Bereich künstliche Intelligenz verleiht dem Sektor zusätzliche Fantasie.

Die Ansage nimmt niemand wirklich ernst: Zum Auftakt seiner zweiten Amtszeit als Präsident der USA kündigte Donald Trump ein massives Infrastrukturprojekt im Bereich künstliche Intelligenz an. 500 Mrd. $ an Investitionen versprechen Oracle, OpenAI und SoftBank in den kommenden Jahren für das Projekt Stargate zu investieren.

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Die Ankündigung sorgt für Schlagzeilen, hat aber wenig Substanz. Ein kurzer Blick auf die finanziellen Kennzahlen der drei Unternehmen macht rasch klar, dass es für sie kaum möglich sein wird, diese Riesensumme aufzubringen. OpenAI, das Startup hinter dem KI-Dienst ChatGPT, schreibt ohnehin tiefrote Zahlen. Zudem sabotiert Elon Musk das Projekt bereits.

Besonders amüsant: Die Aktien der Biotech-Firma Metagenomi sind gestern Mittwoch zeitweise bis zu 33% gestiegen. Dies, weil sie den Börsenticker MGX hat. Manche Anleger haben sie offenbar mit dem gleichnamigen Technologiefonds der Vereinigten Arabischen Emirate verwechselt, der sich ebenfalls an Stargate beteiligen will.

Ein Aspekt sollte aber nicht übersehen werden. Bezüglich des wachsenden Energieverbrauchs von Rechenzentren können Tech-Konzerne auf die Unterstützung der US-Regierung zählen. «Ich werde viel durch Notstandsdekrete helfen», sagte Trump. «Sie müssen eine Menge Strom produzieren. Wir werden es ihnen ermöglichen, diese Produktion sehr einfach zu bewerkstelligen.»

Bedarf an Erdgas wächst

Das sind gute Nachrichten für Förderer von Erdgas – und Amerika hat jede Menge davon. Der fossile Energieträger ist weit weniger schädlich für das Klima als Kohle und hinterlässt keine radioaktiven Abfälle wie Kernenergie. Da sich Gaskraftwerke flexibel einsetzen lassen, sind sie zudem eine ideale Ergänzung zu Solar- und Windanlagen.

«Seit mehreren Quartalen weisen wir auf die zu erwartende erhebliche neue Erdgasnachfrage für LNG, Kraftwerke und aufkommende Absatzmöglichkeiten in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Krypto-Mining, Rechenzentren und industrielles Re-Shoring hin», sagte dazu gestern das Management des Pipeline-Betreibers Kinder Morgan.

«Unser Auftragsbestand an Projekten reflektiert diese starke Erdgasnachfrage ebenfalls», kommentierte CEO Kim Dang den Geschäftsbericht zum vergangenen Jahr. «Am Ende des vierten Quartals 2024 belief sich unser Auftragsbestand auf 8,1 Mrd. $; ein Anstieg von fast 60% gegenüber 5,1 Mrd. $ im dritten Quartal 2024. Erdgasprojekte machen etwa 89% des Auftragsbestands aus.»

Aktien preschen vor

Der KI-Boom ist damit ein weiteres Argument, das für den Investment Case von unabhängigen Förderkonzernen wie Coterra Energy, EQT, Range Resources oder Antero Resources spricht. Ihre Aktien verspüren seit vergangenem Sommer kräftig Auftrieb und sind allein seit Anfang Jahr weitere 14 bis 16% avanciert. Range Resources und EQT haben die beim Beginn des Ukrainekriegs erreichte Bestmarke aus dem Jahr 2022 inzwischen sogar hinter sich gelassen.

Diese ansehnlichen Kursgewinne basieren auf mehr als bloss KI-Fantasie. Der Preis für Erdgas am US-Terminhandelsplatz Henry Hub hat sich seit Anfang letztem Jahr verdoppelt. Massgeblich verantwortlich dafür sind das kalte Winterwetter und sinkende Lagerbestände. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Europa, wo die Vorräte deutlich geringer sind als zum gleichen Zeitpunkt wie in den vergangenen zwei Jahren.

Angesichts des massiven Ausbaus von LNG-Terminals und der Lockerung regulatorischer Auflagen dürften US-Exporte nach Europa in den nächsten Jahren beträchtlich zunehmen. Chancen erhofft sich davon auch der LNG-Spezialist Venture Global, der bald in New York an die Börse kommt. Am Mittwoch musste er die Preisspanne für den Emissionskurs allerdings reduzieren, womit die maximal angestrebte Bewertung von 110 auf 65 Mrd. $ gesunken ist.

Nach den kräftigen Avancen ist eine temporäre Korrektur in den Aktien von Förderkonzernen zwar gut möglich. Ein solcher Rückschlag würde aber die Gelegenheit bieten, Positionen zu eröffnen oder auszubauen. Schliesslich machen die redimensionierten IPO-Pläne von Venture Global deutlich, dass der Sektor von masslosen Übertreibungen weit entfernt ist. Die äusserst volatilen Aktien eignen sich aber nur für Investoren mit überdurchschnittlich starken Nerven.

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