Sonntag, September 29

Die Schweiz hinkt Europa bei der Polizeizusammenarbeit um Jahre hinterher. Nun kommt in Zürich und anderen Kantonen Bewegung in die Sache. Besser spät als nie.

Es ist ein Blindflug made in Switzerland. Die Rede ist vom Kantönligeist bei der Polizeizusammenarbeit. Denn wenn Polizistinnen und Polizisten ausrücken, wissen sie heute nicht, ob ein Tatverdächtiger in anderen Kantonen wegen der gleichen Delikte bereits straffällig geworden ist. Sie wissen nicht, ob sie es mit einem Serieneinbrecher zu tun haben, einem Betrüger oder einem bewaffneten Gewalttäter.

Um das in Erfahrung zu bringen, müssen die Polizeikorps heute unzählige Mails in der ganzen Schweiz herumschicken, um an Fahndungsdaten aus anderen Kantonen zu kommen. Jedes Polizeikorps hat zwar eine eigene Datenbank, doch vernetzt mit den andern ist diese nicht. Jeder Kanton muss deshalb einzeln abgefragt werden.

Schlendrian statt Schnelligkeit

Es ist ein Zustand, der eines digitalen Zeitalters unwürdig ist. Es herrscht ein Schlendrian, wo eigentlich Geschwindigkeit angesagt wäre. Nun kommt in Zürich und anderen Kantonen Bewegung in die Sache. Endlich, muss man sagen. Eine Lösung in diesem Bereich ist nämlich längst überfällig.

Mit der Revision des Polizeigesetzes schafft der Zürcher Regierungsrat auf Antrag der Sicherheitsdirektion von Mario Fehr (parteilos) die Grundlage dafür, einen Datenaustausch mit anderen Kantonen zu ermöglichen. Daneben schafft das Gesetz auch die Möglichkeit, mithilfe von spezieller Software in geschlossenen Foren zu ermitteln.

Eigentlich sind sich alle bewusst, dass es einen schnellen Informationsfluss zwischen den Korps braucht. Seit Jahren arbeiten die Kantone daran, die Situation zu verbessern, doch so richtig kamen sie nicht vom Fleck.

Technisch stünde eine Lösung sogar bereit. Das System heisst Polap und erlaubt den Zugriff auf Daten des Bundes, der Schengenstaaten und der Kantone. Die Plattform wird vom Bundesamt für Polizei bereitgestellt. Verfügbar wären nicht nur Informationen über Personen, sondern auch über Fahrzeuge oder Waffen. So könnten die Polizeien mit einem Klick in Erfahrung bringen, was in den anderen Kantonen über tatverdächtige Personen oder gestohlene Fahrzeuge bekannt ist.

Doch bisher fehlte eine gesetzliche Grundlage. Und weil diese fehlte, blieb alles beim Alten. Die Polizeiarbeit erfolgte in der Schweiz auf konventionellem Weg bei wöchentlichen Rapporten, per Mail und Telefon. Ein unhaltbarer Zustand, wenn man bedenkt, wie agil und international vernetzt Kriminelle heute agieren.

Noch bedenklicher wird es, wenn man weiss, dass die Schweiz mit dem Schengener Abkommen mit Europa Polizeidaten um ein Vielfaches schneller und einfacher austauschen kann, als dies zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen möglich ist.

Die Nagelprobe folgt erst noch

Natürlich gilt es bei jedem Eingriff in die Grundrechte, Vorsicht walten zu lassen. Eine nationale Polizeidatenbank darf nicht als Selbstbedienungsladen für die Ermittler dienen. Salopp formuliert: Bloss weil jemand in der Nachbarliegenschaft einzieht, ist das noch kein Grund für eine Abfrage.

Aber es braucht eine Vernetzung der polizeilichen Datenbanken, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Gerade wenn es um organisierte Kriminalität oder terroristische Straftaten geht. Das Problem: Mitglieder von mafiösen Gruppierungen sind nicht als solche erkennbar. Manchmal begehen sie auch weniger schwere Delikte. Erst im Gesamtbild zeigt sich, dass ein Verdächtiger als Teil des organisierten Verbrechens handelt.

Die Revision des Zürcher Polizeigesetzes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Gesetzesrevision muss zwar noch das Kantonsparlament passieren, doch angesichts der überwiegend positiven Reaktionen vieler Parteien scheint eine Mehrheit für die Vorlage sicher. Nur die linken Parteien opponieren mit wenig triftigen Gründen.

Die eigentliche Nagelprobe allerdings wird erst noch folgen. Denn gefragt ist ein gemeinsamer Geist der Kantone, kein Kantönligeist. Kantone, die nicht mitziehen, würden sonst zum sicheren Hafen für Verbrecher. Das kann in niemandes Interesse sein.

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