Sonntag, April 27

Die ZSC Lions gewinnen in dieser Saison fast alles, was es zu gewinnen gibt. Der CEO Peter Zahner sagt, die Siegermentalität werde schon im Nachwuchs implementiert. Und er erklärt, warum die Zukunft des Meistertrainers noch offen ist.

Peter Zahner, mit Ausnahme jener bei den Frauen und mit den GCK Lions hat Ihre Organisation in dieser Saison alle Titel gewonnen, die es im Schweizer Eishockey zu gewinnen gibt. In den vergangenen zwei Jahren holten die verschiedenen Teams elf Titel. 25 Jahre nach ihrer Gründung scheint die Idee der Lions-Pyramide auf dem Gipfel angelangt.

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Ja, wir sind auf dem Gipfel. Doch wenn man dort ist, dann muss man irgendwann auch wieder hinunter, um den nächsten besteigen zu können. Die Mannschaft ist enorm hungrig. Ich habe nach dem Match in Lausanne in der Garderobe keine Sättigung gesehen. Jemand sagte mitten im Trubel: «Vergesst nicht, wir sind noch nicht fertig. Wir wollen auch nächste Saison wieder etwas erreichen.» Offensichtlich ist dieser Wille, das Sieger-Gen mittlerweile in dieser Mannschaft und der ganzen Organisation implementiert. Diese Haltung muss man den Spielern von der ersten Jugendmannschaft an immer wieder eintrichtern.

Und doch muss man eine Mannschaften immer wieder erneuern, damit sie erfolgreich und hungrig bleibt. Welche Änderungen braucht es bei Ihnen?

Oft reichen Details wie ein neuer Impuls im Umfeld, ein neues Gesicht im Betreuerstab. Es ist eine der Hauptaufgaben der Staffs, sich fortwährend zu fragen: Wie können wir einen neuen Reiz setzen?

Wenn Sie vom Staff reden, dann drängt sich als Erstes die Frage auf: Wie geht es mit dem Headcoach Marco Bayer weiter?

Marco hat einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, in dem festgelegt ist: Entweder ist er nächste Saison Trainer bei den ZSC Lions, oder er kehrt zu den GCK Lions zurück. In diesem Papier haben wir auch festgelegt, dass wir diese Entscheidung in den 10 bis 14 Tagen nach dem letzten Meisterschaftsmatch fällen werden. Üblicherweise wechselt man den Trainer, weil die Resultate oder die Entwicklung im Team nicht stimmen. Doch das war bei uns nicht der Fall.

Peter Zahner

Der 64-Jährige spielte in unteren Ligen Eishockey, schlug aber schon früh eine Laufbahn als Funktionär ein. 1991 übernahm er beim nationalen Verband die Leitung der Nachwuchs-Nationalmannschaften, 1995 übernahm er die sportliche Leitung und stieg 2004 zum Direktor auf. Seit 2007 ist er CEO der ZSC Lions.

Bayer ist in dieser Saison kaum etwas vorzuwerfen.

Das stimmt. Die Mannschaft war beim Abgang von Marc Crawford auf Platz 1, die Stimmung war gut. Nicht nur die Resultate stimmten, sondern auch die Entwicklung. Crawford verliess die Mannschaft auf eigenen Willen. Deshalb war unsere Situation einigermassen speziell. Es lag auf der Hand, dass man die Nachfolge mit einer Person regelt, welche die Fortsetzung des Kurses garantiert. Sie glauben nicht, wer uns alles vorgeschlagen wurde.

Beispielsweise?

Ich will keine Namen nennen, aber Sie würden sie alle kennen. Unser wichtigstes Kriterium war, dass Crawfords Nachfolger uns und unsere Organisation kennt. Deshalb sind wir schnell bei Bayer gelandet, er arbeitete ja schon für uns. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Derzeit sind die Tage gefüllt mit Feierlichkeiten, an denen die Mannschaft und auch der Betreuerstab teilnehmen werden. Sie laufen beispielsweise am Montag beim Sechseläuten-Umzug mit. Ab Dienstag werden wir dann mit den Gesprächen über die Zukunft beginnen.

Aber die ZSC Lions würden sich und der Idee ihrer Pyramide untreu werden, wenn sie Bayer nicht weiterhin die Leitung der ersten Mannschaft übertragen würden. Er ist ein Spross der Lions-Vision.

Er hat eine hervorragende Visitenkarte abgegeben und vor allem fortgesetzt, was wir begonnen haben. Ich verstehe Ihre Frage, gleichzeitig will ich unseren Gesprächen nicht vorgreifen. Aber ja, Marco hat die Champions Hockey League gewonnen, dann hat er die Mannschaft in den Play-offs mit nur vier Niederlagen in sechzehn Partien zum Titel geführt.

Wie gross ist Ihre persönliche Genugtuung über die Erfolge? Auch Sie standen in den vergangenen Jahren mehrmals in der Kritik.

Ich halte mich da an den langjährigen Nationalcoach Ralph Krueger, mit dem ich beim Verband lange zusammengearbeitet habe. Er hat einmal ein Buch mit dem Titel «Teamlife – über Niederlagen zum Erfolg» geschrieben. Erfolgreich ist nur, wer auch Enttäuschungen erlebt hat. Sie sind ein Antrieb, damit sie sich nicht wiederholen. Deshalb möchte ich auch nicht von einer Genugtuung sprechen. Ich fühle vor allem den Stolz über das, was wir von der untersten Stufe, der U 9, bis hinauf zum Elite-Team geleistet haben. Die gegenwärtigen Erfolge sind die Früchte unserer Arbeit. Als ich heute Morgen (am Freitag) nach einer kurzen Nacht ins Büro gefahren bin, ging mir durch den Kopf: Du hast wirklich einen phantastischen Job. Die wenigsten CEO in unserer Liga haben die Möglichkeiten, die ich habe.

Da sind wir bereits beim Geld. In der Szene kursiert das Gerücht, der Umsatz der Lions betrage mittlerweile 60 Millionen Franken. Stimmt das?

So einfach hingeworfen stimmt die Zahl nicht. Man muss zwischen dem kumulierten und dem konsolidierten Umsatz unterscheiden. Der Spielbetrieb der ZSC Lions beispielsweise zahlt Stadionmiete an die ZSC Lions Betriebs AG. Was bei den einen Einnahmen sind, sind bei anderen Ausgaben. Aber kumuliert arbeiten wir mittlerweile mit einem Umsatz von 45 Millionen Franken, verteilt auf fünf verschiedene Gesellschaften. Die Gastronomie haben wir ausgelagert, ihr Umsatz beträgt rund 15 Millionen Franken. So kommt man auf die 60 Millionen, die Sie gehört haben.

Wer macht die Gastronomie für Sie?

Die SV Schweiz ist ein Cateringunternehmen, das unter anderem auch Erfahrungen im Sport-Gastrobereich hat. Während eines Heimspiels sind in der Swiss-Life-Arena gegen 400 Leute der SV für uns im Einsatz, unter ihnen alleine 60 Köche. Wir selbst wären nicht imstande, einen solchen Aufwand zu betreiben. Ausser wir würden eine Gastro-AG hochziehen, wie das der SC Bern gemacht hat.

Mittlerweile scheint auch das Publikum in Zürich Ihre Anstrengungen zu honorieren.

Der Zuschauerdurchschnitt betrug in der vergangenen Qualifikation über 11 500 Personen, die Stadionauslastung lag bei 95 Prozent. In den Play-offs waren alle Spiele ausverkauft (12 000). Das war nicht immer so. Nach der Fusion stiessen die Lions auf grosse Skepsis. Wir profitieren wie alle vom Eishockey-Boom, den wir in der Schweiz derzeit erleben. Die Nachfrage ist riesig, die Stadien sind überall voll. Die National League ist sportlich mittlerweile wohl die beste Liga des Kontinents. Die besten Finnen und Schweden spielen hier, wenn sie in der NHL nicht unterkommen. Das hat auch das Niveau enorm gehoben.

Den Umzug von Oerlikon in den Westen der Stadt haben noch nicht alle akzeptiert.

Das Hallenstadion ist Teil der Geschichte dieses Klubs und wird das auch für immer bleiben. Gleichzeitig sind wir dort an unsere Grenzen gestossen. Wir hatten kein Namensrecht, limitierte Catering- und Marketing-Rechte und vor allem auch keine echte Home-Base. Ohne die neue Arena würden wir heute nicht da stehen, wo wir sind. Für uns war der Umzug wie ein Eintauchen in eine neue Welt. Die ZSC Lions haben mittlerweile 1687 Spielerinnen und Spieler in 79 Teams und 175 Schiedsrichter. Sie alle haben hier eine neue Heimat gefunden.

Mittlerweile sind Sie 64 Jahre alt und stehen seit 18 Jahren an der Spitze der Organisation. Länger ist nur Marc Lüthi in Bern im Amt. In einem Jahr erreichen Sie das Pensionsalter. Wann ziehen Sie sich zurück?

Es ist nicht gottgegeben, dass man mit 65 Jahren aus der Arbeitswelt ausscheiden muss. Ausserdem sehe ich meine Aufgabe hier noch nicht als erledigt. Wie ich bereits erwähnt habe: Der Neubau der Arena ist nicht abgeschlossen. In den zweieinhalb Jahren seit dem Bezug des Stadions sind verschiedene Baumängel zutage getreten, die noch behoben werden müssen. Wir befinden uns in zähen Diskussionen mit dem Generalunternehmer.

Gleichzeitig hört man, dass Sie im kommenden Jahr ins Council des internationalen Verbandes gewählt werden wollen – auf Kosten des bisherigen Schweizer Mitglieds Raeto Raffainer. Raffainer ist 21 Jahre jünger als Sie. Warum konkurrenzieren Sie ihn?

Ich trete nicht gegen Raffainer an. Das wurde in gewissen Medien falsch dargestellt. Nach dem Rücktritt von René Fasel als Präsident des Internationalen Verbandes (IIHF) musste die Schweiz versuchen, wieder jemanden ins Council zu bringen. Als Fasel den Rücktritt auf 2021 angekündigte, hat man mich gefragt, ob ich interessiert wäre. Damals fehlte mir die Zeit dazu, und ich hatte zu viele Aufgaben. Mittlerweile aber bin ich nicht mehr Präsident der Champions Hockey League. Raeto hat momentan im Schweizer Verband keine Funktion mehr. Seit einigen Jahren sitze ich im Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey. Ich wurde von verschiedenen Protagonisten des nationalen Eishockeys gefragt, ob ich bereit wäre, die Funktion zu übernehmen. Die Schweiz läuft sonst Gefahr, ihre Stimme im internationalen Eishockey zu verlieren.

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