Robert F. Kennedy junior ist Trumps schillernder Kandidat für das Amt des Gesundheitsministers. Doch der Impfskeptiker und Befürworter von Abtreibungen irritiert Demokraten und Republikaner. Vor der Anhörung im Senat am Mittwoch nannte ihn seine Cousine ein «Raubtier».
Unter allen kontroversen Kandidaten, die Donald Trump für sein Kabinett nominiert hat, ist Robert F. Kennedy vielleicht die widersprüchlichste Figur. Die Ansichten des Umweltanwalts zum Recht auf Abtreibung, zur Pharmaindustrie oder zur Lebensmittelproduktion in den USA wären für die Republikaner früher kaum akzeptabel gewesen. Bis vor einem Jahr war der Neffe von Präsident John F. Kennedy und Sohn des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy noch ein Demokrat. Erst als seine unabhängige Präsidentschaftskandidatur im Sommer ihren Schwung verloren hatte, unterstützte er Trump im Wahlkampf.
Als Dank für seine Hilfe nominierte Trump den 71-Jährigen für das Amt des Gesundheitsministers. Doch um vom Senat bestätigt zu werden, musste Kennedy bei seiner ersten Anhörung im Finanzausschuss am Donnerstag noch Überzeugungsarbeit in den Reihen beider Parteien leisten. In seiner einführenden Erklärung präsentierte er sich als langjährigen Kämpfer für ein grosses Ziel: «In den vergangenen 20 Jahren habe ich als erstes jeden Morgen auf meinen Knien zu Gott gebetet, dass er mich in eine Position versetzt, um die Epidemie chronischer Krankheiten zu beenden und den amerikanischen Kindern zu helfen.» Deshalb sei er Präsident Trump für seine Nomination so dankbar.
Zweifel an Sicherheit von Vakzinen
Auch Gesundheitsexperten stimmen Kennedy zu, dass sich die Amerikaner nicht gut genug ernähren und vor allem viel zu viele hochverarbeitete Lebensmittel konsumieren. Kennedy selbst hat sich etwa zum Ärger der Bauern gegen die Verwendung von Maissirup als Süssstoff ausgesprochen oder den Einsatz bestimmter Pestizide in der Landwirtschaft kritisiert. Maissirup ist in seinen Augen eine wichtige Ursache für Übergewichtigkeit und Diabetes-Erkrankungen.
Mit der düsteren Darstellung der amerikanischen Gesundheitsprobleme war am Mittwoch auch der demokratische Senator Michael Bennett einverstanden. «Wir leben im reichsten Land der Welt, aber wir haben eine der tiefsten Lebenserwartungen unter den Industrieländern.» Er sei früher der Leiter einer Schulbehörde gewesen und stimme Kennedy zu: «Wenn wir die Ernährung unserer Kinder nicht verändern, werden 40 Prozent von ihnen als Erwachsene an Diabetes leiden.» Trotzdem verstehe er nicht, warum jemand wie Kennedy Gesundheitsminister werden sollte, der seit vielen Jahren nur «Halbwahrheiten und Falschinformationen» über Impfungen verbreitet habe, erklärte Bennett.
Kennedy vertrat in einem Interview 2023 unter anderem die Meinung, dass Impfungen für die Zunahme von autistischen Kindern verantwortlich ist. Im selben Jahr erklärte er in einem Podcast: «Es gibt keine Impfung, die sicher und wirksam ist.» Die Covid-Impfungen bezeichnete er 2021 als «eine der tödlichsten Impfungen, die je entwickelt wurde». Am Mittwoch beteuerte Kennedy allerdings, dass er weder ein Impfgegner noch ein Feind der Nahrungsmittelproduzenten sei. Er sei für die Sicherheit von Impfstoffen. «Impfungen spielen in der Gesundheitsversorgung eine wichtige Rolle. Alle meine Kinder sind geimpft.»
Für die Cousine ist er ein Heuchler
Seine Cousine Caroline Kennedy, die unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden amerikanische Botschafterin in Australien war, warf ihrem Cousin in einem Brief an die Senatoren am Dienstag jedoch vor, ein Heuchler zu sein. Während «Bobby» seine eigenen Kinder impfe, ermutige er andere Eltern, dies nicht zu tun. Caroline lobte ihren Cousin Robert dafür, dass er seine frühere Drogensucht überwand. Unter anderem konsumierte er Heroin. Gleichzeitig verzeiht sie ihm jedoch nicht, dass er offenbar Geschwister und Cousins zur Drogensucht mit teilweise tödlichen Folgen verführte. «Währenddessen zog Bobby weiter, um sich durch sein Leben zu lügen und betrügen.»
Es sei nicht überraschend, dass ihr Cousin selbst Raubvögel als Haustiere halte, schrieb Caroline Kennedy. «Er ist selbst ein Raubtier.» Durch sein Charisma, seine starke Persönlichkeit, seinen Willen zum Risiko und zum Regelbruch, habe es «Bobby» stets verstanden, andere Menschen in seinen Bann zu ziehen. Für das Amt des Gesundheitsministers brauche es indes eine Person mit einem stabileren und gewissenhafteren Charakter. «Ich bitte den Senat eindringlich, seine Nomination abzulehnen.»
Letztlich musste Kennedy bei der Anhörung am Mittwoch aber vor allem die republikanischen Senatoren überzeugen. Die Konservativen verfügen über eine Mehrheit von 53 zu 47 Sitzen in der kleinen Parlamentskammer. Aber noch scheinen nicht alle von dem ehemaligen Demokraten überzeugt zu sein. Am Mittwoch wollten die Republikaner insbesondere klare Antworten zum Recht auf Abtreibung erhalten. Kennedy befürwortete dies in der Vergangenheit. Er stimme mit Trump überein, dass «jede Abtreibung eine Tragödie ist», erklärte er nun. Kennedy zeigte sich zudem bereit, die Sicherheit von Abtreibungspillen zu überprüfen. Trump habe sich noch nicht entschieden, wie er diese regulieren möchte. «Was immer er tut, ich werde diese Politik umsetzen.»
Der republikanische Senator Bill Cassidy prüfte jedoch auch Kennedys Fachwissen zu den staatlichen Krankenversicherungen. Unter anderem wollte er wissen, wie man sie reformieren könnte, um Kosten zu sparen. Kennedy konnte keine überzeugenden Antworten dazu liefern, geriet ins Stocken und wirkte überfordert. Cassidy ist selbst Arzt und bezeichnete Kennedys Impfskepsis kürzlich als «falsch». Seine Stimme könnte entscheidend für die Bestätigung im Senat sein. Zumal Cassidy auch der Vorsitzende im Gesundheitsausschuss ist, vor dem am Donnerstag Kennedys zweite Anhörung stattfindet.