Donnerstag, Mai 15

Die Bürgermeisterin Anne Hidalgo löst damit ein Versprechen ein. Dabei war die Seine noch im vergangenen Jahr teilweise zu dreckig, um die Wettkämpfe der Olympischen Spiele darin auszutragen.

Pariser träumen schon lange davon: Zum ersten Mal seit über hundert Jahren werden die Bewohner von Frankreichs Hauptstadt wieder in der Seine schwimmen können. Das hat die Bürgermeisterin Anne Hidalgo am Mittwoch bei einer Pressekonferenz angekündigt. Ab dem 5. Juli kann Paris baden gehen.

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Dann werden Naturbadestrände am Bras Marie im Zentrum von Paris, am Bras de Grenelle (15. Arrondissement) und am Quai de Bercy (12. Arrondissement) eröffnet, mit schwimmender Liegefläche, Duschen und Umkleidekabinen. Sie sollen kostenlos und für alle zugänglich sein.

Ausserhalb dieser drei Zonen bleibt das Schwimmen in der Seine weiter verboten. Die Pariser dürften sich deshalb um die neuen Badestellen reissen. Denn die Plätze sind sehr begrenzt: Am Bras Marie dürfen nur 150 Gäste gleichzeitig baden, am Bras de Grenelle immerhin 200 und am Quai de Bercy bis zu 700. Zudem soll das Schwimmen nur innerhalb festgelegter Öffnungszeiten erlaubt sein, wenn Rettungsschwimmer die Badegäste beaufsichtigen.

Die drei neuen Badestellen sollen erst der Anfang sein. Im Grossraum Paris sollen insgesamt 26 Badeplätze an der Seine entstehen.

Experten gingen bislang davon aus, dass die Seine frühestens 2030 so sauber sei, dass man darin baden könne. Hidalgo hat es fünf Jahre früher geschafft. Damit dürfte sie zumindest bei den Parisern zur (Bade-)Heldin werden.

Langer Weg mit Hindernissen

Hidalgo gelingt mit der schwimmenden Wiedereroberung der Seine, woran sich schon andere vergeblich versuchten. Seit 1923 herrschte in der Seine absolutes Badeverbot. Anfang der 1990er Jahre kündigte der damalige Stadtpräsident und spätere Staatschef Jacques Chirac an, das Wasser so sauber zu machen, dass er darin baden könne.

Tatsächlich darin gebadet hat dann nicht er, sondern Hidalgo. Im vergangenen Sommer sprang sie im Neoprenanzug in den Strom der Seine. Damit wollte sie vor Beginn der Olympischen Sommerspiele die Sauberkeit des Wassers für die darin geplanten Wettkämpfe demonstrieren. Die Aufmerksamkeit der Medien war ihr sicher.

Doch noch glich der Fluss damals eher einem braunen Milchkaffee als dem Blau der Donau.

Anne Hidalgo s’est baignée dans la Seine à quelques jours des JO de Paris 2024

Die Wasserdisziplinen bei den Olympischen Spielen wurden dann auch von einigen negativen Proben getrübt. Einige Wettkämpfe wie die Austragung des Triathlons und mehrere Schwimmdisziplinen mussten mehrfach verschoben werden, weil die Verschmutzung im Wasser zu hoch war. Mehrere Athleten klagten nach einzelnen Wettkämpfen zudem über Magen-Darm-Probleme.

Die Stadt hatte vor Beginn der Spiele die Werte der täglichen Wasserproben veröffentlicht, seither aber nicht mehr. Das französische Medienportal «Mediapart» hatte im vergangenen August berichtet, dass die Messwerte grösstenteils über den erlaubten Grenzen gelegen hätten.

Seine bisher stark belastet

Seit Jahrzehnten arbeitet die Stadt an der Aufwertung der Seine und ihrer Ufer. Georges Pompidou liess in den 1960er Jahren Schnellstrassen entlang der Seine bauen. Erst 2010 beschloss der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë, einen Teil des linken Seine-Ufers dauerhaft für den motorisierten Individualverkehr zu sperren. Seither hat die Stadt den Fluss nach und nach zurückerobert.

Schon seit 2002 verwandeln sich die Ufer der Seine stellenweise in einen Südseestrand: Unter dem Motto Paris-Plages werden Abschnitte am Parc Rives-de-Seine, am Bassin de la Villette und am Canal Saint-Martin im Sommer mit Sand aufgeschüttet und für den Verkehr in dieser Zeit gesperrt. Bislang konnten die Gäste aber nur sehnsüchtig auf die Seine blicken, baden blieb verboten.

2017 wurde im Bassin de la Villette die erste städtische Badestelle eröffnet. Es ist das grösste künstliche Gewässer von Paris und verbindet den Canal de Saint-Martin und den Canal de l’Ourcq miteinander. Dort hatte die Stadt drei gesicherte, unterschiedlich tiefe Becken im Fluss installiert, inklusive schwimmendem Strand. Die Anlage wird seither jeden Sommer wieder aufgebaut.

Lange war das Baden in der Seine nicht möglich. Vor allem die Konzentration der Fäkalbakterien ist entscheidend dafür, ob ein Binnengewässer zum Schwimmen freigegeben wird. Das war in Paris bislang ein besonders grosses Problem.

Schuld daran war das Abwassersystem der Stadt, das bei heftigen Niederschlägen Abwässer in die Seine leitete. Ein zusätzliches Problem liegt ausserhalb von Paris: Noch 2023 gab es entlang der Marne, die im Osten von Paris in die Seine mündet, mehrere zehntausend Privathaushalte, deren Abwässer direkt in den Fluss geleitet wurden.

Seit 2016 versuchen Paris und die umliegenden Gemeinden mit dem «Badeplan» die Wasserqualität der Seine und der Marne so weit zu verbessern, dass Baden wieder möglich wird. Die Kosten für die Renovierungs- und Aufrüstungsarbeiten entlang der Seine und der Marne sind enorm. Insgesamt wurden etwa 1,4 Milliarden Euro aufgewendet, um die Seine zu reinigen.

Belastung der Seine geht zurück

Bei der Vorstellung der neuen Badestellen sagten die Vertreter von Paris und seiner Umgebung: Die Menge an Abwasser und Regenwasser, die direkt in die Wasserstrassen der Region eingeleitet wird, sei zurückgegangen. Die Wasserqualität in Seine und Marne ist nachhaltig verbessert worden, wie Hidalgo mitteilte. Genaue Zahlen nannte die Stadt allerdings auch jetzt nicht.

Um die Wasserqualität während der bevorstehenden Badesaison zu gewährleisten, werde die Stadt täglich Proben entnehmen, versprach Hidalgo. Bei zu starker Strömung, unzureichender Wasserqualität oder zu starkem Regen bleiben die Badestellen geschlossen.

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